Mit ihrem mittlerweile vierten Album werden sich die Iren nicht nur auf ihrer Insel viele weitere Freunde machen. Wenn eine Band nämlich ein Album mit knapp 37 Minuten und elf Tracks so abwechslungsreich hinbekommt, da sollte auch der letzte Kritiker aufmerksam werden und ein Ohr riskieren. Besonders wenn die Band es schafft, durchgängig gute Qualität auf das Album zu packen. Ob das jetzt tatsächlich an ihrem neuen Produzenten James Ford liegt, wie manche das behaupten? Der hat immerhin eine ellenlange Liste an Stars in seinem Kundenheft stehen, von denen Florence And The Machine, Gorillaz, Pet Shop Boys oder Blur nicht unterschiedlicher sein könnten. Reinen Progressive Rock habe ich nicht unter seinen Arbeiten entdeckt, aber der traditionelle Progressive Rock existiert ja auch fast nicht mehr unter jüngeren Musikern. Man siehe nur die Bands bei den letzten Ausgaben der Night Of The Prog, Midsummer Prog usw., alles alte Kämpen aus den vorherigen Jahrzehnten. Wenn mal etwas jünger wie z.B. Meer, dann ist es kein Prog mehr, wie wir ihn noch kannten, sondern fast normaler Pop mit ein bisschen mehr Qualität als die Radiotracks. Vielleicht ist also die Art von Musik von Fontaines D.C., mit ihren Anleihen an Post Rock, Art Rock und Romantic Pop, tatsächlich die Zukunft. Da können wir Alt-Progger den Kopf schütteln, es nützt nichts. Auch die Musikindustrie fragt uns nicht, wohin die Reise gehen soll. Sie handelt strikt nach kommerziellem Erfolg und in Zeiten von Downloads auch nach Klicks. Und diese Band hat Erfolg und genügend Klicks!
Natürlich werden aber auch weiterhin Künstler progressiv agieren. Die modernen Heimstudios machen das ja auch ohne allzu großen finanziellen Aderlass möglich. Aber um in der Welt bekannt zu werden, braucht es leider mehr als individuelle musikalische Kreativität. Dennoch sollte man Bands wie eben Fontaines D.C. nicht so einfach als kommerzielles Unternehmen für geldgierige Manager und Produzenten abtun. “Romance” kann auch ohne den für Althippies unabdingbaren Prog der Endsechziger den Rezensenten am Lautsprecher kleben lassen. Dabei stellt sich immer öfter die Frage, was denn nun besser ist: das 27. mediokre Comeback- oder Soloalbum früherer Prog-Künstler oder das vierte Album einer Band, die innovativ und mit viel Herzblut neue Wege beschreitet, ohne eingetretene Pfade zu zerstören. Wer bei Tracks wie ‘Death Kink’ und vor allem dem fantastischen ‘Starburster’, das auch von Archive stammen könnte, die Ohren nicht spitzt, hat definitiv verlernt, sich zu entwickeln. Musikalisch natürlich, denn die Band vermischt hier so viele Stile miteinander, zwischen Pop, Alternative, Rock und Electronic, dass es irgendwie schon wieder neu klingt. Ich kann aber auch diejenigen verstehen, die diesen Weg nicht mitgehen wollen und lieber zum x-ten Mal ihre Alben aus den 60ern und 70ern hören möchten. Das tue ich ja zum Teil auch und dennoch hab ich ebenfalls Spaß an solch lebendigen und positiven Alben, wie sie die Iren hier einspielen. Einige absolute Highlights bietet das kurze Album auf jeden Fall.
Ich rate also allen offenen Musikfans, hier unbedingt reinzuhören. Wer Musik liebt und stets Entwicklungen in der Vergangenheit mitgegangen ist, der sollte auch diese hier mitgehen. Das viel benutzte Mellotron sollte doch für Alt-Progger schon Grund genug sein …
Bewertung: 10/15 Punkten
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Besetzung:
Grian Chatten – lead vocals (1-7, 9-10), guitars (5,7,10,11), piano
Conor Curley – bass (1,2), guitars, lead vocals (8), backing vocals (1,4,6)
Carlos O’Connell – guitar, mellotron (1,2,5,8,9), backing vocals (4,7,11)
Connor Deagan III – bass, backing vocals (1-8, 10-11), co-lead vocals (5)
Tom Coll – drums, percussion, guitar (9)
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Abbildungen: Fontaines D.C.