Hier geht es nur zum Teil um Musik, aber umso mehr um Kultur. Um Lebensqualität. Um Ungerechtigkeit.
Meine Lieblingskneipe seit 18 Jahren in Bonn, das “Limes” (lat.: Grenze), hat Weihnachten schließen müssen. Wie sehr zum K…en das ist, wissen sogar weitgereiste Freunde wie Betreuer Martin, weil er und seine wunderbare Nadine auch schon mit an diesem magischen Ort waren:
Urige Punkkneipe (Eigenbezeichnung: “Bierschuppen”), Wirt mit (manchmal fast zu viel) Herz und Verstand und einem unglaublich tollen Händchen bei der Auswahl von Thekenfachkräften. Hier traf man auch ohne sich verabreden zu müssen zuverlässig auf mindestens ein freundliches Gesicht – meist deutlich mehr. Es wurde viel und gerne gespielt. Wie man bei der uterusfarbenen “Ausleuchtung” dort zocken konnte, habe ich nie zwar ehrlich gesagt nie ganz verstanden. Aber man konnte. Dazu eine ausgezeichnete Bierkarte, viel belgischer Edelstoff. Aber kein Laden für überteuerte Hipster-Craftbeer-Brühe.
Konzerte so viel wie die Nachbarschaft eben zuließ: Punk, Metal. Der einzige mir bekannte Ort im Rheinland, zu dem man an Karneval ohne Gefahr für Menschenwürde und Ohren ausgehen konnte. Hier habe ich Sober Truth kennengelernt, verdammich’!
Außerdem war das Limes die Heimat der für die hiesige Literatur-Nachwuchsszene enorm wichtigen “Lesebühne“.
(Naja, und meinereiner hat da auch jahrelang Beer Tastings geplant und moderiert).
Passend zum Fest der Liebe musste besagter Wirt, der übrigens auch Martin heißt, nun raus, weil er sich in jahrelangem Hin und Her nicht mit dem Vermieter über die Pacht geeinigt bekam. Martin wäre wirklich Kompromisse eingegangen, zumal die Lage ideal ist (zwischen City und Altstadt, Bahnhofsnähe). Aber nixen: Das Ende allen Verhandelns und aller Vorschläge war ein buchstäblich inakzeptables Pseudo-Angebot, das auch die Übernahme sämtlicher – nennenswerter – Sanierungskosten für den abgerockten Schuppen seitens des Mieters eingeschlossen hätte.
Damit ist es so gut wie sicher, dass dieser wahre Multi-Kulturtempel Bonns einfach mal so und dauerhaft verloren geht. Upsi, ab sofort gibt es in diesem Viertel nur noch Dönerbuden, Frisöre, ein Kino und den Mäckes. Das ist Gentrifizierung à la Bonn. Wo man “zu viel” Lebhaftigkeit und vor allem Geräusch ja schon immer gern im Keim erstickt hat.
Die Stadt (unsere grüne Oberbürgermeisterin kickerte dem Vernehmen nach gerne im Limes) ist offiziell entsetzt, hat aber “keine Handhabe”. Es ist bestürzend, dass Wohneigentum in Deutschland mit keinerlei irgendwie gearteter Verantwortung gekoppelt ist.
Soweit die grausige Fama. Wahrlich kein Weihnachtsmärchen.
Doch noch besteht schwache Hoffnung. Wenn jemand von einer tauglichen Immobilie in z. B. Altstadt, City oder Südstadt weiß, möge er sich bei uns melden, wir stellen sehr gerne und unkompliziert den Kontakt zu Martin her.
Abbildungen: Limes/Autor