VOLA haben mit ihrem vierten Studioalbum eine Sammlung von Liedern erschaffen, die schon ab den ersten Takten den eindeutig identifizierbaren Stempel der Band trägt. So lebt auch “Friend Of A Phantom” von dem Zusammenspiel aus progressiven Songstrukturen, bretternden Riffs mit Klangfarben aus Djent und Industrial, modernen elektronischen Sounds, verspielter Rhythmik und wundervollen Gesangsmelodien. Und doch unterscheidet sich “Friend Of A Phantom” klar und deutlich von seinen Vorgängern, denn mit solch einer stark melancholischen Grundstimmung war das dänisch-schwedische Quartett zuvor noch nicht in Erscheinung getreten. Schlagzeuger Adam Janzi hierzu:
We have had the time to internalise “Witness” and let its aftermath sink in, which has shaped how we approached “Friend Of A Phantom”. Our personal tastes have changed, the way we approach our instruments and songwriting has changed, our lives have changed, time has passed, and adventures have been had. Whatever piece of melancholy that “Witness” had, has just grown and become a central part of this new album. I feel that VOLA has grown and reached a new moment in its life, maturing.
Gleichzeitig sind die Stücke auf “Friend Of A Phantom” aber auch deutlich songorientierter als die, die auf den Vorgängern zu finden waren, was zu spannenden Kontrasten führt.
Gleich der Opener ‘Cannibal’ – mit nur gut fünf Minuten Spielzeit übrigens eines der längsten Stücke der Platte – macht deutlich, dass die Skandinavier an das hohe Niveau des 2021er Vorgängers “Witness” anschließen können: Harte Riffs, spannendes Drumming, verspielte Synthies und ein Chorus mit ganz viel Melodie, vorgetragen mit der alles überstrahlenden Stimme von Frontmann Asger Mygind, die von kraftvollen Schreien des In-Flames-Sängers Anders Fridén überraschend gut kontrastiert wird. Ein Gastauftritt, der so ganz anders geartet ist als jener des Hip-Hop-Duos Shamen bei ‘These Black Claws’. Wenn das mal kein Einstand nach Maß ist!
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Die Single ‘Break My Lying Tongue’ ist wohl eines der eingängigsten Stücke dieser Sammlung, gleichzeitig aber auch eines der gewöhnungsbedürftigsten. Denn die fiependen, an pfeifenden Zugwind erinnernden Synthies durchziehen den dichten Prog-Metal, der in diesem Track zu hören ist, und dürften so manchem Hörer gehörig auf den Sack gehen. Und selbst wenn diese in den ruhigen Momenten auch einmal wegfallen, so treten an ihre Stelle synthetische, pulsierende Bässe. Gewöhnungsbedürftig, wie schon erwähnt, gleichzeitig aber auch mit hohem Suchtfaktor.
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‘We Will Not Disband’ fängt balladesk an und hat auch in seinem weiteren Verlauf eine hypnotisch-ätherische Grundstimmung, zu welcher das druckvolle Bassspiel von Nicolai Mogensen und die himmlischen Synthies von Martin Werner nicht unerheblich beitragen – was den eingangs erwähnten, erhöhten Melancholiefaktor der Platte deutlich zur Geltung bringt.
Das sehr reduziert instrumentierte ‘Glass Mannequin’ hingegen ist das ruhigste Stück der Platte. Es beginnt mit einer wunderschönen Melodie, zu der sich der sanfte Gesang von Asger Mygind dazugesellt. Ansonsten herrscht hier Atmosphäre pur. Ein sanfter Rhythmus perlt erst langsam hervor, während die Atmosphäre immer dichter und vielschichtiger wird. Metal oder Prog gibt es hier keinen zu hören.
‘Bleed Out’ durchbricht im Anschluss dieses ruhige Ambiente, indem es mit seltsam verfremdeten Vocals und Electronica eine wahrlich bedrückende Stimmung aufbaut. Fast könnte man annehmen, dieses Stück würde sich in Richtung EBM entwickeln, was allerdings nicht der Fall ist. Stattdessen gibt es den typischen Synthie-Prog-Metal VOLAscher Spielart zu hören, der in diesem Falle mit harten Djent-Sounds und eingestreuten Growls sogar äußerst deftig ausfällt. Für den Betreuer das absolute Glanzlicht der Platte.
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‘Paper Wolf’ ist ein Stück, das vielen schon bekannt sein dürfte, da es bereits im August 2023 als erste Single des Albums erschienen war. Eine gute Wahl, da das Stück in seiner Vielfalt und seinen Kontrasten sehr stellvertretend für das Album steht. ♫Wiu-Wiu♫-Effekte, die an Schallplatten-Scratching erinnern, sanfter Gesang mit bittersüßen, vor Melancholie triefenden Melodien, und dazu ein fettes Djent-Brett, das richtig reinknallt.
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‘I Don’t Know How We Got Here’ wirkt da im direkten Anschluss schon fast einfältig mit seiner Süße und Zartheit, wären da nicht das nervöse Schlagzeugspiel sowie das atmosphärisch dichte Ende des Stückes.
‘Hollow Kid’ hingegen beginnt wie ein typischer Djent-Song mit einem ultraharten Riff, und Synthies, die weniger dominant sind als üblich bei VOLA. Und dann der verzerrte Gesang… Eigentlich könnte dieses Stück auch von einer anderen Band stammen, zumindest bis zu dem Moment, als der von tollen Sythies begleitete Chorus das erste Mal einsetzt. So geht es dann stilistisch weiter hin und her, unter Hinzunahme von Growls, bevor das Stück am Ende immer dichter und progressiver wird.
Ich wollte ein Frankenstein-Riff schaffen, das die Essenz von Metallicas ‘Enter Sandman’ mit der tiefen Stimmung und den Polyrhythmen von Meshuggah verbindet. Das Ergebnis war das Intro-Riff des Songs, das auch den Rest des Stücks inspiriert hat.
… so Bassist Nicolai Mogensen.
Den Abschluss bildet mit dem gut fünfminütigen ‘Tray’ schließlich einer der Longtracks der Platte. Breite Synthie-Flächen bilden das Fundament dieses Stückes, das sanft beginnt, sich langsam steigert und fast unmerklich immer weiter verdichtet wird, allerdings ohne den ganz großen Knall am Ende, sondern mit einem melancholischen Nachspiel – was auch irgendwie passend für diese Platte ist.
Festzuhalten bleibt also, dass VOLA sich mit ‘Friend Of A Phantom’ treu geblieben sind, ohne sich dabei selbst zu kopieren. Mit den neuen, kürzeren Stücken ist man noch zugänglicher geworden, ohne dass Progressivität und Anspruch darunter leiden mussten. Positiv ins Auge sticht auch der noch gravierender gewordene Kontrast zwischen Melancholie und Härte. Qualitativ besteht also kein Rückschritt gegenüber “Witness”. Stilistisch ist die Platte für den Betreuer dann aber doch einen Ticken weniger ansprechend als das Vorgängeralbum.
Bewertung: 12/15 Punkten
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Besetzung:
Martin Werner (Keyboards)
Nicolai Mogensen (Bass)
Asger Mygind (Gitarre und Gesang)
Adam Janzi (Schlagzeug)
Gastmusiker:
Anders Fridén (Gesang – track 1)
Surftipps zu VOLA:
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Rezensionen:
“Witness” (2021)
“Applause Of A Distant Crowd” (2018)
“Inmazes” (2016)
Konzert- und Festivalberichte:
08.07.17, Bonn, Rheinauen
07.03.2019, München, Backstage
Abbildungen: Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Netinfect zur Verfügung gestellt.