(49:02; Vinyl, CD, Digital; Season Of Mist, 15.11.2024)
Schon in seinen Anfängen war Tamás Kátai, alleiniges Mastermind hinter Thy Catafalque, mit jedem neuen Album dabei, die Grenzen des extremen Schwermetalls auszuloten und zu verschieben – so sehr, dass ihm irgendwann die Schublade “Avantgarde Metal” frei geräumt wurde, in der er es sich nun auch mit seinem zwölften Album “XII: A gyönyörű álmok ezután jönnek” gemütlich machen kann.
Und so sehr sich Kátai auch kreativ austobt, hat er gleichzeitig dafür gesorgt, dass man trotz allem bei jeder der durchweg hochkarätigen Veröffentlichungen sofort heraushört, dass es sich um Thy Catafalque handelt. Der Wiedererkennungswert ist also immer noch vorhanden. Auch lebt die Musik der Band immer noch von den Einflüssen internationaler wie nationaler Gastmusiker, wobei Tamás auf “XII: A gyönyörű álmok ezután jönnek”, was frei übersetzt so etwas wie “Als nächstes kommen die glückseligen Träume” bedeutet, diesmal eine rekordverdächtig lange Liste an Gastmusikern zusammengetragen hat.
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Einige davon stammen aus der ungarischen Metalszene, wie zum Beispiel Martina Veronika Horváth und Gábor Dudás. Aus Großbritannien ist Jo Quail mit ihrem E-Cello beteiligt, welches schon die ein oder andere Aufnahme diverser anderer (Prog- und Metal-) Bands veredelt hat, und aus Spanien ist Edu Giró mit traditionellen Folkinstrumenten (Oud, Bouzouki, Baglama) dabei, was auch den Sound bzw. die Musik von Thy Catafalque gut beschreibt: folklastiger und sehr abwechslungsreicher, progressiver Metal auf einem Black-Metal-Fundament.
Der Vorgänger “Alföld” war schwer, düster und heftig, beinahe schon simpel. Im Vergleich erblüht nach dem Genuss von “XII: A gyönyörű álmok ezután jönnek” sozusagen ein sanftes Pflänzchen Hoffnung, wie es auch das Coverartwork anscheinend vermitteln möchte. Wobei das Thema des Albums einmal mehr eben nicht unter dem Motto “Alles wird gut!” steht, sondern sich mit der ungarischen Geschichte der Arbeiterklasse beschäftigt. Der Song ‘Vasgyár’ beispielsweise ist nicht nur eine entzückende Black-Metal-Eruption, sondern handelt von einem Eisenwerk in Ungarn, das in Kátais Kindheit wohl eine besondere Rolle spielte.
Der Opener ‘Piros Kocsi, Fekete Éj’ war einer der vielen Singleauskopplungen und wird wie gewohnt in Ungarisch gesungen. “Die Zeit rattert wie auf Schienen”, singt Attila Bakos, der übrigens auch auf dem Meisterwerk und mittlerweile Klassiker des Genres “Rengeteg” gesungen hat. ‘Mindenevő’ ist furios, präsentiert lupenreinen Black Metal mit starken Riffs und schnellen Drums, schwenkt dann wieder um in einen an The Ruins Of Beverast erinnernden Synthie-Part und wird urplötzlich sogar zu einer Art Kammerspiel. Bei ‘Világnak Világa’ steht das sehr direkte, aber (leider) programmierte Schlagzeug im Vordergrund, wobei sich der Song in der Mitte schon wieder um 180 Grad dreht. Erst war es Black Metal, dann ist es Folk. Diese Wendungen und die ganzen Überraschungen, einen roten Faden zu behalten, ohne Chaos zu stiften, sind allerdings auch die Stärken der Band.
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‘Lydiahoz’ klingt folkig, traditionell und ist eigentlich auch ein Cover des Sebő Ensembles, einer ungarischen Folkband. Gábor Dudás singt im Duett mit Martina Veronika Horváth, deren Band The Answer Lies In The Black Void Anfang 2024 mit Thy Catafalque durch Europa tourte. ‘Vakond’ ist wohl die einzige echte Herausforderung auf dem Album, denn zuerst erklingt schlimme C64-Musik, die ab der zweiten Hälfte aber doch noch zu einem vernünftigen, aber sehr elektronischen Ende führt. ‘Ködkrály’ hat einen angenehmen Wave-/Gothic-Touch, wird wunderschön von Ivett Dudás gesungen und schwenkt in der zweiten Hälfte mit einem wahnsinnigen Riffbrett um, in Black Metal inklusive Gekrächze.
Das Titelstück ‘A Gyönyörű Álmok Ezután Jönnek’ war eine der ersten Singleauskopplungen, erinnert bei der Eröffnung an eine Hommage an die mächtigen Héroes del Silencio, bleibt aber ansonsten eine eher durchschnittliche Hit-Single. Übrigens ist auf der Promo-Version des Albums eine Bonus-Version enthalten, die durchaus erwähnenswert ist: Bei ‘Babylon’ handelt es sich nämlich um eine Coverversion des Omega-Songs von 1987.
Thy Catafalque haben einmal mehr ein kurzweiliges und mitreißendes Potpourri aus Folk, Black und Prog Metal hervorgebracht. Wenn das ein Merkmal für Avant sein soll, dann ist es auch Avant Metal. Ansonsten ist die Kreativität und der Ideenreichtum von Tamás Kátai nach wie vor beeindruckend.
Bewertung: 13/15 Punkten
Besetzung:
Tamás Kátai – guitar, bass, vocals, keyboards, programming
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Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Oktober Promotion zur Verfügung gestellt.