(50:54; Vinyl, CD, Digital; Season Of Mist, 25.10.2024) Mit “Mirage” aus dem Jahre 2022 gehörten die Portugiesen von Gaerea zu den Highlights und Senkrechtstartern in Sachen modernem Black Metal. Verdichtet durch ein mysteriöses optisches Image als Maskenträger, das aber sehr stylisch wirkt, fand die Band mit erfolgreicher Tournee, guten Festival-Slots und schlussendlich einem bärenstarken Release wohlverdienten Anklang in der Extreme-Metal-Szene. Nicht ganz unerwartet legt man mit “Coma” stilsicher nach. Alles, was schreit und nicht nach 90er Rehearsal und S/W-Fotos im Wald klingt, gilt heutzutage im Normalfall längst als Post-Black-Metal. Das darf man für die Portugiesen natürlich gelten lassen, denn ihr atmosphärischer, musikalisch sehr definierter und klar in Szene gesetzter Modern-Black-Metal ist sowas von im Hier und Jetzt. Ähnlich wie bei manch einer der letzten Behemoth-Veröffentlichungen trumpft die Band mit Brutalität und gleichzeitig gezielt eingesetzten atmosphärischen Gimmicks auf.
Cleane Vocals, wie im fast achtminütigen Opener ‘The Poet’s Ballet’, werden selten, dafür aber umso gezielter in dem insgesamt extremen Sound-Setting platziert. Die Raserei folgt natürlich immer auf dem Fuß, ist aber, mit starkem Sound und sehr akzentuiertem Gitarrenspiel, hochwertig und unterhaltend. Die Vocals erinnern immer etwas an die mediterranen Vorzeigemetaller wie Rotting Christ, derben Moonspell und natürlich Behemoth (die irgendwie immer ihren Schatten hier hinterlassen). Die Band lebt von zeitweise aufblitzenden Details, die dem Album als kompaktem Ganzen an den richtigen Stellen immer wieder Würze verleihen. ‘World Ablaze’ läuft nicht mal vier Minuten, ist aber für diese Art extremen Metals ein verdammt eingängiger Hit. Eigenwillig fordernde Songs wie ‘Reborn’ finden ihre atmosphärischen, geradlinigen Geschwister im melodiösen, mächtigen ‘Hope Shatters’ oder im stolzen Titelsong, der mit breiter Brust episch und martialisch punktet. Die flächigen, majestätischen Riff-Teppiche sprechen hier jederzeit für sich und auch die gekonnt in Szene gesetzten Synths will man als Klebstoff nicht missen. Es ist die Dichte im Sound, es sind die liebevollen Kleinigkeiten, es ist die durchgehend dunkle, berstende Atmosphäre, die “Coma” definiert und Langlebigkeit verspricht. Flüsternde, geisterhafte Vocals – dezent, aber dann umso bestimmter – setzen jederzeit Akzente und schaffen somit den berühmten Überraschungsmoment. ‘Shapeshifter’ ist ein perfektes Beispiel dafür: Es fängt mystisch verklärt und driftend an, um im späteren Verlauf ein massives Brett hochzustapeln – die Vocals allein sind schon sowas von over the Top. Für kurze Momente taucht die Band gerne in die Stille ein. Akustische Elemente nebst wunderschönen Synths wie in ‘Wilted Flower’ bieten entrückte melancholische Kontraste und Atempausen, die den dann folgenden Ausbrüchen nur umso mehr in die Karten spielen. Ich mag “Coma” – denn es ist bissig, kompakt, majestätisch, düster, progressiv, kraftvoll produziert und biedert sich trotz seiner Eingängigkeit keine Sekunde dem Mainstream an. Bewertung: 12/15 Punkten
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Rezensionen:
“Mirage” (2022)
“Limbo” (2020)
Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Season Of Mist zur Verfügung gestellt.