(37:31, CD, Sireena/Broken Silence, 1979/2018)
Statt einer weiteren drüschen Kritik des Stiftführers lieber ausnahmsweise mal ein wenig Döneken. Und etwas Musikgeschichte. Erst die Anekdotik: Diese Musik entzückt den Autor durch und durch nicht zuletzt aufgrund der Hardcore-Nostalgie- und Déja-Entendu-Gefühle, die sie auslöst. In einem ausgesprochen zarten und noch prägsamem statt senil verstocktem Alter drangen diese Klänge aus einer verrucht-anziehenden Düsseldorfer WG. So eine dieser Wohngemeinschaften, in denen ein (zerlegtes) Motorrad im Wohnzimmer stand und über dem Küchentisch ein Kanu von der hohen Decke schaukelte. Bewohnt von (zumindest theoretisch die hohe Kunst des Biologiestudiums ausübenden) Lebenskünstlern waren hier neben der Musiksammlung auch und gerade die mit Hightech-Licht versehenen Herbarien beachtenswert. Aus dieser kultigen Lasterhöhle waren dem damals noch Knaben zuvor schon die kultigen Mon Dyh zu Ohren und Herzen gekommen. Und nun dieses!
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Wie man das damals so machte, wurde das zu diesem Zweck entliehene Vinyl der Drogenbarone auf ein eigenes Tonband aufgenommen. Von dort wanderten einzelne Titel des unbetitelten Debütalbums seither immer wieder auf Mix-Tapes für den Autoren selbst sowie damit “beglückter” Freunde. Beispielsweise ‘Swabna (Dream)’ bildet traditionell den Einstieg in den zum Scheitern verurteilten Versuch, die wichtigsten und schönsten Songs überhaupt auf die beiden Seiten einer C90-Cassette zu komprimieren.
In starkem Gegensatz zur verwehenden Wehmut dieses Traumes gehören ‘We Are Just Walking’ und ‘Sometimes I’m Happy’ zu den wenigen Beispielen, die dem Autoren für folgenden Filter einfallen: “Lieder, die glücklich klingen und fröhlich stimmen” (wo sie mit u.a. Jolly oder Men At Work vergesellschaftet sind).
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Dann kam die grausame Zeit und tat, was sie am besten kann – vergehen. Die alte Tonbandmaschine gibt es längst nicht mehr. Entsprechend groß die Freude über diese Ausgrabung der Musikarchäologen von Sireena!
Doch genug geschwärmt! Nun nur noch ein paar Hard Facts, hierin der Plattenfirma folgend: “Tri Atma wurde ca. 1977 in Hannover gegründet. Die deutsch-indische Band erhielt 1978 beim ersten Pop-Nachwuchsfestival der deutschen Phonoakademie einen Sonderpreis, da sie in keine der gängigen Kategorien hineinpasste. Die Mischung aus indischer Folklore, Jazz, Rock und Reggae war damals in Deutschland ungewöhnlich. Aber es war gerade diese ungewöhnliche Mischung, die beim Publikum zog. Tri Atma waren zu dieser Zeit viel unterwegs und erspielten sich ein treues Publikum.
Der Preisverleihung folgte zügig ein Plattenvertrag bei RCA sowie die Veröffentlichung des Debütalbums „Tri Atma“ in der Urbesetzung: Asim Saha– Tablas, Manfred Flathe– Sitar, Jens Fischer – Gitarre, Herbert Koschmieder– Flöte und Sax, Martina Specht – Tamboura. Dieses Album wird nun – rund 40 Jahre später – zum ersten Mal von Sireena Records auf CD wieder veröffentlicht.
Bis 1989 erschienen weitere Alben auf unterschiedlichen Labels, seit dem Debüt hatte sich in diesen zehn Jahren der Sound von Tri Atma stark verändert. Ab 1982 arbeiteten Asim und Jens mit wechselnden Besetzungen und Konzepten hauptsächlich als Studio-Formation.
Die damals noch neue Sampling-Technologie und die ersten Computer-gesteuerten MIDI-Synthesizer beeinflussten auch die Musik von Tri Atma. Unverwechselbar im Mittelpunkt blieben Asims Tabla-Grooves.”
Ach, Schubladenfanatikern sei gerne zugestanden, dass an dieser Veröffentlichung allerhöchstens der freche Stilmix (siehe oben) sowie bisweilen der Umgang mit Rhythmik im weiteren Sinne “progressiv” ist. So, dann hätten wir das ja auch gesagt. Please enjoy Tri Atma!
Bewertung: 13/15 Punkten
PS: Die Ausstattung des Digibooks ist vorbildlich. Das geht mit dem toll bebilderten Booklet mit Einleitung von Jens Fischer los, erstreckt sich über die Bedruckung der CD mit dem Abbild der Langspielplatte und hört mit der Farbgebung des Ganzen nicht auf.
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Wikipedia (Jens Fischer)