Kristian Kaupang – Siste Sjanse
(41:25; CD, Digital; Apollon Records, 07.02.2025)
Dank vieler schöner Urlaube in Schweden und Dänemark ab der Jahrtausendwende durfte ich noch vor der Internet-Zeit die regelmäßigen Freuden genießen, dort angesagte Bands, die hier eher unbekannt waren, für mich in den hiesigen Shops zu entdecken. Diese Verehrung/Erinnerung gilt seither und für ewig für die schwedischen Alternative Rocker von Kent, um so mehr für die Romantiker von Weeping Willows, meinen norwegischen Helden von Midnight Choir und Seigmen, der großartigen Anna Ternheim und nicht zu vergessen, die dänischen Love Shop. Deswegen ist ein in Norwegisch vorgetragenes Rock/Pop Album, wie es hier von Kristian Kaupang erscheint, grundsätzlich immer erstmal spannend. Die Zielgruppe auf dieser Seite wird der Norweger nur marginal ansprechen, dafür fehlt es im Sound an Ecken und Kanten. Der fast ausschließlich balladeske, soft vorgetragene Singer/Songwriter Pop trifft trotzdem den einen oder anderen Nerv, ist der Sound mit vielen Gimmicks wie Gastsängern, Chören, Trompete und Saxophon und richtig guter Produktion eine doch reichhaltige Mixtur.
“Siste Sjanse” steht für die letzte Chance, ist laut Aussage des Künstlers nicht nur sein viertes Solo-Album, sondern auch ein Zeugnis einer erlebten Midlife Phase. Mit dem Opener und Titelsong startet man mit Unterstützung von Anders Buaas. Sanft federt der Song zwischen Radio-Pop und etwas Americana-Weite. Die Produktion lässt den Sound richtig gut federn, und das Album ist von Anfang an mit einem sanften hintergründigen Wohlfühl-Moment ausgestattet. Feine Folk-Balladen wie das stille, wehmütige ‘Du er en annen nå’ leben gerade von dieser unaufdringlichen Sanftheit, die zwar Melancholie in sich trägt, aber die große Dramatik und Schwere der oben benannten Künstler erst gar nicht erreichen möchte. Die Single ‘Beautiful Girls’ ist direkter, klarer und poppig rockig. Auch hier wirst Du keine Kanten finden, was nichts vom Charme des Songs nimmt. Das Instrumental ‘Celine & Jesse’ wird mit Meer-Geräuschen und Mundharmonika jeden Sommerabend an der nordischen Küste gleich noch etwas passender untermalen, während ‘Juni i Melton Mowbray’ mit dem speziellen norwegisch, Trompete und ausufernden Akkorden eine sehr feierlich entspannte Atmosphäre zaubert. Das längste Stück ‘Død Major’ hat was Soundtrack-mäßiges, Nächtliches. So ganz weit weg ist da ein Jan Garbarek mit seiner Klangkunst nicht, auch wenn irgendwann ein sanft rockiger Beat einsetzt und mit kristallklarem Instrumentarium Audiophile so einiges entdecken könnten. Hier und da etwas Female-Chöre, orchestrale Einschübe, alles im ganz unaufgeregten Habitus.
Wie oben bereits erwähnt wird die Dramatik und partielle Schwermut der persönlichen Bestseller aus Skandinavien sich nicht im Sound des Norwegers wiederfinden lassen, aber die gewisse nordische Melancholie lässt sich zum Glück nicht leugnen und macht das vierte Album des Norwegers zu einer kleinen romantisch, sanften Hintergrund-Platte, die nicht eine Sekunde stört, weh tut, aber auch nicht egal klingt. Sie hat dank der vielen schönen Details was vom eingängigen Pop Sound eines Lloyd Cole, der diese klaren Abläufe auch mit diesem gewissen Hauch von Trübseligkeit verbindet. Schönes Album, das Freunde des skandinavischen Pop, aber auch Soft Progger ansprechen könnte.
Bewertung: 10/15 Punkten
Band Line-Up:
Anders Buaas – Various Guitars
Bendik Brænne – Saxophone
Irene Tillung – Akkordion
Pål Angelskår – Vocals
Kristoffer Kjelling– Bass and Guitar
Sigurd Steinkopf – Drums and Percussion
Thomas Nordvik – Trumpet
Hedda Kaupang – Choir
Terese Vangstad – Choir
Edvard Tronstad – Guitar and Synth
Diskografie(Studioalben):
“Nærmere” (2018)
“I morra kjører du forbi” ( 020)
“Sorry, Tom!” (2022)
Surftipps zu Kristian Kaupang:
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Die Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Apollon Records zur Verfügung gestellt.