ARGOS – Im Gespräch mit Ulf, Thomas, Robert

Nachdem ihr aktuelles Album “Halfway Between Heaven And Mirth” teils herausragende Kritiken bekommen hat, war es an der Zeit, die Band näher kennenzulernen. Drummer/Sänger Ulf Jacobs, Keyboarder/Sänger Robert Gozon und Bassist/Sänger Thomas Klarmann standen gerne Rede und Antwort.

Ihr seid als Band eher selten in einem Raum, da ihr ziemlich weit auseinander wohnt. Ulf lebt in Greifswald, Thomas und Robert im Raum Mainz, und euer Gitarrist Ákos gar in Rumänien – da trifft man sich nicht mal eben so. Wie organisiert ihr euch, wann gab es zum Beispiel den Startschuss für das neue Album?
Ulf: Wir haben immer schon neue Ideen, bevor das bereits fertige Album herauskommt. Thomas ist da kaum zu bremsen. Aber auch von Robert gibt es relativ schnell neue Songs.
Robert: Bisher haben wir meist alle drei Jahre ein Album herausgebracht, früher auch alle zwei Jahre. Ich denke, die Ideen gehen uns nicht so schnell aus.

Wie entsteht bei euch ein Album denn generell? Hat jeder für sich seine Ideen gesammelt und irgendwann sagt irgendjemand “lasst uns mal ein neues Album angehen”?
Robert: Nach jedem Album gibt es immer diesen Moment, stolz darauf zu sein, etwas erschaffen zu haben und dann erstmal durchzuatmen, bevor wir wieder an Neues gehen können. Wobei es immer wieder vorkommt, dass auch Ideen, die schon ein paar Jahre alt sind, wieder aktiviert werden, was auch Spaß machen kann. Der kreative Prozess ist ja kaum wirklich vorhersehbar und manchmal geht es ganz schnell. Dann wieder kommt es vor, dass wir länger an etwas arbeiten, vor allem beim Arrangement. Ich selbst bin eher ungeduldig und froh, so tolle Mitmusiker zu haben, denn meine Songs sind zu Beginn tatsächlich immer erst relativ einfach gehaltene Demos.

Erschwerend kommt dann ja auch noch hinzu, dass ihr auch in anderen Bands spielt – könnt ihr die auch kurz vorstellen?
Ulf: Ich bin bei den Berlinern Mutabor, eine Band im Ska-, Punk-, Worldmusic-Bereich. Also was ganz anderes eigentlich. Hier gibt es viele Fans und mehrere Alben und der Spaßfaktor ist besonders hoch, vor allem live.
Thomas: Robert und ich spielen in der Band Blame It On Rob. Eine Coverband, in der wir von Joni Mitchell über Steely Dan bis hin zu Sting, Tom Petty oder den Beatles Coverversionen live aufführen, die der Schnittmenge aus den Geschmäckern der einzelnen Bandmitglieder gerecht werden.

Es ist nicht ganz so einfach, euch in eine Schublade zu stecken. Sicherlich macht aber der Begriff Canterbury in Zusammenhang mit Argos Sinn. Ist das ein gemeinsamer Nenner bei den musikalischen Vorlieben aller Bandmitglieder?
Ulf: Das kann man durchaus so sagen. Dieses positive, beschwingte, witzige und vor allem durchaus jazzige Feeling gefällt mir da besonders.
Thomas: Kann Ulf nur zustimmen. Ich komponiere oft Songs, die jazzige Chords mit poppigen Melodien verknüpfen. Als Bassist habe ich lange Jahre in instrumentalen Fusionbands gespielt und dabei eine Vorliebe für eher jazzig, funkige Grooves entwickelt. Mit Ulf am Schlagzeug habe ich da bei ARGOS den Traumpartner am Schlagzeug gefunden.
Robert: Canterbury ist eine ganz interessante Schublade, da es sich ja um eine Nische handelt, eine weniger bekannte Richtung innerhalb des Prog. Das finde ich schon interessant, wobei ich vorher tatsächlich viel klassischen Prog gehört habe und gerne Beatles oder auch Pink Floyd als Einflüsse nennen möchte. Besonders aber Peter Hammill und Van der Graaf Generator.

Bei ProgArchives seid ihr als Neo Prog aufgeführt. Passt das?
Ulf: Diese Elemente sind sicher vorhanden, aber vorrangig klingen wir doch sehr 70er. Retro Prog würde es eher treffen.
Thomas: Nöööö, passt nicht. Es mag vielleicht einige bombastische Momente in verschiedenen ARGOS-Songs geben, die als Neo Prog durchgehen, aber Einflüsse der Progbands aus den Siebzigern und aus den Stilrichtungen Pop, Jazz und Folk sind da viel prägender für unsere Musik.
Robert: Neo Prog ist ja ganz okay, keine Frage, aber dafür sind wir zu breit aufgestellt. Das haben ja Ulf und Thomas schon klargestellt.

Wen würdet ihr denn als Hauptinspirationsquellen nennen?
Ulf: Für mich ganz klar Genesis (und die Soloplatten aus der Zeit, inclusive Ant Phillips) in ihrer romantischsten Phase (’75 bis ’80).
Thomas: Siehe oben. Meine musikalischen Einflüsse sind u.a.: Caravan, Hatfield And The North, Gentle Giant, Happy The Man, aber auch neue skandinavische Bands wie Elephant9, Jaga Jazzist oder Rymden. Unsere gemeinsame große Schnittmenge bilden aber die frühen Genesis, Van der Graaf, Yes und die späten Beatles, würde ich sagen.
Robert: Aus dem Nicht-Prog-Bereich möchte ich noch Steely Dan nennen. Fantastische Band, auch textlich sehr interessant.

Wie ist es dazu gekommen, dass Ákos euer Gitarrist geworden ist? Das ist ja zunächst einmal nicht unbedingt eine im wahrsten Sinne naheliegende Lösung. Welchen Einfluss nimmt er auf eure Musik?
Ulf: Ákos hat auf meinen zwei letzten Yacobs–Soloplatten Gitarre gespielt. Da lag es einfach nahe, ihn zu fragen. Er spielt unglaublich vielseitig, kann irgendwie alle Stile. Er hat, seitdem er dabei ist, großen Einfluss. ARGOS klingen mit Ákos tatsächlich noch interessanter und vielseitiger.

Ihr habt ja viele Möglichkeiten in Sachen Gesang, da hierzu jeder beitragen kann – nun auch der Gitarrist, den ich allerdings auf diesem Album kaum heraushören kann. Ist bei den Kompositionen von vorneherein klar, wer den Lead-Gesang übernimmt oder habt ihr im Laufe des Kompositionsprozesses diesen Part auch schon mal gewechselt?
Thomas: Ákos hat bei unseren beiden letzten Alben sehr viel Backgroundgesang übernommen. Er hat ein sehr gutes Gespür für Gesangsharmonien und viele unserer Stücke haben davon sehr profitiert. Roberts Songs sind eigentlich immer auf seinen Gesang zugeschnitten und bei mir und Ulf trifft das oft auch so zu. Aber z. B. beim Longtrack ‘Daedalus Machines’, für den ich den Großteil der Musik geschrieben habe, passten Roberts und Ulfs Stimmen einfach besser. Und auch bei Ulfs Stück ‘Fontanellis Dream’ hat Robert eine ganz markante Gesangsmelodie entwickelt, die optimal zu seiner Art zu singen passt. Tja, und vielleicht singt Ákos ja auf dem nächsten ARGOS-Album auch mal die Leadstimme bei einem Song. Mal schauen.
Robert: Ich denke, dass es vorteilhaft ist, dass wir mehr als einen Sänger haben. Da Thomas etwas sanfter und intimer klingt, passt seine Stimme zu ein paar Sachen besser. Ich kann dafür, wenn erforderlich, etwas mehr Biss einbringen, und das macht mir auch Spaß! Ulf ist ja schon seit Jahren auf seinen Soloalben gesanglich aktiv, und ich bin froh, dass er beim Longtrack einen großen Auftritt hat.

Wenn ihr euer aktuelles Album mit eurem Debütalbum vergleicht, das ja nun auch schon mittlerweile 15 Jahre alt ist, was sind die wesentlichen Unterschiede aus eurer Sicht?
Thomas: Bessere Produktionsmöglichkeiten und besseres technisches Know How. Wir haben außerdem mit Marek Arnold einen fantastischen Musiker und Produzenten kennen und menschlich schätzen gelernt, der uns beim aktuellen Album auch mixtechnisch sehr unterstützt hat. Ein wahrer Glücksfall für uns. Marek, Du bist der Beste! 😊

Apropos Canterbury: Könnt ihr feststellen, inwieweit eure Musik in England gefragt ist? Und wie sieht es überhaupt mit den Verkaufszahlen in Deutschland und im Ausland aus? Gibt es ARGOS-Fanhochburgen?
Ulf: Durch das Label Bad Elephant Music sind viele Briten auf uns aufmerksam geworden. Sie mögen uns dort sehr, weil wir selbst so britisch klingen. Allerdings ist unser neues Album erstaunlicherweise in Deutschland am besten gelaufen – bislang. Und das ist tatsächlich neu.

Was angesichts der eingangs erwähnten logistischen Problematik natürlich ein schwieriges Thema ist: Live-Auftritte von ARGOS. Ist dies im nächsten Jahr vielleicht möglich? Völlig ausgeschlossen ist dies ja anscheinend nicht, denn ihr seid durchaus schon live aufgetreten. Damals übrigens noch mit dem zweiten Keyboarder Thilo. Wäre dies wieder eine Option?
Ulf: Live zu spielen ist immer eine Option. Wir zahlen nur ungern drauf. Allerdings könnte es schon nochmal sein, dass wir auf irgendeinem Festival möglicherweise doch noch einmal spielen.

Als Gäste treten Andy Tillison und Marek Arnold auf. Wie sind diese Kontakte zu Stande gekommen? Auf einem Titel wird Tillison sogar als Mitkomponist geführt – wie ist das abgelaufen?
Thomas: Andy Tillison hat unser Album “Cruel Symmetry” durch einen Bekannten kennengelernt und war sehr angetan. Dadurch ergab sich der erste Kontakt. Netterweise hat er auch sofort zugestimmt, als ich ihn fragte, ob er als Gastmusiker bei ARGOS mitwirken wolle. Seitdem haben wir öfter auch mal telefonischen Kontakt und plaudern über alles Mögliche, auch nicht musikbezogene Themen miteinander. Beim Titel ‘Marshmallow Moon’, dem ersten Stück auf dem aktuellen Album, hat Andy am Ende noch ein paar dramatische Akkorde hinzugefügt, die seinem Keyboardpart noch mal sehr viel mehr Strahlkraft verliehen haben. Deswegen auch die berechtigten Songkredits.
Marek kennen wir persönlich, seit wir ihn auf dem Summer’s End Festival in Wales getroffen haben, wo wir damals mit ARGOS und Marek mit United Progressive Fraternity aufgetreten sind. Durch unsere zweitägige Mixsession im März dieses Jahres bei ihm im Studio hat sich die Freundschaft dann nochmal vertieft. Es passt einfach menschlich zwischen uns.

Wie ist denn das Feedback zu eurem aktuellen Album?
Robert: Positiv, wobei von den Leuten als Highlights immer unterschiedliche Songs genannt werden. Geht für mich völlig in Ordnung, denn das Material ist ziemlich vielschichtig. Da fühlen sich die Hörer unterschiedlich angesprochen. ‘Daedalus Machines’, der Longtrack, kommt gut an, aber auch Songs wie ‘Fontanelli’s Dream’, wofür Ulf vor allem die Musik geschrieben hat und ‘Make Me Smile’ von Thomas.

Ihr habt eure Alben u.a. bei Musea, PPR und Bad Elephant Music veröffentlicht, doch seit dem Vorgänger “The Other Life” macht ihr das nun in Eigenregie. Ist das aus eurer Sicht jetzt der beste Weg für euch?
Ulf: Heutzutage ist sicher jeder Weg ein schwieriger, es gibt auch immer Vor- und Nachteile. Durch die Eigenregie haben wir deutlich mehr Arbeit damit (die macht vor allem unser Freund Ole Arnold Schneider für uns, er kümmert sich um Bandcamp und Vertriebe, wie Just for Kicks zum Beispiel). Dafür aber bleiben alle Einnahmen ausschließlich bei uns und wir können sicherer planen, für weitere Alben zum Beispiel.

Vielen Dank für eure rasend schnell eingetroffenen Antworten!

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