(64:48, 83:07; CD, Peaceville/Edel, 2016)
Neun Jahre hat es seit dem letzten Longplayer gedauert, bis Novembre Anfang April ihr siebtes Studioalbum herausbrachten. Die Römer um Bandgründer Carmelo Orlando sind seit ihrer Gründung 1990 (damals noch als Catacomb) zu Pionieren des Gothic/Doom-Metals aufgestiegen. Mit “Ursa” führen sie nun den eingeschlagenen Pfad fort und haben einen würdigen Nachfolger von “The Blue” geschaffen. Keine Angst, das Ganze ist kein Aprilscherz, die besagte lange Pause ist der Band alles andere als schlecht bekommen. Sie hat nichts von ihrem Können und Reiz verloren. Novembre klingen vergleichsweise progressiv und nutzen gleichzeitig ihre bisher bekannten Merkmale gekonnt aus. Zwischen progressiven, fast epischen und harten Tönen wechseln sich cleaner Gesang und Growlpassagen ab. Vor allem aber eines wissen die Metaller zu erzeugen: Atmosphäre!
In Traurigkeit, gleichzeitig schmerzlindernd und herrlich intensiv, schwebt die Band von Track zu Track und schafft dabei ein Gesamtkunstwerk aus zehn Songs. Neben dem Novembre-typischen Stil und Sound hört man auch immer mal wieder den einen oder anderen Einfluss oder Ausbruch aus Genre-typischen Schemata heraus. So schimmert z.B. in Songs wie ‘Australis’ etwas von A Perfect Circle durch. In ‘Agathae’, einem Instrumentalstück, das im Booklet als Song über das Mystische, Chauvinismus und irrationales Heimweh beschrieben wird, hört man zwischendurch Iron-Maiden-ähnliche Gitarren. Und ‘Oceans of Afternoons’ enthält ein großartiges Saxofonsolo von Paolo Sopia, während Orlando gesanglich von Tatiana Ronchetti unterstützt wird. Wer jetzt auch noch bei ‘Easter’ an Marillion denkt, muss jedoch leider enttäuscht werden – die gleichnamigen Songs haben nichts miteinander zu tun.
Neben dem Kopf der Gruppe, Carmelo Orlando, hört man seinen Langzeitmitstreiter Massimiliano Pagliuso sowie den zurückgekehrten Bassisten Fabio Fraschini und den neuen Drummer David Folchitto. Als bekannten Gastmusiker gibt es Anders Nyström von Katatonia, der ein Gitarrensolo zur Single ‘Annoluce’ beisteuert. Orlando selbst bezeichnet das Album als erwachsen, die Texte beziehen sich auf das Unterbewusste, auf eine “Orwellian Apocalypse”, die Orlando täglich sieht, verarbeitet und in den Songs heraufbeschwört. Hier findet sich auch die Referenz zum Albumtitel: “Ursa” steht für “Union des Républiques Socialistes Animales”, den französischen Titel von George Orwells “Animal Farm” – Pink Floyd lassen grüßen!
Die Verbindung zwischen dieser Thematik und der Musik erfüllt das Album mit einer schönen melancholischen Schwere. Die Stimmung ist perfekt durch die Farbgebung des Booklets eingefangen – es ist in einem meerartig blaugrünen Farbton gehalten, angereichert mit Zeichnungen und zwei Portraits der beiden Hauptmusiker auf den letzten Seiten. Das Artwork stammt von Travis Smith, der sich auch als Grafiker für Opeth einen Namen gemacht hat. Nicht nur rein äußerlich, sondern auch musikalisch ist der Vergleich zu Opeth passend, wurde “Ursa” doch von Dan Swäno (u.a. Produzent der Schweden) produziert.
Bewertung: 12/15 Punkten (KR 11, PR 12)
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