Will Gregory Moog Ensemble – Heat Ray: The Archimedes Project
(37:28; Vinyl, CD, Digital; Mute Records/[PIAS], 14.06.2024)
Anfang der 2000er stürmten Goldfrapp mit einer experimentellen Mischung aus Trip Hop, Synth Pop, Electroclash und Ambient und Stücken wie ‘Utopia’, ‘Train’ und ‘Strict Machine’ die Charts. Der Name der Band leitete sich von ihrer Sängerin Alison Goldfrapp ab. Mindestens genauso prägend und wichtig für Goldfrapp war Alisons visionärer musikalischer Partner: Will Gregory. Goldfrapps letztes Album “Silver Eye” liegt mittlerweile sieben Jahre zurück. So ist es kaum verwunderlich, dass sich Will Gregory zwischenzeitlich auch anderen Projekten zugewandt hat, darunter dem Will Gregory Moog Ensemble, das in diesem Juni sein erstes Album veröffentlicht hat. Visionär geht es bei “Heat Ray” allerdings nicht zur Sache, was bei einem Moog Ensemble auch nicht zu erwarten war. Stattdessen ist dieses Album eine große Spielwiese für Retro-Sounds geworden. Experimentell geht es hier weniger zur Sache.
Will Gregorys Liebesaffäre mit dem Moog begann bereits in seiner Kindheit mit einem Exemplar von Wendy Carlos‘ “Switched-On Bach”-Album. Später, in seinen 20ern, kaufte er einen Mini Moog und begann damit zu improvisieren.
It was such an expressive instrument – I absolutely loved it … the raw quality you could get from it, when its low frequencies could sound like an animal, or like the sound of the sea. This was at a time when digital music became dominant, so it felt good to have an analogue beast fighting against the tide.
Zwei Jahrzehnte später setzte Gregory ihn auf Goldfrapps Debütalbum “Felt Mountain” ein. Irgendwann begann sich der Musiker zu fragen, wie man es live in einem Ensemble von Mono-Synthesizern einsetzen könnte. Die Idee zum Will Gregory Moog Ensemble war geboren. Zeitweise bestand das Will Gregory Moog Ensemble aus bis zu vierzehn Musikern, darunter Adrian Utley von Portishead. Man spielte kleine Konzerte und trat gelegentlich zusammen auf Festivals auf. “Heat Ray” ist nun ihr erstes gemeinsames Album, das in Zusammenarbeit mit dem BBC National Orchestra Of Wales entstanden ist. Inspiriert wurde das Album, wie es sein Untertitel schon vermuten lässt, von einem der ganz Großen der griechischen Antike, dem Mathematiker, Physiker und Ingenieur Archimedes von Syrakus. Denn Gregory war auf die Arbeiten des Gelehrten gestoßen, als er sich während der Corona-Epidemie Mathematikvorlesungen online angeschaut hatte. Fasziniert von Archimedes’ Genie, begann Gregory im Folgenden darüber zu grübeln, wie musikalische Regeln in der Mathematik verwurzelt sind.
I wasn’t a great maths student. So my translation of music alongside those principles isn’t very thorough or very
accurate. They’re just an impression of his ideas in sound.
So ist dieses Album denn auch nur inspiriert von mathematischen Prinzipien und musikalischer Umsetzung derselben (wie Tools ‘Lateralus’ auf der Fibonacci-Folge basiert). Weniger interessant macht dieser Umstand das Album allerdings nicht. So versucht das Ensemble etwa mit ‘Buoyancy Theory’ den berühmten Heureka!-Moment nachzuempfinden, was wunderbar gelungen ist. Denn das nervöse, elektronische Stottern der Synthies gepaart mit orchestraler Untermalung lassen die Aufregung gut nachempfinden, die Archimedes empfunden haben muss, kurz bevor er triumphierend nackt aus einer Badewanne gesprungen sein soll.
‘Circles, Spirals And Pi’ wiederum ist eine Ode an die Kreiszahl, aufgrund seiner erhabenen Orchestrierung eine ganz besonders runde Sache. ‘The Claw’ hingegen kommt wie der Soundtrack zu einer Kriegsszene in einem Sandalenfilm daher, was eine wirklich passende Umsetzung des Themas des Stückes ist, da es sich bei der Kralle des Archimedes um eine historische Kriegswaffe handelt, die von Archimedes erfunden und bei der Belagerung von Syrakus gegen die römische Flotte eingesetzt worden ist.
Nun ja, man muss sich schon ein wenig mit Mathematik, Physik und Geschichte beschäftigen, um die akustischen Interpretationen nachempfinden zu können, die Will Gregory mit seinem Moog Ensemble daher gezaubert hat. Was aber unbedingt zu empfehlen ist, da sich einem dieses Album anderenfalls nicht voll erschließen kann.
Besonders gelungen ist übrigens, wie das BBC National Orchestra Of Wales in die Kompositionen mit eingebunden worden ist, da es den retrofuturistischen Stücken einen besonderen Tiefgang verleiht.
Bewertung: 10/15 Punkten (FF 10, KR 11)
Heat Ray: The Archimedes Project von Will Gregory Moog Ensemble
Besetzung:
Will Gregory – Minimoog und Mellotron
Graham Fitkin – Moog Voyager
Hazel Mills – Prophet 6 and Minimoog
Ruth Wall – Korg 700s
Vyvyan Hope-Scott – Minimoog
Hinako Omori – Prophet 08, OB6 and Minimoog
Daniel Moore – Moog Sub 37 und Minimoog
Adrian Utley – Minimoog
Ross Hughes – Roland Promars Compuphonic MRS-2, Minimoog, Flöte und Bassklarinette
Eddie Parker – Minimoog and Roland JX-3P
John Baggott – Minimoog
Simon Haram – Minimoog and EWI
Harriet Riley – Marimba, Snare- und Bassdrum
Gastmusiker:
BBC National Orchestra Of Wales
Diskografie (Studioalben):
“Heat Ray: The Archimedes Project” (2024)
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Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Mute zur Verfügung gestellt.