Mercury Rev – Born Horses

Mercury Rev - Born Horses (Bella Union/Rough Trade, 06.09.2024) COVER(40:12; Vinyl, CD, Digital; Bella Union/Rough Trade, 06.09.2024)

I had a dream we were born horses
And not human beings
With more time to run
And less time for things
Lit by the lightning
Barefoot and wild
Side by side against the night
Against the wind and horizon
While our manes turn from golden to white
(aus ‘Born Horses’)

Beeinflusst von einem Film wie “Blade Runner”, dessen Vangelis-Soundtrack, Brecht und Weill, Beat-Poeten, US-amerikanischen Dichtern des 20. Jahrhunderts, Chet Baker, der urbanen Leere im Menschen, Verletzlichkeit, Ehrfurcht und Nostalgie, nehmen einen die Träumer von Mercury Rev auf einen weiteren Noir-Trip mit. Mit Platten wie “Deserter Songs” und gerade “All Is Dream” schuf man zur Jahrtausendwende mal eben Meisterwerke in Sachen Dream Pop, Psychedelic und Art Pop. Neben Radiohead, The Divine Comedy, The Flaming Lips (der Ex-Band von Sänger Jonathan Donahue) und vor allem den Produktionen eines David Fridmann, war man in Sachen verrückter Traummusik für lange Zeit Teil der Speerspitze des alternativen Pop. Es gab keine Bombastgrenzen, die nicht überschritten wurden. “Born Horses” ist tatsächlich erneut großer Kitsch, sehr orchestral und wird von Donahue mit mehr Sprechgesang als sonst durch die lange Nacht geführt. Jazzige Bläser und loungige Sound-Landschaft lassen die knapp 40 Minuten wie einen langen surrealen Traum wirken. Late-Night-Noir-Atmosphäre, Spoken Words und Ambient-Landschaften bestimmen “Born Horses” vorrangig. Es kann kein schöneres Therapeutikum geben, als sich hierbei fallen zu lassen.

Donahue erzählt mehr als er singt, erinnert auf strange Weise frappierend an die Neofolk-Ikone David Tibet von Current 93. Der Titelsong, die Single ‘A Bird Of No Address’ und das treibend-rockige ‘There’s Always Been A Bird In Me’ haben noch nachhaltige, eingängige Strukturen, während das restliche Material von seinem erzählerischen Ton, dem Nocturnal Ambient, Jazz- und sphärischen Pop-Strukturen zehrt. Für die Fans der frühen Alben könnte das eine Herausforderung darstellen. Ich für meinen Teil liebe die komplett abgedunkelte, traumwandlerische Attitüde des Albums. mann muss nur den richtigen introspektiven Moment finden , um sich in den 40 Minuten zu verlieren. Donahue ist ein verdammter Poet, der, mit Verweisen in Richtung Jazz, Barock, Filmmusik, Ambient und orchestralem Pop, mit Größenwahn alles nutzt, um den Hörer in seine verqueren Bilder mit hineinzuziehen. Wenn man sich bewusst zum Hören einer Mercury Rev Platte entscheidet, bedient die Musik einfach alle empfänglichen Synapsen. “Born Horses” ist in Widescreen produziert, erzählt fantasievolle Geschichten, schießt immer gut über jedes zumutbare Maß hinaus, ist selbstverliebt und weiß genau deshalb im richtigen Moment die passende Pille zu sein.
Bewertung: 12/15 Punkten (FF 11, RB 12)


Born Horses von Mercury Rev

Mercury Rev - Born Horses (Bella Union/Rough Trade, 06.09.2024)
Credit: Jonathan Donahue

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Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Oktober Promotion zur Verfügung gestellt.