Tumbleweed Dealer – Dark Green
(39:41; Digital; Eigenveröffentlichung, 07.02.2025)
Man nehme all die unruhigen Spielwiesen aus Retro, Psych, Math, Jazz, Stoner, Funk und Blues und stelle sich vor: Radio Moscow, A Burial At Sea, Jaga Jazzist und And So I Watch You From Afar spielen auf schrägen Stoff ein Album ein. Naja, so ungefähr und auch wieder überhaupt nicht. Die Kanadier aus Montreal haben eine lange Album-Pause hinter sich (Familie und Nachwuchs standen für einige Jahre auf der To-Do-Liste) und befeuern den Markt mit dem kurzen, nervösen “Dark Green”. Das Cover lässt ganz klar auf ein neues Stoner/Psych-Album spekulieren, ist aber diesbezüglich weit gefehlt. Etwas verrückter Retro-Rock mit kleinen Psych- und Stoner-Betrügereien ist vorhanden, die meiste Zeit will das Trio uns mit jazzig angehauchten, funkig-groovigen Rock-Klängen verrückt machen. Wilde Grooves und permanente Breaks, kurze atmosphärische, transzendente Keys, die an das kongeniale Setting von Jaga Jazzist erinnern, sogar für Crossover/Rap-Gesang ist man sich nicht zu schade. Das fordert natürlich ein gewisses Maß an Toleranz beim Hörer, ist diese moderne Form des Prog auch nicht jedermanns Vorliebe.
Mit dem düsteren Sound (Postrock trifft auf kosmische Synths) im Opener ‘A Distant Figure In The Fog’ wird man noch etwas in die Irre geführt. Mit viel Math im Gepäck zeigt das folgende ‘Sparks Adrift In The Louisiana Nightsky’ schon um einiges mehr die Fahrtrichtung des Albums auf. Seltsame, aber melodische Synth-/Post-Punk-Einflüsse in ‘A Plant That Thinks It’s Human’ biegen dann wieder in eine völlig neue Richtung ab und so verwirren die Kanadier hier und da mit viel Abwechslung und Lust an Vielfalt. Jazzige Bläser und entspannte Rhythmik in ‘Becoming One With The Bayou’ rufen A Burial At Sea und Jaga Jazzist auf den Plan. Schwebende Mellotron-Momente gibt es dann auch noch obendrauf – für den atmosphärischen Überbau nimmt man das gerne an. ‘Dragged Across The Wetlands’ ist ein zappeliger Unruheherd zwischen Funk und Math-Rock. Flockiges, dynamisches Drumming und Spielfreude sind auch hier der gemeinsame Nenner. Verspielte, treibende Akkorde definieren den Titelsong, ‘Ghosts Dressed In Weeds’ kommt dann mal ganz überraschend mit frechen Rap-Vocals von Ceschi Ramos. Bläser, Saxophon, Electro-Beats und zappelige Grooves gibt es alles noch obendrauf. Man traut sich was, und keine Grenze scheint das Gebot der Stunde. ‘Moss On The Mind’ ist dann in weiten Teilen etwas gechillter, groovt nur gen Ende des Songs mit tanzbarer Jaga-Jazzist-Attitüde. Mit über sechs Minuten ist ‘Body Of The Bog’ das längste Stück und dementsprechend voll mit Ecken und Kanten, Stilistiken, Tempowechseln und Stimmungen. Richte dich nie zu lang ein, es kommt fast immer anders. “Dark Green” ist verspielt, voller Musikalität, unruhig, fröhlich und atmosphärisch. Die Einflüsse sämtlicher Genres werden mit Spaß am offenen progressiven Spiel konsequent zur Schau gestellt und machen aus dem Album ein unterhaltsames Paket.
Bewertung: 10/15 Punkten
Dark Green von Tumbleweed Dealer
Line-Up:
Seb Painchaud – Bass & Guitars
Angelo Fata – Drums & Percussions
Jean-Baptiste Joubaud – Synths & Programming
Guest Musicians:
Antoine Baril – Mellotron, Hammond Organ & Keyboards on tracks 1, 2, 3, 4, 6, 8, 9 & 10
Guillaume Audette – Wurlitzer, Rhodes and Church Organ on tracks 8 & 10
Jocelyn Couture – Trumpet & Flugel Horn on tracks 4, 5, 7 and 9
Loïc Roy-Turgeon – Trombone on tracks 4 and 5
Zach Strouse – Saxophone on track 6
Ceschi Ramos – as himself on track 7
Diskografie (Studioalben):
“TDIII – Tokes, Hatred & Caffeine” (2016)
“Western Horror” (2014)
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Soundcloud
Die Abbildungen wurden uns freundlicherweise von “Asher Media Relations” zur Verfügung gestellt.