(55:46, CD, Traumton/Indigo, 2017)
Der Gentle Giant hat Zuwachs bekommen und wandelt nun als Dreineinheit auf dem Weg zum Elysium durch jazzige Gefilde. Den Namensgeber am Bass begleiten Hayden Chisholm am Saxofon und Philip Zoubek am Piano. Die kleine Gemeinschaft durchstreift ein Terrain, das gelegentlich an eine extrahierte Version von Bill Bruford‘s Earthworks oder an das Schaffen von Jan Garbarek erinnert. Der völlige Verzicht auf Schlaginstrumente erscheint in diesem Kontext keinesfalls als Nachteil, sondern verdichtet die Essenz der Schwingungen zu einem Gespinst, das von in musikalischer Hinsicht begeisterten Anarchisten und vergeistigten Avantgardisten geschaffen wurde, da zumindest partiell auf kompositorische Formalismen verzichtet wurde, um den Sinnen des Rezipienten die Essenz des Wohlklangs zu eröffnen. Somit kann dieses Album ohne jegliche Übertreibung als eine überaus gelungene Mischung aus flirrenden Kompositionsfäden, die filigran in viele Richtungen gesponnen werden und freien Improvisationen, die auf diesen Fäden surfen und ihre helle Freude daran haben, bezeichnet werden.
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Die immer wieder aus den wohlklingenden Wogen aufspritzende Gischt aus perlenden, wie Gemmen funkelnden Tontropfen erzeugt manchmal eine fast schon meditative Stimmung, wie sie etwa bei Erik Satie oder Arvo Pärt erlebbar ist. Ihren Teil dazu tragen die in vielerlei Nuancen erklingenen Ostinati bei; sie erden gleichsam die tonalen Wolken, wobei manche Stücke derart energetisch aufgeladen sind, dass sie so manchen blitzenden Funken zu versprühen vermögen, der alsbald auf den Hörer überspringt. Somit kann mit Fug(e) und Recht (auf toca. Da!) behauptet werden, dass die sanften Riesen nicht nur mit allen Wassern gewaschen sind, sondern sogar aus allen vier Elementen bestehen und ihnen selbst die musikalische Quint-Essenz nicht fremd ist, da alle drei vermutlich ein beachtliches Quinten-Zirkeltraining hinter sich haben.
In der Tat stehen Gramss, Grisholm und Zoubek insektoid mit sechs Beinen auf dem Boden der Tatsachen, wobei ihre Häupter in den Himmel ragen. Sie jonglieren währenddessen mit akustischem Feuerwasser, das gänzlich ohne Alkohol eine berauschende Wirkung entfalten kann, wenn der geneigte Musikliebhaber bereit ist, sich von dem durch Slofox generierten Klangteppich erheben zu lassen. Wer also schon immer einmal ohne Dschinn (respektive Gin) eine Reise mit einem fliegenden Teppich unternehmen wollte, muss dafür nicht allzu viele Vorbereitungen treffen; man nehme dieses Album zur Hand und führe es sich mittels eines geeigneten Abspielgeräts zu Gemüte. Kleines Schmankerl am Rande: Reiht man die Titel der einzelnen Stücke aneinander, so ergibt sich folgende Botschaft mit spirituell-philosophischem Tiefgang, die angeblich von Friedrich Nietzsche stammt: And those who were seen dancing were thought to be insane by those who could not hear the music. Dem ist nichts hinzuzufügen, außer dass folgendes Zitat ebenfalls Nietzsche zugeschrieben wird: Without music life would be a mistake.
Bewertung: 12/15 Punkten
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