(49:25; CD, Digital, Vinyl; Century Media/Sony Music, 18.10.2024)
Swallow The Sun haben sich längst – dank vieler starker Alben, Tourneen und Chart-Erfolge – neben Amorphis und Insomnium in die Führungsetage finnischer Metal-Bands gespielt. Mit “Moonflowers” hat man im Jahre 2021 ein tiefgründiges, sehr von traumatischen Ereignissen (Bandkopf Juha Raivio verlor die Lebensgefährtin Aleah Stanbridge an Krebs) inspiriertes Album aufgenommen. Was in vielerlei Hinsicht, musikalisch wie textlich, nachhallte. Diese Tiefe, diese konsequente Dunkelheit der letzten Platte, so viel vorweg, ist auf “Shining” einer partiell offeneren, leichteren Gangart gewichen.
Swallow The Sun (bereits Grammy-nominiert) haben sich zur neuen Platte mit dem ebenfalls Grammy-nominierten Produzenten Dan Lancaster (u.a. Muse und Bring Me The Horizon) zusammengetan. Und irgendwie schlägt sich das natürlich im insgesamt etwas mainstreamigeren Gewand nieder. Die doomig-schwere Wand aus Gitarren, Growls, Klargesang und haufenweise Melancholie öffnet sich temporär für kleinere, poppige Allüren, die man der Band nach Jahren nordischer Schwermut sicherlich zugestehen darf, so lange der Song für sich funktioniert.
Mit nicht mal vier Minuten finden sich schmachtende Hits wie ‘MelancHoly’ und das noch mehr auf Mainstream fokussierte ‘Tonight Pain Believes’ auf “Shining” wieder.
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Für Die-Hard-Fans könnte dieser Schritt bedeuten, Zugeständnisse machen zu müssen. Ich für meinen Teil sehe dies als natürlichen Verlauf für eine Band dieser Größenordnung an. Diese Kürze ist auf dem neuen Album eher Normalität als Ausnahme. So schafft es, der längste Track, das finale Titelstück, auf gerade mal knapp neun Minuten. Der eingängige Opener ‘Innocence Was Long Forgotten’ ist Swallow The Sun in Reinkultur und geht direkt in Ohr und Herz,
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Die bekannte Leise-Laut-Dynamik mit sanften Strophen türmt sich später, mit satter Wall Of Sound im Refrain, turmhoch auf. Die Lead-Gitarren sind neuere Katatonia pur: Immer ein Schuss progressiver Rhythmik lässt längerfristigen Hörgenuss erahnen. Mit derben Growls drückt das schleppende, düster aufgeladene ‘What I Have Become’ durch die Boxen.
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Die klaren, melancholischen Vocals schaffen im Verlauf einen angenehmen Kontrast, während Streicher und sanfte Grooves nur geringfügig von den neueren Katatonia-Produktionen abweichen. Schön auf den Punkt gespielt ist das sehnsüchtige ‘Under The Sun & The Moon’. Auch wenn temporäre Black-Metal-affine Vocals integriert werden, ist der Song im Refrain einfach butterweicher nordischer Doom Metal mit Hang zu eingängigen, poppigen Sounds. Orchestral, mit etwas Tim-Burton-artigen Melodien, wirbelt das Riff-lastige ‘Kold’ viel Staub auf, geheimnisvolle klare Vocals werden erneut von fiesen BM-inspirierten Vocals akzentuiert. In bewährten und lieben gelernten Fahrwassern dreht sich ‘November Dust’, hätte somit genauso auf den Vorgängern seinen Platz gefunden. Von lieblichen Female Vocals unterstützt, plätschert ‘Velvet Chains’ etwas unspektakulär aber schön. Mit ordentlich Schub, Growls und Heavyness macht ‘Charcoal Sky’ Druck, der dramaturgisch auch von Nöten war.
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Mit dem Titelsong wird es wie oben erwähnt nochmal episch lang, intensiv und aufbrausend. Als großer Katatonia-Fan sehe ich deren Entwicklung in Richtung einer experimentellen, progressiveren Rock- und Metal-Band seit Jahren eher skeptisch. Swallow The Sun haben ebenfalls etwas von ihrer dramatischen Schwere eingebüßt, die sie über viele Jahre konsequent in meist hervorragender Qualität über den geneigten Hörer ergossen hatten. Der bittere, verzweifelte Unterton vom letzten Album ist klaren, radiokompatibleren Strukturen gewichen, ohne dass lieb gewonnene Melancholie verloren gegangen ist. Wo die Reise endgültig hingehen wird, ob der Weg mit “Shining” in Richtung Mainstream eröffnet worden ist, wird uns die Zukunft zeigen, genauso wie den Langzeitwert der Platte. Solide, kompakt, in Teilen kraftvoll düster, aber insgesamt mit viel mehr Strahlkraft präsentieren Swallow The Sun mit “Shining” erneut formvollendeten, nordisch-atmosphärischen Metal auf höchstem Niveau.
Bewertung: 12/15 Punkten
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Besetzung
Juha Raivio – Guitar
Mikko Kotamäki – Vocals
Juuso Raatikainen – Drums
Juho Räihä – Guitar
Matti Honkonen – Bass
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Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Oktober Promotion zur Verfügung gestellt.
3 Kommentare
Na..ja, mein lieber Raijko, du kannst es “Mainstream” nennen; ich höre das auch als eine Öffnung hin zur “Proggi-Community”, auch wenn einige Passagen sehr poppig, im Sinne von “triefender Süßlichkeit” sind. Ich befürchte allerdings, dass da einige “Proggis” doch schnell verschreckt ausschalten, sobald der erste Screamo oder Growl zu hören ist. Leider bewegt sich da nur sehr wenig, und die Gesangesform wird oft als Gegrunze und Gekeife abgetan…
Mein Album des Monats Oktober wird sich zwischen Swallow of the Sun und GY!BE entscheiden…
Danke für die Rezension
@Georg
Bedeutet Swallow of the Sun jetzt Swallow The Sun odet Swarm Of The Sun?
Haha, ja Florian, ich habe es selber gemerkt; natürlich meine ich Swallow The Sun.
Edit: Danke auch für deine Godspeed You! Black Emperor – Rezension, eine interessante Interpretation!
Jedes Mord- und Kriegsopfer ist eins zuviel!