»Viel Zeit für Soundexperimente im Probenraum«
Mit “Bright Lights And Tired Streets” brachte die Münchner Postrock-Institution Pictures From Nadira dieser Tage ihr drittes Album unters wartende Volk. In erster Instanz erst einmal nur digital, aber, wie man die Band kennt, sicher auch bald in anfassbarer Form. Was es mit dem Album auf sich hat und was es sonst noch aus dem Umfeld der Pictures zu berichten gibt, erzählt uns die Band an dieser Stelle im Kollektiv…
Was war dieses Mal anders als bei den letzten beiden Platten zuvor?
Wir haben dieses Mal das Recording komplett selber im Proberaum gemacht und uns dadurch viel Zeit für Soundexperimente gegeben, Mit dem Mix sind wir dann zu dem fantastischen Maxi Wörle aus Augsburg gegangen und das Master hat Dimi Conidas gemacht
Eure Tunes, sind das Kompositionen oder doch mehr aus der Improvisation heraus entstanden?
Eine Mischung aus beidem. Wir lassen uns oft von Improvisationen leiten, aber es gibt immer ein Konzept oder eine Grundidee, die wir dann gezielt weiterentwickeln. Manche Stücke entstehen fast spontan – man merkt dann sofort, ob man selber von dem Song gefesselt ist. Andere benötigen länger, bis sie sich richtig anfühlen. Dieses Mal haben wir uns tatsächlich öfter die Zeit gelassen, die Stücke auf uns wirken zu lassen.
“… es gibt definitiv eine übergeordnete Stimmung und thematische Verbindungen zwischen den Songs.”
Ist die Platte eventuell als Konzeptalbum gedacht?
Nicht im klassischen Sinne eines zusammenhängenden Narrativs, aber es gibt definitiv eine übergeordnete Stimmung und thematische Verbindungen zwischen den Songs. Das Album reflektiert das Gefühl von Rastlosigkeit, Melancholie, aber auch Hoffnung, die in diesem Spannungsfeld entsteht – daher auch der Titel “Bright Lights And Tired Streets”. Wir haben angefangen, das Album während der Corona-Zeit zu schreiben – das hat uns als Musiker und Menschen natürlich auch ziemlich bewegt.
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Dieses Mal mit nachdenklichen Spoken Words zur Weltlage (‘Sereno’). Was war hier die Überlegung?
‘Sereno’ entstand aus dem Bedürfnis heraus, eine Momentaufnahme unserer Zeit festzuhalten. Wir haben viel über die aktuelle Weltlage nachgedacht, über Unsicherheit und Hoffnung, und wollten diese Gedanken nicht nur instrumental ausdrücken, sondern sie konkret machen. Spoken Words, vor allem diese, schienen uns die beste Form dafür.
Kommt “Bright Lights And Tired Streets” eventuell auch wieder als CD auf Fluttery?
Wir haben dieses Mal selbst veröffentlicht, und auch nur digital. Wir sind selbst große Fans von Vinyl, mal sehen ob wir da noch etwas auf die Beine stellen.
Kann man an dieser Stelle von dem schwierigen dritten Album sprechen?
Ja und nein. Natürlich ist das dritte Album immer so ein Punkt, an dem du dich fragst, wohin du dich entwickelst. Aber wir hatten keine kreative Krise oder größere Schwierigkeiten, sondern eher eine gesunde Reflexion über unseren Sound. Es war ein intensiver Prozess, aber einer, der sich sehr lohnend angefühlt hat.
Gibt es in München eigentlich “Anlaufstellen” in Sachen Post-Rock?
Post-Rock ist in München vielleicht keine dominante Szene, aber es gibt definitiv einige spannende Bands und Veranstaltungsorte, die sich für experimentelle Musik öffnen. Orte wie das Feierwerk, die Glockenbachwerkstatt oder das Import/Export sind immer wieder Plattformen für solche Sounds. Und natürlich groß hervorzuheben Andreas Greinsberger, der unter dem Namen 4Andreas diverse sensationelle Postrock-Konzerte veranstaltet und auf die Beine stellt.
Warum ‘Weltschmerz’ und was genau sind die ‘Budapest Walls’?
‘Weltschmerz’ entstand genau zu der Zeit, als die Pandemie am ausklingen war, dafür aber Krieg in Europa Einkehr hielt. Der Song reflektiert die Wut, Verzweiflung, aber auch das grüblerische Selbstmitleid (und den Frust darüber)… eben alles Komponenten von Weltschmerz.
Den aggressivsten und zugleich melancholichen Song ‘Budapest Walls’ zu nennen, war eine Idee von Stefan, unserem Gitarristen, den bei einer Städtereise die Geschichte des Holocaust in Budapest unter der Naziherrschaft sehr mitgenommen hat. Die Stadt gedenkt dessen mit einem bedrückenden Denkmal – hunderte Paare Bronze-Schuhe entlang der Mauern an den Donauufern… Dort wo Menschen exekutiert und einfach in den Fluss gestoßen wurden…
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Godspeed oder eher We Will Destroy You?
Schwierig! Wahrscheinlich irgendwo dazwischen. Wir lieben die epische, cineastische Tiefe von Godspeed You! Black Emperor, aber die Melodik und direkte Emotionalität von This Will Destroy You spricht uns auch an. Letztlich geht es uns aber nicht darum, in Schubladen zu passen. Im Gegenteil – auch wenn Post_Rock manchmal als “langweilig” verschrien ist, so ist es doch immer wieder interessant in welcher Art und Weise instrumentale Musik interpretiert werden kann.
Mit 35 Minuten ist “Bright Lights And Tired Streets” schon ein wenig kurz gehalten. Hattet ihr keinen weiteren Track oder wolltet ihr die ideale Vinyl-Laufzeit haben?
Beides spielte eine Rolle. Wir wollten ein Album machen, das sich kompakt, aber vollständig anfühlt. Es wäre leicht gewesen, noch ein paar Minuten hinzuzufügen, aber es hätte der Intensität vielleicht nicht gutgetan. Lieber ein kurzes Album, das nachwirkt, als ein längeres, das sich strecken muss. Wir versuchen unsere Alben auch live immer stimmig und kompakt abzubilden.
Apropos – stehen Konzerte zum Album an?
Wir hatten einen sehr coolen Album release Gig in München zusammen mit unseren Freunden von Hidas (instrumental doom metal). Wir hoffen, dass wir in diesem Jahr noch einige Konzerte spielen können, aber wir wollen auch zügig mit neuem Songwriting weitermachen, zusammen mit unserem neuen Drummer Claudius.
Wen würdet ihr gern einmal supporten?
Es gibt so viele großartige Bands, aber wenn wir träumen dürften: Mogwai, Explosions in the Sky oder auch eine Band wie Caspian wären unglaublich inspirierende Möglichkeiten.
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Abbildungen: Pictures From Nadira