The Legendary Pink Dots – So Lonely In Heaven

The Legendary Pink Dots - So Lonely In Heaven (Metropolis, 17.01.2025) COVER(63:22; CD, Digital, Metropolis Records, 17.01.2025)
Ganz, ganz am Anfang habe ich viel über das „Terminal Kaleidoscope“ gesagt, ein Konzept, das den fragilen Planeten, auf dem wir leben, mit einem ertrinkenden Menschen vergleicht, vor dessen Augen das Leben aufblitzt und dessen Bilder sich ständig beschleunigen. Wir schreiben das Jahr 2024, etwas mehr als zwei Jahrzehnte nach der Wende dieses unerträglich turbulenten Jahrhunderts, und das Konzept scheint zu einer unwahrscheinlichen Seifenoper geworden zu sein, in der wir die Besetzung sind. Lasst uns durchhalten …(Edward Ka-Spel, Frontmann).

Mit “So Lonely In Heaven” schaut einer der dienstältesten niederländischen Vertreter in Sachen Avantgarde, Psych und Wave auf den Stand der Welt. Das natürlich eher metaphorisch, hat uns doch jede Dystopie auf die eine oder andere Weise längst Realitäten geschafft. Die Pink Dots sprechen von der Maschine, die alles und jeden verschlingt, jeden sieht, beobachtet, seine Vorlieben speichert und medial bedient bis zum absoluten Overkill, Depressionen und medialen sowie seelischen Burnout.
Sie haben in ihrer seit 1980 bestehenden Historie weit über 40 Alben veröffentlicht, darunter auch unzählige Solowerke und sind einfach in kein Genre zu zwängen. Im Gegenteil, man würde sie sofort unter Tausenden heraushören, dank der wiederkehrenden Schnittstelle, des Dreh-und Angelpunkts, der psychedelisch sanften erzählerischen Vocals von Band-Chef Edward Ka-Spel, um den die Mitstreiter mit allerhand experimenteller Spielfreude ein mal eingängigeres, dann wieder avantgardistischeres Werk schufen. Ich durfte die Band Mitte der Neunziger mit dem wunderschönen Kleinod “Nine Lives To Wonder” kennen und lieben lernen und die Faszination endete bis heute nicht, obwohl nicht jedes Album meine musikalischen Synapsen zu 100 Prozent bediente.

Von schwebend elektronischen Wave-Trips wie dem eingängigen, sehr melancholischen Opener und Titelsong, über schrulligen Kraut-Pop in ‘The Sound Of The Bell’ oder ‘Dr. Bliss’ 25′ bis zum stillen depressiven Jazz/Noir Trip in ‘Sleight Of Hand’ ist die Palette wie immer sehr breit aufgestellt und hat am Ende trotzdem den lieben gelernten Flow. Dazu ist die Atmosphäre und Dramaturgie wie immer dicht inszeniert, fungiert Ka-Spel mit Erzählerstimme, ähnlich eines David Tibet von Current 93. ‘Choose Premium: First Prize’ ist minimal elektronisch, ein paar Loops und Gitarrenakkorde und die ätherischen Vocals visualisieren kosmisch nächtliche Szenarien. Immer mit etwas verqueren Störgeräuschen und Sounds aufgeladen, gerät das Ganze aber nie zu experimentell. Eher ist es die schrullig, skurrile Seite, die schon immer ein Alleinstellungsmerkmal der Holländer war.

‘Cold Comfort’ und das fast siebenminütige ‘Blood Money: Transnational’ sind entschleunigter Wave-Kraut-Pop mit klebrig psychedelischen Vocals, ‘How Many Fingers In The Fog’ minimaler Slow Pop, das siebenminütige ‘Wired High: Too Far To Fall’ hat was von einem tieftraurigen Abgesang auf die Welt, der erneut in Noir getaucht wird. In ‘Pass The Accident’ und vor allem im Rausschmeißer ‘Everything Under The Moon’ fluoreszieren elektronische Loops kosmisch und strange durch die Boxen, Ka-Spel klingt hier richtig schön lebensmüde und verloren – Musik für den einsamen Blick in den schwarzen Äther. Etwas unterschwellig Resignierendes, Schmerzhaftes umtreibt diese neue Rille der Holländer. Eine tiefsitzende Melancholie, ein kleiner Abgesang auf immer mehr schwindende Werte in einer verrückten Welt wie dieser da draußen. Viel Eingängiges, Minimales und Melancholisches. Man lässt die einschlägigen schrägen Elemente weitestgehend unterschwellig agieren. Viele kosmische Sounds lassen das Album nächtlich glühen und ja, es war schön, mal wieder was von den Legendary Pink Dots zu hören.
Bewertung: 12/15 Punkten


Surftipps zu The Legendary Pink Dots:
Homepage
Bandcamp
Facebook
Spotify
Instagram
Wikipedia

Die Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Metropolis Records zur Verfügung gestellt.