(1:46:17; Vinyl (2 LP), CD, Digital; Concord Records/Universal, 25.10.2024)
Tears For Fears gehören zu den ganz großen Bands der 80er-Jahre. Nach den Erfolgsalben “The Hurting” und “Songs From The Big Chair” und den darauf enthaltenen Welthits wie ‘Mad World’, ‘Everybody Wants To Rule The World’ und ‘Shout’ erreichten die Briten mit “The Seeds Of Love” den Zenit ihres Erfolges. Mit diesem dritten Album vollzogen Roland Orzabal und Curt Smith zudem endgültig den Schritt in Richtung Art Pop, dessen Produktion und Klang echte Maßstäbe setzte.
Anfang der 90er trennten sich die Wege des Duos, sodass zwei Alben ohne Beteiligung von Smith folgten. Nach der Veröffentlichung ihres 2004 erschienenen Reunion-Albums “Everybody Loves A Happy Ending” wurde es – abgesehen von sporadischen Touren – für lange Zeit wieder still um die Band, bis dann 2022 mit “The Tipping Point” endlich ein neues Album des Duos erschien.
Obwohl sie seit 1981 im Geschäft sind, fehlte es bis zuletzt an einem offiziellen Live-Album von Tears For Fears – ein Mangel, der im 44. Jahr des Bestehens nun endlich mit “Songs For A Nervous Planet” behoben wurde, einer Live-Platte, die zeitgleich mit dem Konzertfilm “Tears For Fears Live (A Tipping Point Film)” erschienen ist und derzeit in verschiedenen Kinos zu sehen ist.
Auf “Songs For A Nervous Planet” gibt es dabei nicht nur einen kompletten Mitschnitt ihres Auftritts am 11. Juli 2023 im FirstBank Amphitheater in Franklin, Tennessee, zu hören, sondern auch – dem Konzert vorangestellt – vier brandneue Studio-Tracks, die alle einen recht unterschiedlichen Eindruck hinterlassen.
Ausgerechnet der Opener “Say Goodbye To Mum And Dad” hinterlässt dabei den wohl schlechtesten Eindruck, da Tears For Fears hier kompositorisch irgendwo zwischen Erasure und Schlagerpop manövrieren.
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Gottlob ist der Track der einzige Fehltritt und das schlechteste Lied des gesamten Albums. Bereits mit der zweiten Nummer ‘The Girl That I Call Home’ kann das Duo an seinen Art Pop der glorreichen Achtziger anschließen, ohne dabei jedoch das eigene Hitpotenzial auszuschöpfen.
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‘Emily Said’ hingegen ist wahrscheinlich eine der tiefsten Verbeugungen vor den Fab Four seit der Auflösung der Beatles und macht gerade deshalb so viel Spaß, weil sie mit dieser Nummer so dreist nah am Original ist.
‘Astronaut’ wiederum ist das interessanteste der vier neuen Stücke, da sich Orzabal und Smith bei dieser melancholischen Nummer auf leicht psychedelisches Territorium vorwagen.
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Als Gesamtheit betrachtet, reichen die vier Studio-Aufnahmen allerdings nicht an das Niveau des überzeugenden Vorgängers “The Tipping Point” und erst recht nicht an das Meisterwerk “The Seeds Of Love” heran, sodass man sich fragen muss, was diese Stücke eigentlich auf einem Live-Album zu suchen haben und ganz besonders, warum sie dieses eröffnen dürfen. Denn auch den Live-Aufnahmen aus Tennessee können die Studio-Aufnahmen nicht das Wasser reichen.
Der Konzert-Mitschnitt für sich genommen, ist qualitativ so hochwertig, dass man sich fast ein wenig ärgert, dass man auf so etwas ganze vier Dekaden warten musste. Glanzstück der Live-Aufnahmen sind nämlich, wie könnte es bei Tears For Fears auch anders sein, die Produktion und der Klang des Ganzen. Zwar bleibt die Live-Atmosphäre dabei ein wenig zu sehr auf der Strecke, doch ist die Klarheit des Sounds dafür überwältigend.
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Da es sich bei ‘Songs For A Nervous Planet’ um einen Mitschnitt der “The Tipping Point”-Tour handelt, sind auf der Aufnahme ganze sechs Stücke des letzten Albums zu finden. Darüber hinaus aber auch ein karriereumspannendes Set, das sich, bis auf “Raoul And The Kings Of Spain”, aller sieben Studio-Alben bedient und das, zur Freude aller Fans auch alle alten Hits beinhaltet. Alles andere wäre an dieser Stelle sicherlich auch unverzeihlich gewesen, beim ersten Live-Album der Bandgeschichte.
Vor allem Roland Orzabal hört man auf dieser Platte kaum an, wie viele Jahre er und viele der Lieder schon auf dem Buckel haben. Ein Klassiker wie ‘The Seeds Of Love’ klingt auch 2024 noch knackig frisch. Umarrangierte Stücke wie die vom Debüt stammenden ‘Suffer The Children’ und ‘Change’ hingegen überraschen andersartig und v.a. im zweiten Falle gewöhnungsbedürftig.
Wie großartig die Musiker dabei sind, die Orzabal und Smith um sich herum geschart haben, kann man eindrucksvoll bei ‘Badman’s Song’ bestaunen. So ist es kaum zu glauben, dass diese ohnehin schon eindrucksvolle Nummer im Live-Kontext noch einmal dazugewinnen konnte.
Dass die Platte am Ende dann schließlich mit dem Mega-Hit ‘Shout’ zu Ende geht, war zwar vorhersehbar, versöhnt aber auch. So findet “Songs For A Nervous Planet” nach einem verkorksten Start wenigstens einen würdevollen Abschluss.
Bewertung:
Studio-Aufnahmen: 9/15 Punkten
Live-Aufnahmen: 13/15 Punkten
Gesamtwertung: 12/15 Punkten
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Besetzung:
Roland Orzabal (Gesang, Gitarre, Keyboards)
Curt Smith (Gesang, Bass, Keyboards)
Lauren Evans (Gesang)
Janae Sims (Gesang)
Jasmine Mullen (Gesang)
Charlton Pettus (Gitarre)
Doug Petty (Keys)
Jamie Wollam (Schlagzeug)
Diskografie (Studioalben):
“The Hurting” (1983)
“Songs From The Big Chair” (1985)
“The Seeds Of Love” (1989)
“Elemental” (1993)
“Raoul And The Kings Of Spain” (1995)
“Everybody Loves A Happy Ending” (2004)
“The Tipping Point” (2022)
“Songs For A Nervous Planet” (2024)
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Rezensionen:
“The Seeds Of Love” (Reissue) (2020)
Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Oktober Promotion zur Verfügung gestellt.