Der Effekt der entsteht, wenn dieses Album abgespielt wird, ähnelt dem kribbeligen Gefühl, das in den Gängen zwischen Foyer und Loge eines Theaters wohnt. Der Augenblick, in dem die Nadel die Schallplatte berührt, oder in dem der CD-Spieler mit einem Klicklaut bekannt gibt, dass der Lesevorgang eingeleitet wurde, ist voller elektrischer Ladung. Mit Spannung ist dieser Bruchteil einer Sekunde erfüllt, in dem sich Erwartungen auf das Unerwartbare gegenseitig übertrumpfen. Während die einen sich fragen, ob Anderes Holz mit “Continuo” an ihr voriges Album “Fermate” anknüpfen können, sind andere ohne jegliche Referenz gespannt auf die Freakshow, die ihnen bevorsteht.
Als Mix aus artistischem Prog Rock mit Art Pop, der süchtig nach Melodie ist, mit wild stampfendem Krautrock, wird “Continuo” angepriesen. Essentielle Requisiten für diese außergewöhnliche Darbietung sind neben der elektrischen Waldzither ein Theremin, Percussions, Field Recordings, ein japanischer Windgong, eine Handsirene, ein Schlagzeug, Samples, sowie die Stimmen der drei Akteur*innen Boris Boškovski, Tine Täger, und Dominique M. Täger. Vorhang auf, die Show beginnt!
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Von den oben genannten Musikstilen stechen vor allem Krautrock und Art Pop hervor. Sowohl das oben verlinkte Video zum Lied ‘Morgenwelt’, als auch das auf der rechten Seite sichtbare Bandfoto sprechen Bände über den avantgardistischen Charakter dessen, was hier geboten wird. Denn so sehr Anderes Holz sich immer wieder Musikstilen wie Noise, Prog, Kraut, etc. annähern, wälzt sich das Trio doch mit unberechenbarer Wildheit über Genrebegrenzungen hinweg. Wann immer sich “Continuo” einer gewissen Gangart angenommen hat, schlagen Anderes Holz im Handumdrehen einen gewaltigen Haken, um die Richtung gänzlich zu wechseln. Ohne Vorwarnung wird aus einem Wave oder Punk Rock Thema eine komplexe Art Rock Passage oder erbarmungslos reibender Noise löst sich in weniger als einem Augenzucken in freundlich treibenden Krautrock auf.
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Das Adjektiv, das hier am besten angebracht ist, lautet wohl theatralisch. Danach lassen sich Worte wie künstlerisch oder anspruchsvoll einbringen. Und spätestens dann sind auch die Begriffe verrückt oder verwirrend angebracht. Zweifelsohne produzieren Anderes Holz Kunst und ohne jeden Einwand ist “Continuo” ein nachhaltig wirkendes Kunstwerk. Um bei der Analogie eines Bühnenspiels zu bleiben, ist dies nicht Goethe oder Shakespeare, sondern eher Eisenstein oder Schlingensief. Expressiv und expressionistisch, mal schreiend laut, mal mucksmäuschenstill, werfen Anderes Holz mit musikalischen Farbbeuteln. Was am Gesamtwerk stört, ist die nur schwach ausgeprägte innere Kohärenz, sowie die Ähnlichkeit einer der männlichen Stimmen mit der von Till Lindemann. Letzteres ist bei einem solchen Werk wohl wie auch die Bewertung dieses Albums ein sehr subjektiver Eindruck.
Bewertung: 11/15 Punkten
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Rezension zu “Fermate”
Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Creative Eclipse zur Verfügung gestellt