(46:25, CD, Oddgods/Sensory Records/Al!ve, 2016)
2012, neun Jahre nach der Bandgründung, machten die fünf Finnen von Oddland zum ersten Mal auf sich aufmerksam. Ihr starkes Debütalbum “The Treachery of Senses” erschien beim Branchenriesen Century Media und brachte ihnen u. a. einen vom Publikum gewählten Platz auf dem PPE 2013. Vier Jahre später legen sie nun endlich nach. Und wie sie das tun. “Origin” schlägt wie eine Bombe ein!
Düster, komplex, heavy, modern aber nicht zu futuristisch – dieses ‘Origin’ hat alles, was ein Progressive-Metal-Album 2016 braucht. Wem Haken zu 80er-Jahre-retro, Evergrey zu Power/Gothic Metal-abgestanden und TesseracT, Vola, Devin Townsend und Konsorten zu modern sind, wird das hier Gebotene lieben. Was nicht heißen soll, dass all jene, die die genannten Bands mögen, mit dem Sound von Oddland nichts anfangen können. Im Gegenteil. Meines Erachtens ist Oddland mit “Origin” jedoch einfach mal die Blaupause eines zeitgemäßen Progressive-Metal-Albums gelungen. Sie vereinen das beste aus Vergangenheit und Zukunft und mischen daraus ein durch und durch eigenständiges Gebräu, das absolut süchtig macht.
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Die Riffs braten zu gleichen Teilen fett und kompromisslos komplex durch die Gehörgänge und haben Anklänge an die moderne ‘Djent’-Schule. Der Gitarrensound ist jedoch ungleich wärmer, dunkler und weniger höhenlastig als bei der zurzeit sehr erfolgreichen Modern Prog Metal-Fraktion. Dieser sehr vorteilhafte Umstand lässt das Ganze weit weniger technisch und steril klingen und legt den perfekten Teppich für Sakari Ojanens unglaubliche Gesangsperformance. Vorausgesetzt, die abgedruckten Credits sind korrekt, denn über weite Strecken denkt man tatsächlich, Mikael Åkerfeldt hätte seine Stimmbänder im Studio zu ungeahnten Höchstleistungen gebracht. So ähnlich klingen der Finne und der Schwede.
Diese Ähnlichkeit tut der technischen Qualität und emotionalen Tiefe der Vocals auf Oddland’s “Origin” jedoch keinesfalls Abbruch. Sie erreichen mit einer eher klassischen Technik sogar eine immens kraftvolle Intensität, von der Mikael Åkerfeldt nur träumen kann. Dass der seit Jahren eher anderen klanglichen Idealen anhängt, die weniger Power in der Stimme verlangen, ist eine andere Geschichte. Aber für alle Opeth-Fans, die den Metal-Zeiten nachtrauern und die Power vermissen, dürfte “Origin” ein gefundenes Fressen sein. Gut, Ewiggestrige werden Oddland ebenso zu modern finden, wie sie die ‘neuen’ Opeth als zu retro-rockig abtun, aber die sind halt wirklich selbst schuld, wenn sie sich derart orgasmischen Klängen aus zu viel Nostalgie und Engstirnigkeit verschließen.
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Mit “Origin” knüpfen Oddland nahtlos an ihr Debüt an, legen hier und da vielleicht noch eine kleine Schippe Komplexität und Härte drauf, und haben dafür die klassischen Harmonien, die auf “A Treachery of Senses” sowohl in Gitarren- als auch Vokalarrangements noch hier und da hervorblitzten gegen modernere Skalen eingetauscht.
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Ein kleiner Wermutstropfen wäre vielleicht, dass der Bass nicht mehr so präsent ist in den neuen Kompositionen und dem aktualisierten Klangbild, aber das ist wirklich Jammern auf höchstem Niveau. Jedes einzelne Lied auf “Origin” ist ein Lehrstück in Sachen modernem, zeitgemäßen Prog Metal, auch wenn man die ganz großen Hooklines vergeblich sucht. Vielleicht gehören die auch einfach nicht zu dieser Art von Musik, dafür gibt es Bands wie Threshold oder Vanden Plas (oder, um im moderneren Kontext zu bleiben, TesseracT). Die Melodien winden sich um die herrlich krummen Riffs herum, schmiegen sich an sie heran oder kämpfen gegen sie an. Jede Bassnote ist perfekt platziert, jeder Snare- und Beckenschlag exakt getimed. Und alles fügt sich zu einem Klangerlebnis zusammen, das man als Prog Metal-Fan gehört haben muss.
Aufgrund des immens hohen Mitbewerberfelds von größtenteils etablierten Acts in diesem Jahr wird es noch nicht für die Album-des-Jahres-Trophäe reichen, aber ein Platz in den Top 5 ist auf jeden Fall jetzt schon garantiert. “Origin” katapultiert die finnische Metal-DNA in die Zukunft und Oddland etablieren sich damit ohne wenn und aber als Vorreiter und Speerspitze des Genres. Absolute Kaufempfehlung! In diesem Sinne sei auch noch einmal auf das Debüt “The Treachery of Senses” verwiesen, das die gleiche Volltrefferdichte aufweist, nämlich 100 Prozent.
Bewertung: 14/15 Punkten (DA 14, KR 12, KS 11)
Surftipps zu Oddland:
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Bandcamp (The Laser’s Edge)
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Konzertbericht @ Headway Festival 2013
Konzertbericht @ ProgPower Europe Festival 2013
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Wikipedia