… und zweitens als man denkt.
Festivaljahrgänge sind halt auch nur Menschen. Und haben mal ne Glücks- und mal ne saftige Pechsträhne. Das Pelagic Fest ´24 hatte jedenfalls echt Sc h…e a m Schuh… Die Grundlage für den Ticketkauf der Fans, liebevoll auf Poster und T-Shirts gedruckt, entpuppte sich alsbald mehr als lose Absichtserklärung. Aber da kann ja keiner was für – und anderen Festivals geht es bisweilen auch so. Glück und Pech eben. Nehmen wir z. B. ProgPower Europe : Als Indoor Festival gar nicht so sehr darauf angewiesen, konnte man sich dort viele Jahre in Folge über ausgesprochenes Traumwetter freuen – Planschbecken und ggf. sogar Sonnenbrand Anfang Oktober inklusive. Doch dann war da auch dieser eine Jahrgang, in dem ein Musiker im Zusammenhang mit dem Festival starb…
So wild wurde es in Maastricht – wohin das zuletzt vor sechs Jahren in Berlin veranstaltete Festivalformat für die Ausgabe anlässlich des 15. Labelbestehens ausgewandert ist – nun jottlob nicht. Aber doch zumindest teilweise recht enttäuschend.
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Samstag
Dass es ein Vier-Sterne-Hotel nicht hinbekommen kann oder will, Gästen den Check-in vor 15 Uhr zu ermöglichen, hatte mit dem Festival selbst nichts zu tun. War aber ebenfalls unerfreulich und kostete den Autoren das Vergnügen mit der ersten Band. Mal schauen, was der Lichtbildkünstler dazu zu melden hat, der sich bereits vor Ort befand…
Thot
Tja, mein lieber Klaus. Aus Zeitgründen muss ich bei diesem Festival-Bericht leider auf ausführliche Wortbeiträge verzichten. Zu Thot möchte ich aber zumindest vermerken, dass der Post Industrial Noise Pop der Belgier ein wohl gewählter Opener für das Pelagic Fest war. Vielleicht gerade deswegen, da es hier nicht rein instrumental zur Sache ging, sprang der Funke zum Publikum recht schnell über. Nicht zuletzt auch wegen der charismatischen Sängerin Lenka Dusilová, die heute ihren letzten Auftritt mit Thot bestritt. –flohfish
Anmerkung von Thot-Spokesman Grégoire Chardon dazu:
“just one thing, our singer is named Anaïs Elba, Lenka Dusilova being a guest singer on the album only.”
WuW
Der “Small Room” bietet durch starkes Gefälle immer noch von fast allen Plätzen potenziell gute Sicht und Raum für mehrere Hundert Musikbegeisterte, einzig die Lüftung bzw. Klimatisierung fällt im Gegensatz zum „Big Room“, der Haupthalle, gewaltig ab. Die französischen Hauptstädler von WuW, „B. Colin“ und G. Colin“, hatten sich für diesen Gig zum Quartett verstärkt und hatten so keine Mühe, die fünf Teile ihrer ausgezeichneten Post-Doom-Suite “L’Orchaostre“ von 2023 live zu reproduzieren.
Lost In Kiev
Die Szene wechselte zur großen Halle, blieb aber dennoch für eine Weile Frankreich, ja sogar immer noch Paris: Lost In Kiev entfesselten hier vor bereits gut gefüllten Reihen ihren geliebten ”Post-Rock-Tsunami, bei der ein Gastauftritt von Loïc Rossetti von den Gastgebern/Labelinhabern The Ocean bei ’Prison of Mind’ natürlich nicht fehlen durfte.
Auch und gerade im „Big Room“ sollten selbst kleingewachsene Menschen eigentlich immer zumindest die Chance auf Bühnensicht haben. Das Zauberwort ist hier eine rundum laufende Galerie im ersten Stock, die dank eigener Bar und eigenen Toiletten im Treppenhaus überdies erfreulich autark ist.
Playgrounded
Wer ein Festival fast ohne Mikrofonständer befürchtet hatte (wegen Post Rock), wurde angenehm überrascht. Schließlich gehört cleaner, melodischer Gesang mit oft geradezu zum Mitsingen einladenden Refrains zu den Trademarks von Playgrounded, den überwiegend in den Niederlanden abgebildeten Griechen. Ihr Auftritt war daher ein ganz besonderes Vergnügen.
Oh Hiroshima
Die Schweden Oh Hiroshima haben letzthin von Napalm zu Pelagic Records hingemacht. Sie waren dieses Jahr schon Teepott der Woche bei uns (“All Things Shining“, 13/15). Und in der Tat gehört ihre Musik auch live dargeboten zum Majestätischsten, was in Hinsicht auf genaues Studium der eigenen Schuhe (Shoegaze, Symphonic Post Rock) wohl überhaupt möglich ist.
Hippotraktor
Mechelen’s Finest haben mit “Stasis” ebenfalls aktuelles Material am Start. Bei den sympathischen Belgiern schien dem Autor von allen Bands des Wochenendes die Balance zwischen Heaviness und Melodie am gelungensten. Zauberhaft!
Im inzwischen brechend vollem „Small Room“ fühlte sich der Körper allerdings heftig an die jüngst besuchte Sauna erinnert – und verhielt sich demgemäß.
A Swarm Of The Sun
Entsprechend schweißtriefend den großen Saal aufgesucht, wo die Schweden ASotS ihren ultralangsamen (Post) Doom zelebrierten. Der Kontrast zur (leicht sehnsüchtigen) Erinnerung an das Hochsommerwetter draußen war (zu) gewaltig.
Hier stand mit ‚The Burning Wall‘ von „An Empire“ (September 24) knusperfrisches Material zwar nicht im Mittelpunkt, kam aber vor.
Glassing
Glassing kamen aus Austin, Texas, über das Pelagic Fest, um es mit schwarzem Feuer (”From The Other Side Of The Mirror”) zu verwüsten. Das war sehr engagiert und passte hervorragend zum Gewitter, das sich zeitgleich draußen vor der Halle aufbaute und entlud. Die Mucke war dem Autor aber – Feuer hin oder her – irgendwann doch zu gewollt eiseskalt. Und zu gewollt böse.
And So I Watch You From Afar
Dann doch lieber ASIWYFA aus Belfast, Nordirland, im großen Gemäuer! Denn die bewiesen erneut, dass Post Rock auch unernst bis sogar lustig sein kann, bis hin zu (gekonnten) Flamenco-Einlagen.
Den Vogel schoss hier Floh ab:
It’s best to watch And So I Watch You From Afar from afar
(also via Video-Übertragung). Was er auch prompt tat. Im Live Stream. Nach Vollzug der Fotografen-Pflichten natürlich.
LLNN
Mit vergleichsweise räudigen Vocals ging nun der Post Rock/Post Doom von LLNN aus Kopenhagen über die Bühne des kleinen Gehäuses. So harmlos wie beim atmosphärischen Intro ‚Gravitated‘ blieb es jedenfalls nicht lange…
NYOS
Für 22:30 bis 23 Uhr hatten die Festivalplaner nun erstmals einen Gig im „Foyer“ vorgesehen, also dem großen beiden Hallen vorgelagerten Raum, dessen eine lange Seite die Bar und den Zugang zu den Schließfächern einnimmt. Und just dort fand sich nun das finnische Duo NYOS platziert.
Jeck – kleinste Bühne, geringste Band-Kopfstärke. Trotzdem die einzige Band des Tages, die dem Autor zu laut war. Kunststück, wir standen ja auch 1,50 Meter vom Schlagzeug entfernt…
The Ocean Collective
Zeit für die Gastgeber des Wochenendes und Zeit für …
… a belated ten year anniversary celebration of their 2013 album “Pelagial”.
Als wirklich wunderschön erlebt wurden hier die grau-grünen Unterwasser-Effekte „über“ der Band – erzeugt durch Hintergrundprojektionen und Lichtkunst von vorne – die das Magnum Opus der Berliner Post-Institution sehr ästhetisch in Szene setzten.
Arms And Sleepers
Bei denen lag der Autor schon (und ohne irgendwelches Bedauern) in Morpheus’ Armen.
Ich hingegen verweilte noch ein wenig im Foyer und ließ mir von Mirza Ramics instrumentalem Mix aus Downtempo, Ambient und Post Rock die Vorfreude aufs Bett versüßen. Schöner wäre es allerdings gewesen, hätte man direkt vor der Bühne schlafen können. –flohfish
Sonntag
Psychonaut wird durch nochmals The Ocean ersetzt, JeGong durch The Devil’s Trade (Dávid Makó). Und der mit weitem Abstand interessanteste Act des gesamten Festival Billings, Ihsahn – Frontmann von Emperor -, durch Cobra The Impaler.
Spurv
Die Redaktionslieblinge Spurv und ihre Posaunen von Jericho (Sowie das Glockenspiel. Und und und) waren ein idealer Einstieg in einen im Rückblick nicht ganz so perfekten Festivaltag. Der Auftritt der Norweger schien von Klangfarben wie Komposition und Vortrag der „progressivste“ des Wochenendes zu sein. Die Melodien wunderschön, die Steigerungen kaum noch erträglich. I’ve been spurved again!
Bipolar Architecture
Brutales aus Berlin im Small Room – der Post Black Metal von Bipolar Architecture polarisierte. Aber begeisterte auch. Inzwischen war es auch wieder wirklich voll.
Weitere jahrzehntelange Favoriten der Redaktion sind die Schweden EF. Allerdings fingen die um 15:15 (stage time) mit dem Soundcheck erst an – spielten dafür aber immerhin ‚Iron Man‘ zu diesem Zweck.
Dann der schwärzeste Moment des Festivals: beim Soundcheck vom Cello entstand kurz ein grauenhaft lauter Horrorsound. Die Ohren taten wirklich weh und pfiffen sofort – und taten das auch noch am nächsten Tag. Sowas ist (natürlich unabsichtliche) Körperverletzung und sollte bei Profis niemals vorkommen.
Zu diesem komplett unnötigem Grauen passte es auch irgendwie, dass es ausgerechnet bei der Märchenmusik von EF im Big Room nie wirklich voll wurde…
Love Sex Machine
Hier gab es in den Worten von Pelagic Records:
“… a merging of contemporary post metal with the intricate grooves of Meshuggah and Intronaut and a healthy dose of filthy Southern sludge in the vein of Eye Hate God or Crowbar…”
Trotzdem nicht meins.
Briqueville
Großartig, aber auch ziemlich genau so wie hier bereits beschrieben.
Karin Park
OK, Ausdruckstanz über Technobeats also?
Schlimm.
Year Of No Light
Slow Dooooooom mit zwei Schlagzeugern. Kann, muss aber nicht.
Årabrot
Karin Park war ja eh schon da, nun also Årabrot, in der offiziellen Festival Time Table „Arabot“ geschrieben. Dark Wave R’n’R im kleinen Raum. Leider absurd laut – und meiner einem taten ohnehin die Ohren noch weh vom EF-Soundcheck.
The Devil’s Trade
Statt den ebenfalls nicht erschienenen JeGong erneut ein Plan B. Oder C. Fürs Foyer:
Midnight at the crossroads. Blitze erhellen die Nacht gerade lang genug, dass man eine Steppenhexe vorbeiwehen sieht. Die verlorene Seele (Dávid Makó) mit der akustischen Klampfe und dem intensiven Klagesang hört man mehr, als dass man sie sieht.
Starker Auftritt!
The Ocean Collective
Fein – alternativ zu gestern hier also eine Show, bei der das aktuelle Album “Holocene” im Mittelpunkt stand. Aber irgendwann ist auch mal gut.
Cobra The Impaler
Hier wurde aber bereits ohne mich gepfählt. Hatte die Band aus dem belgischen Gent auch schon in kurzer Zeit zwei Mal hintereinander erlebt. War OK, bot sogar Steigerung. Aber auch hier reichte es erstmal.
Und: Hätte man das vorher gewusst, hätte man sich den zweiten Tag oder zumindest die zweite Übernachtung gut sparen können. Aber das konnte ja vorher niemand wissen…
Pelagic Fest 25 wird vom 23. bis 24.08.2025 wieder in Maastricht stattfinden. Angekündigt sind bereits: Ihsahn, Psychonaut, A Burial At Sea, BEAR. Tickets gibt es hier.
Positiv:
- Erfreulich abwechslungsreiches Programm inklusive Rock’n Roll, Doom, Desert Blues u.v.m.
- Persönliche Highlights: Hippotraktor, Playgrounded, Oh Hiroshima, EF, Briqueville.
- Mit 120€ noch faire Ticketpreise fürs Wochenende – wenn die Angepriesenen auch gespielt hätten
(Aber anderswo bekommt man für 55€ drei Festivaltage, wenn auch ohne internationale Acts). - Vegetarisch/vegane Catering-Angebote (die allerdings auch rel. schnell ausverkauft waren).
- >20 Biersorten zur Auswahl
- Schönes, an beiden Tagen sogar wechselndes Merch-Angebot.
- Alle Slots stoßen zeitlich aneinander an – d.h. es gibt keinerlei Wartezeiten. Non-stop Music!
- Die Muziekgieterij, eine ehemalige Produktionsstätte von Kristall- und Töpferwaren, damals noch als „Koninklijke Sphinx”, ist ein schöner Ort. Die zentrale Bar ist ein ganz besonders schöner, inklusive reichlich Sitzgelegenheiten. Wer nicht mehr kann, aber immer noch Musik braucht, für den wurde auf dem Dach eines uralten dort für immer geparkten Lieferwagens ein großer Flachbildschirm platziert, auf den die laufenden Konzerte gestreamt wurden.
- Freundliches Team: Muziekgieterij, Security, alle völlig entspannt.
- Maastricht ist eine schöne Stadt an einem großen Strom, die zu Sightseeing ebenso wie zu absichtslosem Schlendern verführt.
Negativ:
- Eine streikende norwegische Airline verhindert Ihsahn
- Insgesamt drei Bands vom original billing mussten ersetzt werden
- Miese „Informationspolitik“: Die Absage von Ihsahn wurde als „Geänderte Time Table“ verkauft, auf Papier gedruckt und an der zugeklappten (!) Innenseite des linken Flügels der Eingangstür versteckt…. Auch online wurde mit dem traurigen Umstand ausgesprochen dezent bzw. lange überhaupt nicht umgegangen.
Es wirkte fast so, als wollte man Käufern von Day Tickets am Sonntag vorab verheimlichen, dass statt des Headliners B-Promis am Start sein würden. - Ständige “Verklumpungen“ im Eingangsbereich: Hinter der eigentlichen Eingangstür waren in einem Gang links und rechts ausladende Merchandise-Tische aufgebaut, soweit so gut. Aus irgendeinem Grund aber fanden sich in dem recht engen dadurch verbleibenden Durchgang über die ganze Festivaldauer immer wieder Menschengruppen zusammen, die just dort und nirgendwo anders Kaffee tranken und Kuchen essen und ihr Leben der letzten Jahre aufeinander einschreien mussten. Ohne sich im Geringsten für den Merch oder die Leute, die rein oder raus wollten, zu interessieren.
Es war teilweise wirklich lästig, weil zeitaufwändig hier durchzudringen… - S.o.: Es gibt bei diesem Festivalkonzept keinerlei Wartezeiten. Allerdings auch keine Dinner Break. Für eine (z. B. Ess-) Pause muss man Bands „skippen“.
- Alle Slots stoßen zeitlich aneinander an – aber die Bands warten aufeinander wie bei der DB (manchmal) die Anschlusszüge. D.h. wenn einer überzieht, rutscht gleich die ganze Time Table.
Fazit: Wenn man fleißiger Besucher des Gloomaar Festivals ist, man The Ocean (Collective) schon wirklich ausreichend oft gesehen hat und wenn Post Rock und Post Metal im eigenen Beuteschema nicht ausgesprochen prioritär sind, dann braucht man dieses Festival nicht unbedingt. Trotzdem war es nett, diesen weißen Flecken auf der persönlichen Festivallandkarte endlich mal tilgen zu können. Aber vermutlich wäre jeder andere Jahrgang dafür günstiger gewesen. PF25? Nur als völlig lose Absichtserklärung, siehe oben…
Live-Fotos: Prog in Focus
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