Roedelius – 90

Roedelius - 90 (Grönland, 25.10.2024) COVER(42:45, 45:18, 49:16, 44:36, CD, Vinyl, digital; Eigenproduktion/Grönland Records, 25.10.2024)
Die Rede ist hier von dem deutschen Elektronikpionier Hans-Joachim Roedelius, der den Fan seiner Musik mit einer 4-LP Veröffentlichung beglückt, die mit “90” betitelt ist. Heißt das Album so, da es sich um seine 90. Veröffentlichung handelt (seine diversen Projekte mitgezählt)? Könnte fast hinhauen. Oder ist er etwa tatsächlich schon… Nein, oder? Doch, tatsächlich – das ist sein Album zum 90. Geburtstag!! Und nicht nur das. Er tritt sogar immer noch live auf – bemerkenswert!!

Krautrock-Fans ist der Name selbstverständlich geläufig, hier nur mal eine Stichprobe seines bisherigen Wirkens. Bekannt wurde er durch die Formation Kluster, die er zusammen mit
Conrad Schnitzler
und Dieter Moebius ins Leben rief. Diese veröffentlichten Anfang der 70er die beiden Alben “Klopfzeichen” und “Zwei-Osterei”, anschließend verließ Schnitzler die Band, doch Roedelius und Moebius sollten noch einige Jahre weiter zusammenarbeiten, anfangs noch unter dem Namen Cluster, wo sie von Conny Plank unterstützt wurden. Eine weitere Formation der beiden Künstler war das Trio Harmonia, das durch keinen Geringeren als Gitarrist Michael Rother vervollständigt wurde. Ein weiterer wichtiger Name ist Brian Eno, der mit ihnen offenbar auf einer musikalischen Wellenlänge war und auch Alben mit ihnen zusammen veröffentlichte. Harmonia, Cluster, Kluster – das sind alles Namen, die für eine ungewöhnliche, eigene Ausrichtung des Krautrocks stehen. Der Protagonist ist stets sehr aktiv geblieben, er veröffentlichte sehr viele Alben als Solokünstler, unter anderem seine Selbstportrait-Reihe.

Die Art von Elektronischer Musik, die auf acht Vinylseiten präsentiert wird, besteht eben nicht aus überbordenden halbstündigen Synthesizer-Klangskulpturen, sondern kann auch mal eine reine Klaviernummer oder von einer Orgel bestimmt sein – also niemals Synthesizer-Overkill. Und auch der Ansatz ist ein anderer als beispielsweise in der Berliner Schule, wo es sich oft um ausgesprochen lange Kompositionen handelt – hier sind die Tracks eher kurz und knapp gehalten, was allerdings nicht bedeutet, dass ein gewisser repetitiver Charakter ausgeschlossen wäre. Es sind auch selten Ohrwürmer, die direkt ins Ohr gehen, doch trotzdem können viele Stücke mit einem ganz eigenen Charme überzeugen.

Zum 90. Geburtstag gibt es auch keine Zusammenstellung bereits bekannter Nummern, sondern eine Riesenanzahl bisher nicht veröffentlichter Titel. Die Namensgebung ist so eigenwillig wie die Musik, die Stücke haben Namen wie ‘322 40’, ‘TB13 16 37’, ‘TB34r 13 37’ usw. Der einzige Titel, den der Schreiberling wirklich versteht, ist ‘Moebi speaks’, auf dem – wenig überraschend – Dieter Moebius spricht.

Informationen zu den Stücken liegen nicht vor, es scheinen alles ausschließlich vom Protagonisten eingespielte Titel zu sein, die – so die Vermutung – zu großen Teilen so aus der Zeit zwischen ’75 bis ’85 stammen? Jedenfalls klingt es meist typisch nach Roedelius. Für Fans der entsprechenden Musikausrichtung eine wahre Fundgrube.
Bewertung: 10/15 Punkten


Besetzung:
Hans-Joachim Roedelius – composer / performer

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Abbildungen: Roedelius