(42:08; Vinyl, CD, Digital; Church Road Records, 28.06.2024)
Das Front-Cover erinnert an Opeths “Damnation”. Ein s/w-Bildnis, eine Person allein in einem Zimmer, irgendwie komplett aus der Welt gefallen, verloren und abgeschlagen. “Acts Of Harm” ist urbane Tristesse in Bild und Sound, eine harmonisch dunkle, klebrige Masse weiß mit Lava-artigem Heavy Cinematic Post Rock/Doom Gaze/Slow Core eine komplett lähmende Statik in Kopf und Glieder zu importieren. Zu “Acts Of Harm” darf draußen gern die Welt untergehen. Ein Grund mehr, dem Sound ein wenig mehr an Volume abzuschwören. Ohne echte Vergleichsmöglichkeiten abzugeben, sind die großartigen The God Machine, Pelican, Mogwai, Jesu, Appleseed Cast und vor allem eine der stärksten Shoegaze-/Post-Rock-Bands im Hier und Jetzt, Holy Fawn, ein wohlmeinender Verweis. Die permanente Nebelwand im Sound, das mit Hall und Reverb zugekleisterte Soundbild setzt Dich lahm, es lenkt nicht richtig ab und fokussiert Dich aber auch nicht wirklich. Die Musik schafft es, dass Du die ganze Zeit wie paralysiert in einer Zwischenwelt bist, das Album schnell dreimal hintereinander läuft, ohne dass Du diesen Umstand bewusst wahrnimmst.
Die Wall of Sound mit viel Hall, wabernden Gitarren-Drones und ausschweifenden, stets zwischen langsam schwebend und Crescendo-inszenierender Eruption ist weg von Laut/Leise, Strophe-Refrain-Schemata. Eher tönt permanent eine dauerhaft graue, stets melodisch heavy tönende shoegazige Post-Rock-Wand, bei der Sänger Ian Grant mit weichen Vocal Lines immer weit im Sound versteckt, voller Fragilität und Melancholie flüstert und phrasiert. ‘Want No More’ mit fast acht Minuten bäumt sich behäbig mit letzter Hoffnung immer wieder auf, die Gitarren zerren und drücken, man möchte das letzte bisschen Hoffnung nicht verlieren. Das verwaschene, driftende ‘Lye Waste’ mit fast zwölf Minuten ist pure akustische Schönheit, ambiente sinistre Klangfelder, flüsternde sehnende Vocals, stoisch quälende Langsamkeit mit drückenden krachig-eruptiven Gitarren. Die Briten erzwingen nicht krampfhaft den großen Moment, die große Melodie, klingen dafür insgesamt um so eindringlicher, mit ihren tristen Melodien voller urbaner Einsamkeit, Isolation, Verlust und Schmerz – eine kleine Reise ins Ich kann es werden. “Acts Of Harm” zog hier mehrfach seine Bahnen, die Musik strahlt mit ganz eigenen feinen Stilmitteln. Sie schmerzt, alles fließt irgendwie ineinander, übereinander, ätherisch, brüchig und wieder Alles niederreißend kraftvoll. Nichts zum Nebenbei hören, definitiv für die Nacht oder die dunkle Jahreszeit empfohlen schleicht sich diese Musik in jede Faser, erst fast unbemerkt, dann mit umso mehr Nachdruck und Langlebigkeit. Ein intensives atmosphärisches Kleinod mit dichten Distortion-Sounds und vielen feinen Details, das Hörern von Nischen-Sounds zwischen Alternative, Doom, Shoegaze und Post Rock mit viel dunkler, trister Grau-in-Grau-Atmosphäre im richtigen Moment ein guter Freund werden sollte.
Bewertung: 12/15 Punkten
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Cover mit freundlicher Genehmigung von Church Road Records/Outlander