Take The Long Way Home
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Sorry, es geht gleich weiter hier, versprochen. Es ist nur so, dass den Autor mit Supertramp ein enorm prägendes Jugend-, fast Kindheitsereignis verbindet… Auf dem länglichen Weg hin zu und zurück von einem Sportereignis (Basketball-Kreismeisterschaft mit der Schul-Mannschaft: Falls es jmd. interessiert – wir sind fabulös und praktisch ohne eigene Spielanteile untergegangen, ja nachgerade vernichtet worden) in dem – u.a. mit einer für damalige Verhältnisse bzw. meine jungfräulichen Ohren einfach atemberaubend klingenden und aussehenden Audio-Anlage aufgebrezelten – Golf GTI eines bedeutend älteren Sportskameraden hörte man also erstmals (zumindest erstmals richtig) dieses sehnsüchtige Mundharmonika-Motiv und dann Rick Davies‘ pumpendes Wurlitzer-E-Piano am Album-Anfang von ‘School’ – und alles, was darauf folgte… Dass das Leben danach nie wieder wie zuvor war, wäre vielleicht übertrieben. Dennoch hat sich die (hoffnungsvolle) Hinfahrt und der (zerstörte) Long Way Home mit diesem Soundtrack irgendwie eingebrannt.
Solche Musik gab es also auch, so konnte “Autoradio” also auch klingen – und wie hießen diese Typen nochmal, “Supertramp”? Schlaglichtartig hatte sich die ganze Aufregung und wohl auch die Bewunderung für die damals komplett unerreichbar erscheinenden “Großen” (die hatten Autos, Freundinnen (!), Monstermucke) mit dieser wehmutsvollen, leidenschaftlichen und klugen Musik verbunden. Die Songs, die das damals ausgelöst haben, liebe ich immer noch. Nur habe ich mich merkwürdigerweise bis heute niemals so “erwachsen” gefühlt, wie ich es jenem GTI-Chauffeur zumindest damals unterstellt hatte zu sein. Nun, vielleicht sind so ja auch die Gefühle für Supertramp jung geblieben. Exkurs Ende.
Also nicht so richtig erwachsen, ja? Und immer noch zu Konzerten von Tribute Acts gehen, so so…
Ja, jedenfalls wenn die eine derartig starke Besetzung vorweisen können, wie dieses rheinische Projekt.
Apropos Besetzung – Verkehrte Welt: wenn diese Spitzenmusiker mit Voyager IV am identischen Ort Eigenes bzw. von klassischen Komponisten wie Wagner oder Mussorgsky inspiriertes Material vorstellen, bleibt der Konzertsaal zu ¾ leer. Für ihr Programm mit Coversongs ist er mal locker ausverkauft. Um wen geht es? Um diese Sieben Samurai: Sascha Dücker – voc, Willem Beuss – voc & keys, Udo Klopke – voc & git, musical director, Reto Mandelkow – voc & sax, Marcus Schinkel – keys, melodica, akkordeon, laserharp, Markus Bender – bass und Wim de Vries – drums.
Ihr Programm des Abends war inspiriert von der klassischen Supertramp-Konzertkonserve “(Live in) Paris” von 1980. Plus assorted Greatest Hits.
Und natürlich ging es mit einer Gänsehaut verpassenden Version von ‘School’ los… Bluesharp und Gitarre waren vom ersten Tönchen an auf dem Punkt, Sänger Sascha brauchte dafür einige wenige, vermutlich der Aufregung geschuldeten Takte, dann passt auch hier alles perfekt.
Auf den Bluesrocker ‘Ain’t Nobody But Me’ an Position zwei der ersten Albumseite wäre ich schon gar nicht mehr gekommen. Gleichfalls starker, werkgetreuer Gesang vom zweiten Sänger/Pianisten Willem halfen der Erinnerung aber wohlig auf die Sprünge.
Die zauberhaft unlogische Märchenmusik von ‘Logical Song’ brachte uns zurück zu Rodger Hodson bzw. Sascha – und eine Mutter tanzte im wie berichtet gepackt vollen Haus wenige Meter vor dem Autor so etwas wie Disco Fox mit ihrem kleinen Sohn…
Viel verspielter und rhythmischer als ‘Bloody Well Right’ beginnt, geht es ja fast nicht mehr. Beides befindet sich aber bei Marcus in den buchstäblich allerbesten Händen. Der begnadete Konzertpianist ist übrigens weit davon entfernt, quasi “autistisch” in seinem anspruchsvollen Spiel zu versinken…
Der Grundriss des Konzertbereichs der Harmonie ist ja nun einmal ein “L”, bei dem alles, was rechts vor der Bühne und zur Theke hin abgebildet ist, visuell und teils auch akustisch benachteiligt ist. Nicht geneigt, so etwas einfach hinzunehmen, war der an diesem Abend mit dem Rücken zum Tresen platzierte Marcus so viel wie eben möglich in Bewegung, drehte sich permanent mitten im Spiel der wüstesten Linien um und feixt und lacht mit dem Publikum hinter ihm. Ein wahrer Entertainer halt.
Ultimativer Radiopop meets something like Klezmer Prog – so have your ‘Breakfast In America’, folks.
Das melancholische ‘Hide In Your Shell’ präsentierte sowohl großartige Saxophon-Parts wie Hintergrundgesang von Reto.
Bei ‘From Now On’ erlebten wir Marcus an einer Melodica, allerdings nicht ganz das Modell, das auch in unserem Kinderzimmer rumgeflogen ist – und auch das funktionierte hier prächtig.
Vor der Pause erklang auch noch das immergrüne ‘Dreamer’ – eigentlich Song 1 auf LP 2 des ursprünglichen Live-Doppelalbums.
Apropos Pause … Inzwischen ließ es sich leider nicht mehr verhehlen, dass diese ständigen Gänsehaut-Attacken nicht allein auf die Güte des Gebotenen, sondern auch auf Schüttelfrost zurückzuführen waren. Insofern musste zumindest der Autor dieses ausgesprochene Konzertvergnügen leider deutlich abkürzen. Jammerschade um Perlen wie ‘Fool’s Overture’. Aber mit klappernden Zähnen festgekeilt im Dance Pit der Harmonie zu sein erwies sich bald als nicht mehr so super…
Danke für die Live-Fotos vor und auf der Bühne: Timo Riedel
Setlist:
Surftipp zu Supertramp Tribute / Supertramp Revival Band:
Homepage Marcus Schinkel