(34:24; CD, Digital; InOuïe Distribution/Blood Blast, 17.01.2025)
Ich war ja noch nie auf dem Würzburger Freakshow Artrock Festival. Aber wenn die dort vertretenen Bands allesamt so freaky klingen wie die Pariser Formation Ckraft, die dort im Jahre 2022 aufgetreten ist, dann hat dieses Event seinen Namen mehr als verdient (hat es, d. Schlussred.). Der englische Begriff Freaks kann im Deutschen mit dem unschönen Begriff ‘Krüppel’ übersetzt werden. Besser allerdings trifft die Interpretation als ‘Laune der Natur’ den Nagel im Falle der Franzosen auf den Kopf. Oder vielleicht noch besser, frei ausgedrückt, Launen der Musik – und zwar ausgesprochen wilde Launen, die im Zusammenspiel eine abstoßende, da überfordernde Wirkung haben. Eine Wirkung, die aber trotzdem etwas Reizvolles, Faszinierendes und Anziehendes hat, eben wegen ihrer Andersartigkeit. Womit wir schon bei einer weiteren Deutung des Begriffes Freak angekommen wären. Denn als Freaks werden ja auch Menschen bezeichnet, deren Begeisterung für eine Sache das Normalniveau um Weiten übersteigt. So muss man schon ein echter Freak sein, um sich die Zeit zu nehmen, um zu Ckrafts Musik durchzudringen. Zeit, die es sich jedoch lohnt, zu investieren, denn der musikalische Ansatz der Franzosen ist nicht nur fordernd, sondern auch belohnend. Ckraft verstehen es nämlich, die beiden Elemente ihres Namens eindrucksvoll miteinander zu verbinden: Handwerkskunst (‘craft’) und Stärke (‘Kraft’).
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Passenderweise wurde das Video zu dieser beeindruckenden Nummer in der Kathedrale von Metz aufgenommen.
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Im Stück ‘Misconstruction Of The Universe’ hingegen verwenden Ckraft den gregorianischen Choral ‘Universi Qui Te Expectant’.
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Charles Kieny erklärt seine Faszination für diese Art von Musik wie folgt:
Ich habe mich schon immer für mittelalterliche Architektur und Handwerkskunst interessiert, aber so richtig ins Rabbit Hole gefallen bin ich an der Universität. Ich studierte die Geschichte der alten Musik, und der Dozent zeigte uns einen gregorianischen Choral: ‘Victimae Paschali Laudes’. Es war das erste Mal, dass ich eine echte Melodie aus dem Mittelalter hörte. Ich wusste nicht, dass sie mich jahrelang verfolgen würde. Später belegte ich Kurse für gregorianischen Chorgesang und mittelalterlichen Kontrapunkt und wurde von diesen Themen geradezu besessen.
Und doch ist die Musik von Ckraft am Ende, trotz aller Bezüge zu kirchlicher Musik, vor allem eines: unorthodox. Wahrscheinlich wären Ckraft im Mittelalter, mit solch revolutionären Interpretationen gregorianischer Gesänge, wegen Vorwürfen der Blasphemie noch auf dem Scheiterhaufen gelandet – als Freaks, als musikalische Missbildungen der Natur. Wie gut, dass sich die Zeiten geändert haben.
Bewertung: 12/15 Punkten
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Charles Kieny – synth-accordion
Théo Nguyen Duc Long – saxophone
Antoine Morisot – guitar
Marc Karapetian – bass
William Bur – drums
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Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Oktober Promotion zur Verfügung gestellt.