(44:14; CD, Digital; Eigenveröffentlichung; 30.09.2024)
Ein sehr gutes Beispiel dafür, wie nach einem langen, erfolgreichen Arbeitsleben das Rentnerdasein sinnvoll gestaltet werden kann, zeigt eindrucksvoll der Australier John Greenwood. Bis zum Ruhestand noch als studierter plastischer Chirurg sowie Spezialist für Verbrennungen und ebenso als Direktor des Adult Burn Centre des Royal Adelaide Hospital tätig, ist Musik nun seine nächste Berufung. Bloßes Herumsitzen ist dann auch keine ernsthafte Option für ihn. Als etatmäßiger Lead Gitarrist bei der australischen Progressive Rock Formation Unitopia und Teil des beeindruckenden Autorenteams, das für das Album “Seven Chambers” verantwortlich war, kümmert er sich zudem mit viel Engagement um sein Soloprojekt. Nach dem 2023 erschienenen Debütalbum “Dark Blue”, welches von den Kritikern mit viel Anerkennung und Lob bedacht wurde, folgte im Herbst 2024 mit “The Boy” sein zweites Werk, ein semi-autobiographisches Konzeptalbum. Dass John Greenwood ein guter Komponist und talentierter Musiker ist, hat sich in der Musikszene schnell herumgesprochen. Die Erwartungshaltung ist daher entsprechend hoch und wird durch seine ihn begleitenden, namhaften Gastmusiker noch zusätzlich geschürt. Namen wie Simon Philipps, Steve Unruh, Don Schiff und Sean Timms sowie eine exzellente Streicherbesetzung lassen da erst gar keine Zweifel aufkommen.
Verantwortlich für Musik, Story und Texte ist John Greenwood. Ergänzende Unterstützung erhielt er von seiner Ehefrau Helen Greenwood und Andrew Fanning. “The Boy” erzählt die Geschichte eines Jungen, der sich mit den Sehnsüchten und Träumen des Lebens auseinandersetzt. Im Mittelpunkt stehen dabei der Klimawandel und die damit verbundenen Auswirkungen auf den landwirtschaftlichen Familienbetrieb sowie die daraus resultierende Erwartungshaltung der Eltern an den jungen Heranwachsenden, will dieser doch lieber Astronaut werden. Greenwood erzählt diese Konfliktsituation aus Sicht des jungen Mannes und verpackt seine Gedanken in ein orchestrales Werk. Als ideale Besetzung erweist sich dabei Mark Addy (bekannt durch den britischen Film “The Full Monty” und die amerikanische Fernsehserie “Game of Thrones”), der als Narrator im Stile von Jeff Waynes “War of the Worlds” oder Rick Wakemans “Journey to the Centre of the Earth” die Geschichte begleitet. Seine entspannte Stimme verleiht dem 44 minütigen Longtrack und einzigen Titel des Albums eine besondere Atmosphäre.
‘The Boy’ ist in sechs Sätze unterteilt, die jeweils die unterschiedlichen Lebensabschnitte und Träume des Jungen widerspiegeln. Obwohl die orchestralen, klassisch orientierten Elemente das Album hörbar bestimmen, gelingt es Greenwood dennoch, andere Musikstile nahtlos mit einzubinden. Dabei erhalten die Kompositionen einen eingängigen, aber auch gleichzeitig fesselnden Charakter. Besonders Fans von stimmungsvoller und ausdrucksstarker Gitarrenarbeit, bezaubernden Vocals und einer üppigen Orchestrierung dürften an dieser Darbietung Gefallen finden, erinnert doch so einiges auch an alte Moody Blues und Alan Parsons Zeiten. Was bereits für “Dark Blue” galt, lässt sich zumindest etwas reduziert auch auf „The Boy“ übertragen, so kann man das aktuelle Album durchaus als ein Familienprojekt bezeichnen. So übernimmt John Greenwoods Tochter Emma Bartsch erneut die weiblichen Lead Vocals, während Sohn Sam sich am Grand Piano empfehlen kann. Man darf gespannt sein, welche musikalischen Überraschungen John Greenwood in seiner neuen Lebensphase noch so auf Lager hat.
Das Konzeptalbum ist entweder digital oder mit hübschem Cover-Artwork und mehrseitigem Booklet als CD im Jewel-Case über bandcamp erhältlich.
Zum Ende des Jahres hat John Greenwood mit “The Boy” nachgelegt und ein sehr hörenswertes symphonisches Album veröffentlicht. Eine Hörprobe sollte Pflicht sein.
Bewertung: 12/15 Punkten
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Songs / Tracking List:
The Boy (44:14)
I. The Idea of Space
II. A Brave New World
III. Leaving
IV. Some Days
V. The Broken Heart of the Great Machine
VI. Coming Home
Total Time 44:14
Line-up / Musicians:
– John Greenwood (Unitopia) / Lead vocal (The Boy), Backing Vocals, 6 String Nylon-String Acoustic Guitar, 6-String Steel-String Acoustic Guitar, 12 String Steel-String Acoustic Guitar, 6 und 12 String Electric Guitars, Keyboards, Prog. Orchestration, Lyrics, Compositions
mit:
– Emma Bartsch / Lead Vocal (The Girl (II) & The Mother (IV)), Backing Vocals
– Sam Greenwood / Grand Piano (V)
– Don Schiff (u.a. Rocket Scientists) / NS Stick
– Sean Timms (Unitopia, Damanek, Southern Empire) / Keyboards, Organ, Piano, Sequencers, Prog. Percussion, Orchestral Finessing
– Steve Unruh (Unitopia, The Samurai Of Prog, Resistor) / Violin (VI), Flute (VI)
– Simon Phillips (u.a. Toto, Ph.D., Protocol) / Tama Drums
– Carolyn Lam / Violin
– Louise Beaston / Violin
– Ivan Skawronski / Violin
– Mae Napier / Violin
– Asha Stephenson / Viola
– Rachel Hicks / Viola
– Jacqueline Finlay / Cello
– Louisa Giacomini / Cello
– Linda Pirie / Flute (I-V)
– Jo Bridgman / Oboe, Cor Anglais
– Mark Addy / Narration
– Helen Greenwood / Lyrics
– Andrew Fanning / Lyrics
– Sean Timms / Mixing und Mastering
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Abbildungen mit freundlicher Genehmigung: John Greenwood