(42:37; Vinyl, CD, Digital; Redacted/The Orchard, 23.08.2024)
Als ich beim ersten vollständigen Durchhören von “Greif” bei ‘Une Ville Vide’ angekommen war, sah ich mich gezwungen nachzuschauen, ob ich mit meinem Player nicht versehentlich zurück zu “Heat Ray” gesprungen war, mit dessen Besprechung ich gerade erst fertig geworden war. Denn die analogen Synthieklänge, die hier zu hören sind, klingen mehr nach Will Gregorys Moog Ensemble als nach dem Crossover aus Black Metal und Gospel, mit dem Zeal & Ardor einmal bekannt geworden sind. Es war nicht das erste Mal, dass ich beim Hören von “Greif” stutzen musste und es sollte auch nicht das letzte Mal gewesen sein. Denn musikalisch sind die Schweizer mit ihrem neuen Album noch vielseitiger aufgestellt, noch schwieriger stilistisch einzuordnen, als schon mit der Vorgängerscheibe “Zeal & Ardor”.
Zwar sind mit ‘Are You the Only One Now?’ und ‘Hide in Shade’ auch auf “Greif” zwei Stücke vorhanden, bei denen Gospel, Soul und Black Metal in bester Bandtradition aufeinandertreffen.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Doch folgt das mittlerweile vierte Studioalbum von Zeal & Ardor ansonsten der Prämisse, dass man das Unerwartete erwarten muss. Schon im Opener ‘The Bird, the Lion and the Wildkin’ überraschen Manuel Gagneaux und seine Mitstreiter mit Gepfeife und Trommelschlägen, die von einem durch die Stadt ziehenden Spielmannszug stammen könnten. Denn das Album ist eine Reminiszenz an ihre Heimat Basel und die Legende des titelgebenden Greifen, ein mythisches Mischwesen, das für die Kinder durch die Straßen zieht, als Symbol für die arbeitende Bevölkerung Basels, die sich gegen die unterdrückende Elite wehrt. Ein Titel, der darüber hinaus auch sinnbildlich für die Band selbst steht, angesichts der Verschmelzung von Energie und der Körperlichkeit des Tieres.
Bei ‘Fend You Off’ hingegen muss man gar zweimal hinhören, ob es sich hier nicht vielleicht um ein Stück von Pain Of Salvation handelt. Nicht nur wegen Manuel Gagneauxs Gesangsstils, sondern auch v.a. wegen des Arrangements des Stückes. Zumindest bis zur zweiten Minute, wenn Blackgaze-artige Gitarren einsetzen und sich das Stück weiter emporschwingt, bis man bei Blastbeats und Growls angekommen ist.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Generell sind es aber nicht etwa die progressiveren Momente, wie die etwas an Tool erinnernde Rhythmik im bluesigen ‘Kilonova’, oder die jaulend-flirrende Gitarre am Ende der Klavierballade ‘Solace’, die auf “Greif” am meisten überraschen.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Vielmehr ist es die große Anzahl an Stücken, die in Richtung Desert Rock und teils sogar in Richtung Grunge tendieren. ‘Disease’ mit seinem schrägen Gesang erinnert stark an Queens Of The Stone Age – mit leichtem Glam-Faktor. Das so mitreißende wie eindringliche ‘Thrill’ hingegen vereint Einflüsse von Soundgarden, Royal Blood und Gagneauxs Projekt Birdmask, während ‘Sugarcoat’ sogar Erinnerungen an die legendären Kyuss weckt.
All dies aber sind Stücke, bei denen sich Zeal & Ardor weitaus sanfter zeigen als man es von vorherigen Alben gewohnt ist. Aber auch Z&A können heavy, ohne in den Black Metal abzudriften, wie sie beim finsteren, fast thrashigen, vom Industrial Metal infundierten ‘Clawing out’ unter Beweis stellen.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Doch es ist tatsächlich eines der ruhigeren Stücke, bei dem Zeal & Ardor auf dieser Platte am überzeugendsten sind. Dass es sich hierbei gerade um den sanften, fast wie eine Hommage an Chris Cornell klingenden Abschlusstrack ‘To My Ilk’ handelt, rundet dieses Album nicht nur wunderbar ab, sondern lässt dessen überaus positiven Eindruck noch lange nachwirken.
Bewertung: 14/15 Punkten (FF 14, MK 14)
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Standard. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Besetzung:
Manuel Gagneaux (Gesang/Gitarre/Programming)
Tiziano Volante (Gitarre)
Marc Obrist (Gesang)
Denis Wagner (Gesang)
Lukas Kurmann (Bass)
Marco Von Allmen (Schlagzeug)
Diskografie (Studioalben):
“Devil Is Fine” (2017)
“Stranger Fruit” (2018)
“Zeal & Ardor” (2022)
“Greif” (2024)
Surftipps zu Zeal & Ardor:
Homepage
Facebook
Instagram
X/Twitter
Bandcamp
Soundcloud
YouTube
Spotify
Apple Music
Discogs
Wikipedia
Rezension:
“Zeal & Ardor” (2022)
Konzert- und Festivalberichte:
15.04.23, Eindhoven (NL), Effenaar, Grote Zaal, Prognosis Festival 2023
Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Sailor Entertainment zur Verfügung gestellt.