(62:25; CD, Digital, Vinyl; Eigenveröffentlichung, 28.07.2024)
Das Debüt hinterließ seinerzeit bleibende Eindrücke bei mir, liegt nun aber auch schon wieder knapp zehn Jahre in der Vergangenheit. “Hypnos” ist ein epischer Tentakel, sämtliche Post-Stilistika fließen in den Klangkosmos der Bensheimer ein und dabei bleibt die ein oder andere Länge nicht ganz aus. Sechs Songs in knapp einer Stunde fordern Geduld und das Album will Take by Take erarbeitet werden, so viel vorweg. Eruptive Berge zwischen Post Rock und Post Metal, ein tiefgreifendes Schürfen an Atmosphäre, Schmerz und Sehnsucht in Hülle und Fülle bestimmen die vorrangigen Klangfarben. Die Gitarren mahlen, das Tempo ist fast immer behäbig doomig und ausufernd inszeniert.
Gastsänger Sebastian Bracht (Dahmian) klingt in dieser Wall of Sound so manches Mal ein wenig verloren. Das wiederum ist nicht so tragisch, da das Album von einer Vielzahl an gelungenen instrumental ausufernden Passagen zehrt. Atmosphärische und melancholische Melodien wie in ‘Cardiac Eye’ lassen die bald präsente dunkle Jahreszeit wie selbstverständlich in die Synapsen steigen. Ein ewiges Ringen, ein stets dynamisches leise/laut im Sound, massive Riff-Kaskaden und schwermütige Melodien werden fein in die Breite musiziert. Der Hörer bekommt hier Zeit und Raum, um sich in voller Muße den hypnotischen Abfahrten zu widmen, die eben gern die Zehn-Minuten-Marke überschreiten. Das etwas kürzere ‘Hedron’ ist eine wunderschöne Blaupause, macht es mit Hammock-artiger cinematischer Bilderflut ein kurzes Innehalten möglich.
Das behäbige ‘The Bargain’ ist voller schöner Gitarren-Motive. Sebastian kehrt hier auch endlich mal die emotional wütende Seite seiner Stimme in den Vordergrund. Das passiert im aufwühlenden ‘Will Of Harmatia’ ebenfalls, lässt so einiges an Sludge-Phrasierungen mit in den sonst eher harmonischen Post-Sound einfliessen. Baryon klingen nie so richtig zwingend, eher ist alles ein driftend schwebendes An-und Abschwellen. Mich erinnert das alles ein wenig an die Schweizer Last Leaf Down, Mogwai, Long Distance Calling, ruhige aktuelle Katatonia oder die Finnen The Chant, die mit dieser Art atmosphärischen Post-Doom-Shoegaze-Rock ebenfalls in ganz eigene Nischen vorgedrungen sind, aber nie den übergroßen Moment erzeugten. Das atmosphärische Gesamtbild war und ist wohl auch bei den Deutschen das anvisierte Ziel. Nimmt man sich Zeit für “Hypnos”, ist dieses Album für Freunde von emotionalem, dunklem Nischen-Sound sicherlich ein Tip. Also Licht dimmen und zurücklehnen, um der hypnotischen Musik der Deutschen im positiven Sinne auf den Leim zu gehen.
Bewertung: 11/15 Punkten
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Tracklist:
1. Ambitendency
2. Cardiac Eye
3. The Bargain
4. Hedron
5. Will of Hamartia
6. Communion
Line-Up:
Philipp Schäfer – Drums
Felix Schäfer – Keys
Maximlian Hausner – Bass
Philip Neumann – Gitarre
Dimitrios Kasprzyk – Gitarre
Sebastian Bracht – Guest Vocals
Cover mit freundlicher Genehmigung von Baryon