Knapp 100 Nasen hatten sich an jenem Mittwoch vor Ostern in den Münchner Backstage Club verirrt, um von den Klangmagiern Persefone aus Andorra mit auf eine spirituelle Progressive-Deathmetal-Reise genommen zu werden. Das im Februar veröffentlichte bockstarke fünfte Album “Aathma” hatte bereits hohe Wellen in der geschlagen und durch die Bank überschwängliche Kritiken erhalten. Nun galt es, das Werk live auf den Bühnen Europas vorzustellen.
Den Anfang machten jedoch Persefones Labelmates von Poem. Leider hatte der anwesende Betreuer im vorigen Jahr aufgrund der desolaten Einlasspolitik bei größeren Konzerten im Backstage die Chance verpasst, die Band im Vorprogramm von Textures und Amorphis kennenzulernen. Umso mehr freute er sich, dies jetzt nachholen zu können.
Der hart groovende Alternative Progmetal des Griechen-Fünfers kam beim anwesenden Publikum inklusive Betreuer sehr gut an. Eine energetische Performance bescherte der Band dann auch wohlverdient mehr als Höflichkeitsapplaus. Stavros Rigos und Stratos Haidos an Drums und Bass legten den tighten, groovenden Grundstein für Laurence Bergströms fett rockende Riffs und sparsame, aber exzellente Soli. Über allem thronte Fronter George Prokopiou, der mit einer kraftvoll-mitreißenden Stimme absolut überzeugte. Der Fokus lag naturgemäß auf dem immer noch aktuellen zweiten Album der Band, “Skein Syndrome”, das allerdings schon ein Jahr alt ist. So können wir uns hoffentlich auf neues Material und weitere Touren von Poem in nicht allzu ferner Zukunft freuen.
Zur Hauptattraktion des Abends: Persefone werden zu den Klängen des Album-Intros ‘An Infinitesimal Spark’ vom Band (inkl. Paul Masvidals Vocoder-Vocals) frenetisch begrüßt und starten mit ‘One of Many’/’Prison Skin’ in ein anderthalbstündiges, schweißtreibendes Set, das einer Lehrstunde in Sachen Progressive Deathmetal gleichkommt.
Die Gitarrenfront entzündet ein Feuerwerk an Riffing, Shredding und Soloing. Keyboarder Miguel Espinosa, leider versteckt hinter einer Säule, ist für die Harmonien, Melodien und Atmosphären zuständig. Auch wenn er kaum zu sehen war, der Soundtechniker am Mischpult lieferte zum Glück einen tadellosen Job ab, so waren Miguels zauberhafte Clean Vocals, ein integraler Bestandteil von Persefones Sound, zu jeder Zeit klar und deutlich zu hören. Leider keine Selbstverständlichkeit. Drummer Sergi ‘Bobby’ Verdeguer prügelt sich mit beängstigender Präzision durch schwindelerregend vertrackte Hochgeschwindigkeitsrekorde. Für die Show zuständig war jedoch Growler Marc Martins, ein Deathmetal-Frontmann vor dem Herrn, der nicht nur alle Lehrbuchposen kennt und mit neuem Leben füllt, sondern auch eine große Bandbreite extremen Vocals auf dem Kasten hat, vom ultratiefen Growl über aggressives Shouten bis hin zu Blackmetal-artigem Keifen. Ein facettenreicher, charismatischer Frontmann für eine facettenreiche Band.
Geboten wurde ein bunter Strauß von den Alben zwei bis vier – “Shin-Ken” und “Aathma” werden jeweils sechs Mal gewürdigt, von “Spiritual Migration” geben sie vier Songs zum Besten, inklusive der Highlights ‘The Great Reality’ und des Titelsongs. ‘No Faced Mindless’, mein Lieblingssong von der “Aathma”, packen sie in die Mitte nach ‘Spiritual Migration’, bevor es mit den ruhigen ‘The Wind Book’ und ‘Purity’ vom 2009er-Album “Shin-Ken” eine kleine Verschnaufpause gibt.
Die währt allerdings nicht lange, denn weiter geht’s mit den ‘Cosmic Walkers’ als eine Art Intro oder Überleitung zu den ‘Living Waves’ von der aktuellen Langrille, inklusive Gänsehaut-Mitsingpart und erneutem Paul Masvidal vom Band. In dieser Form empfehlen sich Persefone ohne Wenn und Aber als legitime Nachfolger und Fackelträger nach dem unschönen Ende der legendären Cynic.
Auf der Zielgeraden wird es dann nochmal heftig, denn auf Marc Martins Aufforderung, er wolle zum folgenden ‘Fall to Rise’ etwas mehr Bewegung im Publikum sehen, startet plötzlich ein ordentlicher Moshpit in der Mitte des Clubs, der auch beim folgenden Finale nicht mehr aufhören will.
Mit ‘Flying Sea Dragons’/’Mind as a Universe’ verabschieden sich Persefone dann nach intensiven knapp 90 Minuten vom Münchner Publikum und haben eines klar gemacht: Sie sind eine absolute Ausnahmeerscheinung. Kaum zu glauben, dass die Zukunft der Band auf halber Strecke zwischen “Spiritual Migration” und “Aathma” am seidenen Faden hing. In jener bestechenden Form, in der sie sich an diesem Abend präsentieren, sind Persefone eine absolute Macht und gehören ohne Diskussion auf jede Festivalbühne! Egal ob Prog-, Metal- oder Deathmetal- Festival – eine Band, die alle drei Bereiche besser abdecken kann, wird dieses Jahr kein Booker finden. Das war absolute Champions League.
P.S.: Auch die Lichtshow war absolut stimmig, mit einer Art Sternenhimmel statt Backdrop im Hintergrund. Leider werden meine bescheidenen Handybilder dem in keiner Weise gerecht. Ich hoffe, für die nächste Live-Betreuung in München wieder einen anständigen Fotografen auftreiben zu können.
Setlist Poem:
1. Passive Observer
2. Fragments
3. Giant
4. Desire
5. Bound Insanity
6. Weakness
7. Remission of Breath
Setlist Persefone:
1. An Infinitesimal Spark
2. One of Many…
3. Prison Skin
4. Kusanagi
5. The Great Reality
6. The Water Book
7. The Endless Path
8. Spiritual Migration
9. No Faced Mindless
10. The Wind Book
11. Purity
12. Cosmic Walkers
13. Living Waves
14. Fall to Rise
15. Flying Sea Dragons
16. Mind as Universe
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