(47:30; Vinyl, CD, Digital; 7 People Records, 28.03.2025)
“Lights For The Living” war ein starkes, eher düsteres Album, für das man Zeit brauchte, um sich darin so richtig wohl zu fühlen. Um so mehr wirkte es trotz sperriger Momente in späteren Durchläufen gehörig nach. Der Amerikaner, der mittlerweile seit vielen Jahren sein familiäres Glück und eine neue Heimat im ländlichen Brandenburg gefunden hat, blickt bereits auf eine lange und verrückte Karriere zurück (u.a. Damn The Machine, Jud, The Fullbliss), die ihn als Berufsgrübler, Denker und Melancholiker durch einige Täler spazieren ließ. Er hat den kritischen Blick auf die Welt, aber eines vorweg: Diese Platte fühlt sich trotz der typisch innewohnenden mahnenden Stimmungen nach viel mehr Licht am Ende des Tunnels an und ist qualitativ um einiges runder als der schon starke Vorgänger!
Wenn Du die ersten Takte, die mahnenden Streicher und die perlenden Gitarren im Opener ‘Learn To Resist’ in Dich aufnimmst, geht erstmal so richtig schön die Sonne am Horizont auf. Eine melancholisch hoffnungsvolle Melodie, atmosphärischer Rock-Sound mit feinen akustisch begleitenden Gitarren und David singt “What a Time To Be Alive, What A Time To Die”. Es fließt harmonisch, die Produktion ist kraftvoll, hat erneut diesen satten organischen Vibe, der nah am Live-Sound des Amerikaners vibriert. Ja, im Vorfeld spricht der Musiker selbst über die Möglichkeiten, jeden Tag zu lernen, mehr loszulassen, und dies auf mannigfaltigen Ebenen. Sich in Achtsamkeit üben, Leidenschaften pflegen und die Zeit für richtige Dinge nutzen, weil dieses Leben viel zu schnell vorbei geht.
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‘Drones and Satellites’ ist eine so typische mit Schmerz und Hoffnung aufgeladene Clemmons-Halbballade. Der Song bricht sich im Verlauf wundervoll nach vorne rockend auf, lässt erneut beseelte Leidenschaft blitzen. David beschwört mit jedem Wort, es schwingt immer ein gehöriges Maß an Dringlichkeit mit. Die ländliche Weite, generell mit Spuren alternativer Americana, aber vor allem der guten Zeit des Grunge und Alternative Rock Mitte der Neunziger, fließt und rockt ein Song wie ‘No Fear, No Love, No Lie’ federleicht durch die Sonne. Mit Hoffnung und Wohlwollen wird in positiver Melancholie gebadet und wenn die Tochter Maisha Judith mit kurzem lieblichen Bossa Nova-Moment dazwischen summt, bleibt man mit einem Lächeln zurück. ‘The Caves Below’ ist dunkler Singer/Songwriter Rock, erinnert mich eindringlich an die schweren Balladen von Grant Lee Buffalo, Crippled Black Phoenix oder die Streicher-triefenden Balladen von Anathema. Der Himmel ist hier erstmal wieder eher wolkenverhangen, der Break folgt aber auf dem Fuß, bricht sich der Amerikaner mit nörgelndem, folkloristisch nach vorne preschenden Rock und hymnischen Streichern den Weg aus der selbstgeschaffenen Tristesse.
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‘Truce’ ist in seinen knapp acht Minuten von zart akustisch bis aufbrausend rauschhaft ein emotionales Bad. Wunderschöne Arrangements in Sachen wehmütiger Gitarren und Streicher lassen die eh schon einnehmenden Melodien noch mehr strahlen. Ich musste mehr als einmal an die seligen The God Machine bzw. gerade deren Nachfolger Sophia denken, ist der emotionale Habitus ein ähnlicher. Mit fast Classic Rock-affinen Akkorden beginnt ‘Songs In The Key Of You’, wird dann wild, euphorisch und eindringlich und gut, dass die Songs mit immer sechs bis sieben Minuten viel Raum zur Entfaltung bekommen, ohne nur annähernd einmal auf Radio-Formate zu schauen. Man merkt, wie sehr die wühlenden Drums, die drängenden Gitarren und der leidenschaftliche Gesang zu Dir sprechen sollen – Gänsehaut pur. Die Songlängen sind definitiv Prog und mit knapp zehn Minuten kommt für mich das Beste zum Schluss mit ‘The World Is Gone’. Streicher, Bombast, ausladend epische Strukturen, Pathos-triefender Gesang…ich liebe es. Für mich ist auch das wieder sehr nah an den emotionalen Balladen der Briten von Crippled Black Phoenix, die ihre eigentlich tragisch melancholische Seite ebenfalls immer mit so viel Hoffnung aufladen, dass sich Schmerz und Licht im selben Moment finden.
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Auch ‘Everything A War’ bleibt für den Künstler ein Kampf mit sich selbst im Kleinen und Großen, bei dem man irgendwie schon von einem hochwertigen Alterswerk sprechen darf. Beseelte atmosphärische Rockmusik, die in jeder Sekunde dynamisch, dramatisch, zeitlos, emotional, kraftvoll, verletzlich und als authentisch gefühlt werden darf. Trotz der Vergleiche erkennt man nach knapp über 30 Jahren Karriere einfach die Handschrift des Musikers. David Judson Clemmons hat mit viel Detailfreude in den Arrangements, Videos, Produktion und Melodien ein überdauerndes Werk geschaffen, welches schon jetzt als ein Anwärter für eines meiner Jahres-Alben zählt.
Bewertung: 14/15 Punkten
Line-up:
Anne de Wolff – Violins/Strings
Robert Goldbach – Bass & 2nd Guitar
Felix Ritz – Drums
Maisha Judith Clemmons – Backing Vocals
Surftipps zu David Judson Clemmons:
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Die Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Anger Management zur Verfügung gestellt.