The Cure – Songs Of A Lost World

The Cure - Songs Of A Lost World (Fiction Records/Polydor, 01.11.2024) COVER
Credit: Andy Vella
(49:19; Vinyl, CD, Boxset (2CD + Blu-ray), MC, Digital; Fiction Records/Polydor, 01.11.2024)
Was? Tool brauchten ganze 13 Jahre für ein neues Album? Robert Smith: “Hold my beer.” Immerhin verbrachten The Cure ganze sechzehn Jahre damit, den Nachfolger des halbgaren Albums “4:13 Dream” auf die Reihe zu bekommen. Pendelte man sich vorher, das heißt ab dem Album “Wish” von 1992, auf einen angenehmen Vierjahresrhythmus ein, so wollte man es dieses Mal wissen. Nicht, dass Robert Smith und seine Düstergesellen in der Zwischenzeit untätig waren – man beging das dreißigste Jubiläum des Meilensteins “Disintegration” standesgemäß an mehreren Abenden im Sydney Opera House und wurde ganz nebenbei in die Rock & Roll Hall Of Fame aufgenommen. Mit neuem Material tat man sich indes schwer. Dieses kommt aber nun endlich mit allem benötigten Trauerflor und tiefschürfenden Atmosphären mit “Songs Of A Lost World”, einem Koloss von einem Album, bei dem sich wahrlich die Geister scheiden.

Fakt ist, dass es wirklich das atmosphärischste Werk seit “Disintegration” ist und mit dem wuchtigen ‘Alone’ einen ebensolchen Einstieg wie einst mit ‘Plainsong’ vorweisen kann. Richtige Songs vom Habitus ‘Love Song’, ‘Lullaby’ sowie Pop-formatiges wie ‘Love Cats’, ‘Friday I’m In Love’ oder ‘Close To Me’ sucht man hier zwar vergeblich – und hin und wieder wirken die dunkelbunten Soundkulissen wie ein langes Intro. Trotzdem oder gerade deshalb sind die acht hier enthaltenen Songs das Beste von The Cure seit ‘Bloodflowers’ vom gleichnamigen Album. Die Keyboards kleistern flächendeckend, der Bass von Simon Gallup dröhnt bis in die Haarspitzen, “Neuzugang” Reeves Gabrels (David Bowie, Tin Machine) steuert das ein oder andere schräg-psychedelische Gitarrensolo bei und Robert Smith leidet und jammert wie noch nie – also die besten Voraussetzungen für eine The-Cure-Platte. Sicher gibt es dezente Auskopplungsversuche wie ‘A Fragile Thing’, das aber auf dem Album besser funktioniert als allein zwischen Charthits. ‘Warsong’, ‘And Nothing Is Forever’ und das mit einer homöopathischen Dosis Popappeal bedachte ‘All I Ever Am’ sind traurige Wohlfühlsongs mit Gänsehautgarantie und ‘Drone:Nodrone’ ein hibbeliger Waverocker, in dem man dann doch ein wenig Positivismus erkennen möchte. ‘I Can’t Never Say Goodbye’ kommt als überaus persönlicher Song in einem aus persönlichen Songs gestalteten Album, wobei der Titel als Statement gesehen werden dürfte. Eine einsam tröpfelnde Pianomelodie vermittelt ein Gefühl von Einsamkeit, das sich in einen Strudel von Hilf- und Ruhelosigkeit hineinsteigert, in dem der Hörer gleichsam gefangen ist. Der ‘Endsong’ indes relativiert alle vorausgegangenen Erkenntnisse. Die Drums poltern hypnotisch; Gitarren, Bass und Keyboards verwischen zu einem Zustand aus Trance und Sich-Fallenlassen, ehe nach langen sechs Minuten dann doch noch der Gesang einsetzt. “Left alone with nothing, the end of every song …, nothing …” skandiert Smith und wir möchten, nach dem letzten einsam verhallenden ‘Nothing’ sagen wollen, dass eben dieses Finale nun der Schwanengesang ist. Das wäre tatsächlich ganz großes Kino … The Cure haben mit “Songs Of A Lost World” dann auch wirklich in weiten Teilen Europas ihr erstes Nummer-1-Album veröffentlicht.
Bewertung: 13/15 Punkten (CA 13, FF 12)


Besetzung:
Simon Gallup – Bass
Jason Cooper – Drums, Percussion
Reeves Gabrels – Guitar
Roger O’Donnell – Keyboards
Robert Smith – Voice, Guitar, 6-String Bass, Keyboards

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Rezensionen:
“Mixed Up” (Deluxe Edition) (2018)

Abbildungen: The Cure