Classic Albums Live: “Controlling Crowds” & “Controlling Crowds IV”
Nachdem Archive bereits am Vortag ihre beiden, ursprünglich von Craig Walker eingesungenen Alben “You All Look The Same To Me” und “Noise” im belgischen Seraing zum Besten gegeben hatten, stand für den zweiten Abend nun die Aufführung von “Controlling Crowds” auf dem Programm. Der Großteil der Stücke der ersten drei Teile, die allesamt auf dem Album “Controlling Crowds” zu finden sind, war dabei schon im Programm des Auftritts in Esch zu finden gewesen. Bei diesem Konzert, bei dem zudem eine Auswahl von Stücken des Klassikers “You All Look The Same To Me” zu hören gewesen war, hatte man allerdings auf die Einhaltung der Original-Reihenfolge verzichtet, was der Dynamik des Konzerts zugutekommen war. Da für diesen Abend allerdings auch die Aufführung von “Controlling Crowds IV” angekündigt worden war, durften alle Freunde des Konzeptwerks darauf hoffen, dass man sich heute an die Abfolge der Lieder, wie man sie von den beiden Alben kennt, halten würde und dass “Controlling Crowds” in voller Gänze gespielt werden würde.
Genau wie acht Tage zuvor konnten die Fans diese Hoffnung für zwei Stücke aufrechterhalten, denn auch im OM eröffneten Archive ihr Set mit ‘Controlling Crowds’ und ‘Bullets’, ließen aber genau wie in Esch die Träume aller Liebhaber von Konzeptalben mit dem Nachschieben von ‘Kings Of Speed’ wie Seifenblasen zerplatzen. Denn Archive hatten sich auch an diesem Abend wieder zugunsten der Dramaturgie des Konzerts sowie eines spannungsgeladenen Auftakts und gegen die Treue zum Konzept hinter ‘Controlling Crowds’ entschieden. Doch der Unmut darüber war schnell vergessen, denn Archive setzten nicht nur im Publikum pures Adrenalin frei, auch
Darius Keeler ging hinter seinen Keyboards bereits bei ‘Kings Of Speed’ ab wie Schmitz’ Katze.
Im Folgenden blieb die Songabfolge gegenüber dem Luxemburger Konzert unverändert, nur eben, dass sämtliche “You All Look The Same To Me”-Tracks durch Stücke von “Controlling Crowds IV” ersetzt wurden. Dies ließ den Auftritt im direkten Vergleich harmonischer wirken, da die beiden Alben diesmal nicht aus unterschiedlichen Schaffensphasen des Kollektivs stammten.
So reihten sich im direkten Anschluss an das Auftakttriumvirat erst einmal das floydige, anfangs ruhige und später mit fettem Bass wummernde ‘The Feeling Of Losing Everything’ sowie ‘Blood In Numbers’ in die Setlist ein, sodass Sängerin
Lisa Mottram und Rapper
Jimmy Collins ein wenig länger warten mussten, um für ‘Quiet Time’ und das aggressive ‘Bastardised Ink’ zu ihren Kollegen dazustoßen zu dürfen.
Das Doppelpack aus ‘Collapse/Collide’ und ‘Clones’ avancierte dann zu einem kleinen Highlight, ersteres insbesondere aufgrund von
Lisa Mottrams verträumtem Gesang.
Letzteres hingegen wegen seiner spannungsgeladenen Atmosphäre mit wabernden Keys und treibendem Schlagzeugspiel, was Darius wieder einmal dazu verleitete, vollkommen abzudrehen.
Aufgrund des heute zwangsläufig ausbleibenden ‘Numb’ schob man mit ‘Words On Signs’ das vielleicht proggigste Stück von ‘Controlling Crowds’ hinterher. ‘Whore’ mit
Mottrams verfremdeter Stimme und den dazu passenden gehauchten “Ahhhhhs” von
Berrier und
Pen löste Kribbeln im Bauch aus.
‘Come On Get High’ hingegen drang aufgrund von
Pollards stechend klingendem Gesang ganz tief in die Seele vor.
Und dann kam endlich das Stück, das man in Luxemburg so schmerzlich vermisst hatte: das sanft, ja fast unspektakulär beginnende ‘Chaos’, das sich langsam zu einem dicht gewobenen, orchestralen Ungetüm aufblähte.
Zu ‘Razed To The Floor’ durfte dann auch wieder
Jimmy Collins auf die Bühne zurückkehren, der das Publikum zu fetten Beats mit seinem Rap konfrontierte.
Und dann zum Abschluss des Hauptteils wieder einmal das epische ‘Funeral’ mit seinen dichten Wänden aus Orgel-Sounds, Synthies und Post-Rock-Gitarren, das in einer überwältigenden Wall of Sound gipfelte.
Dass bis zu diesem Zeitpunkt erst drei Stücke von “Controlling Crowds IV”, aber bereits zwölf von dreizehn Tracks der ersten drei Teile gespielt worden waren, konnte man sich ungefähr ausrechnen, was in den Zugaben noch folgen würde. Dass man aufgrund der fortgeschrittenen Zeit zudem auf einige Lieder würde verzichten müssen, war auch logisch. Und auch verkraftbar, denn obwohl wohl niemand im Publikum etwas dagegen gehabt hätte, auch ‘Remove’, ‘To The End’, ‘Pictures’ und ‘Lunar Bender’ live zu erleben, hätte keines dieser vier eher ruhigen und verhaltenen Stücke dramaturgisch in den nun folgenden Zugabenblock gepasst.
So starteten Archive mit einem hochenergetischen Doppelpack, bestehend aus dem treibenden, dynamischen ‘Pills’ sowie dem hochenergetischen ‘Lines’.
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Für ‘Empty Bottle’ allerdings schaltete man kurzfristig noch einmal einen Gang zurück, sodass Dave Pen der notwendige Raum eingeräumt wurde, dieses dynamische Stück mit seinem auf die Tränendrüsen drückenden Gesang in die allerhöchsten Sphären der Glückseligkeit zu begleiten.
Mit dem von
Pollard Berrier hochemotional vorgetragenen ‘Remove’ hätte an dieser Stelle dann wohl niemand mehr gerechnet, doch erfüllte dieses Lied seinen Zweck als kleines Interlude vor dem abschließenden ‘Dangervisit’.
Ein Track, der in der Vergangenheit schon so manchem Konzert die Krone aufgesetzt hatte und auch an diesem Abend mit seinem grandiosen Finale der gebührende Abschluss für zwei unvergessliche Abende mit Archive war!

Besetzung:
Jimmy Collins – Dave Pen – Pollard Berrier – Lisa Mottram
Darius Keeler – Mike Hurcombe – Steve Barnard – Jonathan Noyce – Danny Griffiths
Fotos: Prog In Focus

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Rezensionen:
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“25” (2019)
“Noise” (2004)
“You All Look The Same To Me” (2002)
Liveberichte:
10.02.25, Seraing (BE), OM
03.02.25, Esch-Uelzecht (LU), Rockhal Club
17.11.23, Esch-Uelzecht (LU), Rockhal Club
26.10.23, Wiesbaden, Schlachthof
31.10.19, Köln, E-Werk
Interviews:
Darius Keeler About “Call To Arms & Angels”, Genres, Influences & Red Lines (2022)
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Venue: OM