Eela Craig – A Spaceman Came Travelling (3-CD Box)

Eela Craig – A Spaceman Came Travelling (3-CD Box) (MiG Music, 31.05.2024) COVER(45:21, 80:00, 42:28, 3-CD; MiG Music, 31.05.2024)
Kommt das Gespräch auf das Thema österreichischer Prog aus den 70ern, wird man wohl kaum in der Lage sein, unzählige Bands ‘runterzurattern – am ehesten dürfte hier der Name Eela Craig fallen. Nun hat sich das umtriebige Label MiG Music (Made in Germany) dankenswerterweise der Werke der Österreicher angenommen und veröffentlich vier Alben auf drei CDs. Allerdings ist hiermit nicht das gesamte Schaffen dieser Formation widergespiegelt, denn es fehlen Anfang und Ende, nämlich das gleichnamige Debütalbum aus dem Jahr 1971 (so früh ging es tatsächlich schon los mit Eela Craig!) sowie das fast völlig unbekannte Album “Hit or Miss” von 1986 (nur als LP erhältlich und in sehr abgespeckter Form von drei Originalmitgliedern eingespielt).

Zu den einzelnen Alben:

CD 1: One Niter
Dieses Album wurde 1976 veröffentlicht und sorgte für Aufsehen in der Symphonic Prog Szene. Schon allein das Tastenarsenal, das bei Live-Aufführungen aufgeboten wurde, war beeindruckend. Immerhin waren ja auch drei Keyboarder auf der Bühne. Durch den vielfältigen Einsatz von Mellotron und Synthesizern konnten die Österreicher ihren teils recht orchestralen, bombastischen Sound auch live aufführen. Vermutlich kein einfacher Job, weshalb mit Alois Janetschko, der für die Live-Abmischung zuständig war, als Bandmitglied aufgeführt wird. Der Mellotron-Fan wird gleich beim 14-minütigen Opener ‚Circles‘ bestens bedient. Ob Streicher, Bläser oder Chöre, das ist alles perfekt integriert, wobei auch eine echte Flöte nicht zu kurz kommt. So folgt beispielsweise auf das pompöse Tasten-Intro des Auftaktsongs eine sehr schöne Passage mit Synthi-Streichern und Flöte. Doch der Wohlklang wird schließlich abgelöst von temporeichen Passagen mit E-Piano und Gitarre, in denen auch mal (beispielsweise durch das Clavinet) eine Prise Gentle Giant durchklingt. ‘Loner’s Rhyme’ startet bedächtig mit einem schönen Flötenpart, der an King Crimsons ‘I Talk to the Wind’ erinnert. Nimmt dann aber Fahrt auf und hat später auch leicht funkige Passagen. Neben dem gewaltigen Symphonic Prog Sound haben die Österreicher aber auch Ausflüge in leicht jazzige Gefilde im Programm. Ein gutes Beispiel für diesen Mix bietet etwa der Track ‘One Niter Medley’ mit der typisch kölschen Spielzeit von 11:11, hier zeigt auch Gitarrist Riedelberger in diversen Soli seine Klasse. Tolles Album – aus Rezensentensicht aber leider nie live erlebt. Dabei war die Band durchaus viel live unterwegs, im Booklet ist die Rede von über 250 Konzerten in sieben Ländern, darunter in der Oper Frankfurt, der Oper Hamburg oder bei den Wiener Festspielen. Hauptsächlich wird hier ganz klar der Fan des klassischen Symphonic Prog angesprochen, speziell Tastenfreunde werden dank des voluminösen Sounds begeistert sein.
(12 Punkte)

CD 2: Hats of Glass / Virgin Oiland
Vier Alben auf drei CDs – da muss also etwas zusammengepackt worden sein. In diesem Fall hat man sich dazu entschlossen, nicht zu stückeln, sondern auf Chronologie zu verzichten und Album Nummer 3 und 5 zusammenzupacken. Es folgt also zunächst das Album “Hats of Glass” – 1978 erschienen und mit dem wohl bekanntesten Titel von Eela Craig versehen, ‘A Spaceman Came Travelling’, der das Album eröffnet. Ein Song mit hohem Wiedererkennungswert, der den Bekanntheitsgrad schlagartig erhöht haben dürfte. Dabei ist dies – für Eela Craig völlig ungewohnt – keine Eigenkomposition, sondern ein Song von Chris de Burgh! Die Österreicher haben hier einem radiokompatiblen Song ihren eigenen Symphonic Prog Touch verpasst. Mit dem Titelsong folgt die einzige Nummer des Albums, die die Marke von zehn Minuten überschreitet. Auch hier wird wieder feinster Symphonic Prog geboten, doch auf diesem Werk gehen sie insgesamt etwas “geglätteter” vor. Viele wunderschöne Melodien, auch wieder teils mit Flötenarrangements unterlegt, dazu wieder die geballte Tastenarbeit – ohne jedoch den Bombast-Grad des Vorgängers zu erreichen. Vermutlich bewusst, denn ein kleiner Schwenk Richtung Mainstream ist durchaus erkennbar. Auch verzichtet man auf die jazzigen Exkursionen. Hinzu kommt, dass nicht mehr nur nochBognermayr und Riedelberger für den Gesang zuständig sind, sondern mit Will Orthofer der Sänger des Debütalbums als Frontmann zurückgekehrt ist, der dann auch bis zum letzten Eela Craig Album dabei bleiben sollte. Einige seiner Gesangsmelodien setzen sich auch tatsächlich in den Gehörgängen fest.

Die zweite Hälfte der CD besteht aus dem 1980er Album “Virgin Oiland”. Wichtigste Änderung hier: Mitbegründer Bognermayr ist nicht mehr dabei, außerdem fehlt Drummer Hueber. Neue Gesichter gibt es aber nicht in der Band, denn Tastenbearbeiter hatte man ja eh genug, und ans Schlagzeug setzte sich Sänger Orthofer. Es geht auf diesem Album fließend weiter im Stile der kürzeren Songs von “Hats of Glass”, mit einem Schuss Pop Rock versehen. Nach wie vor haben weitgehend die Tasten das Sagen, die typischen Eela-Craig-Arrangements inlusive. Man hat auch mal einen Vocoder eingesetzt, die entsprechende Nummer ist allerdings etwas poppig geraten. Deswegen muss man den Song aber nicht so brachial abschneiden (anscheinend der Laufzeitbeschränkung geschuldet). Abgeschlossen wird “Virgin Oiland” mit einem etwas untypischen Song, da man sich hier meist auf Gesang, akustische Gitarre, Bass und Perkussion beschränkt.
(11 bzw. 9 Punkte)

CD 3: Missa Universalis
Dass man sich entschloss, dieses Werk für sich auf einer CD stehen zu lassen, macht sicherlich Sinn, denn hier hatten sich die Österreicher sehr viel vorgenommen und ein außergewöhnliches Opus kreiert. Die Mischung von Klassik und Rock sollte in Form einer Rock-Messe geschehen, wobei man sich auch an ihrem Landsmann Anton Bruckner orientiert. Man folgt der Messliturgie, der Gesang wird in vier Sprachen vorgetragen, man hält sich streng an die vorgegebenen Texte in lateinischer, deutscher, englischer und französischer Sprache. Der Hörer muss damit rechnen, hier -zig Kyrie Eleisons auf die Ohren zu bekommen (siehe bzw. höre Opener ‘Kyrie’, der andererseits mit recht ruhigem Start und weiten Synthi-Flächen sowie schönen Gitarren-Einschüben punkten kann). Der Schreiberling gehört sicherlich nicht zur Zielgruppe eines solchen Projektes, kann sich aber mit einigen musikalischen Arrangements durchaus anfreunden, denn es ist spürbar noch Eela Craig Musik, allerdings in speziellem Gewand.
(7 Punkte)

Abschließend noch eine Randbemerkung: es fällt beim Booklet auf, dass man sich sehr bemüht, den Namen Bognermayr zu vermeiden, es ist kein Foto von ihm enthalten und selbst bei den Gruppenbildern hat man offenbar welche gefunden, auf denen er nicht präsent ist. Das mutet etwas seltsam an, denn er hatte sicherlich als Mitbegründer und Komponist wesentlichen Anteil an der Musik von Eela Craig. 1980 war er nicht mehr dabei, gründete aber zu dieser Zeit zusammen mit Zuschrader ein Tonstudio namens “Elektronisches Försterhaus”, wo er sich unter anderem intensiv mit den Möglichkeiten des Fairlight CMI beschäftigte (siehe auch Erdenklang). Die beiden bildeten später auch die Formation Blue Chip Orchestra. Da sich Eela Craig im Streit von Bognermayr trennte, der 1999 starb, liegt die Vermutung nahe, dass dies ein Grund für das Auslassen bzw. Verschweigen sein könnte.

Insgesamt dennoch eine sehr erfreuliche Wiederveröffentlichung und eine tolle Gelegenheit für diejenigen, die bisher die Musik der Österreicher noch nicht kannten, sich damit auseinanderzusetzen (Anfang und Ende der Karriere ausgenommen, siehe oben). Und so wird bei der Gesamtbewertung nicht jedes Album mit dem gleichen Gewicht versehen, sondern das Gesamtprodukt und speziell das zweite Album hervorgehoben.
Bewertung: 11/15 Punkten


Besetzung:
Hubert Bognermayr – keyboards / electronics / vocals
Harald Zuschrader – keyboards / electronics / guitar / flute
Hubert Schnauer – keyboards / flute / guitar
Gerhard Englisch – bass / keyboards
Frank Hueber – drums / percussion (außer „Virgin Oiland“)
Fritz Riedelberger – guitars / piano / vocals
Wil Orthofer – lead and backing vocals (außer “One Niter”) / drums auf “Virgin Oiland”

Alois Janetschko – live mixing
Raoul Burnet – congas (tracks 2-4 auf “One Niter”)

Surftipps zu Eela Craig:
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Deezer
Last.FM
Wikipedia
Qobuz
Shazam
MusicBrainz

Abbildungen mit freundlicher Genehmigung: Eela Craig / MiG Music