The last BONGle in the Jungle
Doomige Totenglöckchen- bis wütende Kettensägen-Stimmung kam auf, als bekannt wurde, dass nach dem heiß geliebten Underground nun mit dem Jungle Club auch noch eines der wichtigsten verbliebenen Elemente der Kölner und Ehrenfelder Clubszene der Gentrifizierung würde weichen müssen. But it was going in style! Gemeinsam mit CFBM Booking haben die Betreiber wenige Tage vor dem “Lights out” mit ihrem Doom-Festival einen noch lange nachhallenden Schlussakkord ‘rausgehauen!
Die Betreuer waren vom schönen, aber anstrengenden Midsummer Prog Festival am Vortag in den Niederlanden so deutlich gezeichnet, dass wir es zu Serpent Eater und Neurotic Circuit leider gar nicht geschafft haben. Falls die denn gespielt haben. Doch auch mit leicht verzögertem Start schien eine Doom-Dosis von zwei bis elf im vernebelten Halbdunkel zumindest anfangs gar keine so dolle Idee mehr zu sein.
Bongthrower ist ein Song von Belzebong, ist aber natürlich auch eine durchaus eigenständige Psych-Doom-Band aus Tübingen, die den Reigen eröffnen durften. Oder mussten. Das gelang dem Quartett und seinem kahlrasierten, charismatisch ins Publikum starrenden und teils flach auf der Bühne liegenden Frontmann einigermaßen gut, fanden wir. Obwohl es jedermann aus der noch arg überschaubaren Menge relativ schnell aus dem sich stark aufhitzenden Gewölbe mit Sichtweiten unter vier Metern wieder ins sonnige Freie zu locken schien.
Der Autor ist langjähriger Fan dieser Düsseldorfer Formation, die heuer mit der Teilnahme am Vacuumfest einen ordentlichen Karrieresprung hingelegt hat. Shouter und (je nach Licht) George Clooney-Lookalike Patrick Pagliaro hat sich weniger Haupthaar und mehr Bart zugelegt, seiner Sangeskunst hat das aber wohl keinerlei Abbruch getan. Das Machine-Head-mäßige, durchdringende RAAAAAAWK, zu dem Paddy fähig ist, konnte sich an diesem Nachmittag allerdings nicht so durchsetzen, vermutlich nur ein Mix-Problem, trotzdem schade.
Songs wie ‘It Will Survive The Tide’, ‘Exhale The Vile’ oder ‘Drifter’ (mit Rezitationen) vom 2017er Album “Metamorphoseon” mit seinen Tempiwechseln und enormen Verlangsamungseffekten sollten jedenfalls auch zumindest Breitspur-Proggern gut eingehen können. Ganz zu schweigen vom melodisch-mächtigen Übersong ‘Thru The Eyes of God’.
Unterdes entgleiste der anfangs ausgegebene Zeitplan komplett. Schuld waren u.a. endlose Probleme beim Soundcheck des kanadischen Trios um Sänger/Gitarrist Ken Baluke. Als sie endlich loslegen konnten, funktionierte ihre Kombination von Doom Metal mit recht räudigem Stoner Rock gut – schon rein tempomäßig. Allzu viel Doom am Stück kann zu Problemen mit dem Kreislauf führen, haben wir zumindest den Eindruck. Die Riffs rochen teils sehr nach Black Sabbath, die Cymbals klangen wie Friedhofsglöcklein.
Auch Dopethrone kommen aus Kanada, damit enden die Gemeinsamkeiten mit ihren Vorrednern allerdings bereits. Die Montreal-Combo hat sich nach einem Album von Electric Wizzard benannt und ihrer Doom-Spielart jede Menge Sludge- und Stoner-Elemente hinzugefügt. Es findet also nicht alles nur in SloMo statt. Stücke wie ‘Tap Runner’, ‘Wrong Sabbath’, ‘Killdozer’, ‘Snort Dagger’, ‘Scum Fuck Blues’ und ‘Kingbilly Cush’ (vom aktuellen Opus “Transcanadian Anger”), aber auch die Zugabe ‘Dry Hitter’ (von “Hochelaga”, 2015) hatten eine bösartigere Qualität als alles bislang zum Besten Gegebene. Quasi die Black Metal-Spielart der Zeitlupen-Fraktion.
Die Bongzillen verstehen sich ausschließlich als Sludger. Das Quartett aus Madison, Wisonsin, lässt nach dem abermals endlos scheinenden Soundcheck erstmal einen Joint kreisen. Allerdings nur auf der Bühne. Der zu diesem Zeitpunkt bereits völlig entnervte Sänger/Gitarrist Michael “Muleboy” John Makela lässt schließlich sämtliche Monitore abschalten, da der Mixer ihm nicht die mininmal erforderliche Rückmeldung liefern kann oder will. Zur Strafe ist prompt beim ersten Lied sein Gesangsmikrofon zu…
Bongzilla sind die Heavy-Metal-Walze im heutigen Billing, überraschen und gefallen aber auch schon einmal mit einem heavy Blues als Intro.
Die mit Spannung erwarteten Headliner belohnten die inzwischen recht zahlreichen Zuschauer für das lange Ausharren. CoM aus Japan sind für Doom und Stoner Rock so etwas, was ihre Landsleute Sigh für Avant-Black-Metal sind – ein Gütegarant. An diesem Mittsommerabend klangen sie wie eine viel, viel räudigere Variante der Spiritual Beggars ohne Orgel. Und mit dem am tiefsten hängenden Bass des Abends.
Ihre teils Serienmördern gewidmeten und bisweilen mit Theremin aufgewerteten Tracks wie ‘Megalomania (Herbert Mullin)’, ‘Candyman’, ‘Born to Raise Hell’, ‘Brother Bishop’ oder ‘Murderfreak Blues’ gehörten gemeinsam mit ein, zwei Slomind-Songs zum Gelungensten dieser heftigen Veranstaltung.
Live-Fotos: Tobias Berk