(CD, Digital, New Joke Music / Dutch Music Works, 2021)
Das bisherige Soloschaffen von Kristoffer Gildenlöw (u.a. Ex-Pain of Salvation, Kayak, Dial, For All We Know plus Sessions für u.a. Neal Morse, Dark Suns, Lana Lane, Damian Wilson, Mr. Fastfinger, Ian Parry, The Shadow Theory) war ja schon überwiegend introspektiv und introvertiert. Doch was auf Solo-Album Nr. 4 passiert, das ist schon Melancholie- bis Depressions-schürend. Oder kann zumindest so wirken. Thematisch scheint es – uns lagen keine Texte vor – mehrheitlich um menschliche Fehler und Schwächen zu gehen, vielleicht auch um daraus resultierendes Scheitern. Und da passt ein Soundtrack für bedauernde Binnenschau natürlich einfach besser als flotte Weisen. Und das einen endgültigen Fall evozierende Cover-Artwork besser als über einer Blumenwiese zwitschernde Vögelchen.
Im auf dies alles einstimmende ‘Let Me A Ghost, pt. I’ hören wir Kristoffers im Prinzip immer wandlungsfähiger werdende Stimme jedenfalls mehr flüstern und eindringlich sprechen als im klassischen Sinne singen. ‘The Wind’ wird zusammengehalten von einer durchlaufenden, bittersüß perlenden Piano-Figur, der die Bühne eingangs und ausgangs des Songs ganz alleine gehört. Sehr melodisch, aber auch unglaublich traurig. ‘Blame It All On Me’ bezieht seine Spannung aus dem heftigen Kontrast von Kristoffers hier ultratiefem Sprechgesang über herrlich singendem fretless Bass und einer vermeintlich fröhlich hüpfend gezupfte Akustikgitarre.
‘Falling, Floating, Sinking’ klingt, wie es sein Name beschreibt – sanft schwebend, aber mit durchaus erkennbarer Abwärtstendenz. Was auch eine passable Kurzbeschreibung für das aktuelle Werk des Schweden und Wahlniederländers abgibt. Gewohnt starke Kost, aber ungeeignet, falls man ohnehin schon niedergeschlagen sein sollte (eventuell wäre da sogar ein Warn-Aufkleber à la “Psychological Advisory” angezeigt?).
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Falls es in ‘Fade Away’ wirklich auch um eine Therapie gehen sollte (“Leather couch”), dann um keine, die gut ausgeht… ‘Don’t’ überrascht mit einer Flamenco-inspirierten Akustikgitarre, über der Kristoffers Gesang mehr nach Leonard Cohen klingt, als je zuvor. ‘Lean On Me’ bringt die möglicherweise stärkste Gesangsleistung des Schweden auf dem Album, jedenfalls darf die Stimme mal strahlen, statt nur gebrochen zu flüstern und sich in tiefsten Lagen zu ergehen. Hinzu kommt begeisterndes Melodiespiel auf dem Bass. Auch der Progressive Rock von ‘Let Me Be A Ghost, pt. III’ ist zumindest im Mittelteil etwas flotter und lebhafter, fällt dann aber wieder auf den langsamen, verzweifelnden Sprechgesang zurück.
Auch der das Album beschließende Song ‘Look At Me Now’ gewährt keinesfalls einen versöhnlichen Hoffnungsschimmer. Ganz im Gegenteil, das Messer wird noch in der Wunde umgedreht:
“Look at me now, a broken shadow dwelling in the deep
(…) There’s no grace left for me
to be found”
Aber bilde sich am besten jede/r eine eigene Meinung zu diesem grundsätzlich erneut beeindruckenden, sehr speziellen Statement.
Bewertung: 12/15 Punkten
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Musikalische Gäste:
Joris Lindner –Schlagzeug, Hammond auf ‘The Wind’
Dirk Bruinenberg – Schlagzeug auf ‘Let Me Be A Ghost, pt. III’
Marcel Singor – E-Gitarren-Solo auf ‘Fleeting Thought’
Erna auf der Haar – Gesang auf ‘Lean On Me’
Ronja Gildenlöw – Gesang auf ‘The Wind’
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Wikipedia
Abbildungen: Kristoffer Gildenlöw / IDVI Agency