(52:00; CD, Digital; Eigenveröffentlichung, 14.06.2024)
Gut, dass ich über diese Südaustralier stolpern durfte. Das offiziell zweite Studioalbum nach dem bereits schon gelungenen „Liminal“ aus 2022 ist ein unbedingtes Antesten wert für Freunde ruhiger Porcupine Tree, No Sound, Anathema, Kristoffer Gildenlöw, Riverside, The Pineapple Thief und der sanften Katatonia Seite. Sehr dicht reihen sich die meist längeren Songs aneinander und auch positiv ineinander, entwickeln mit viel Melancholie einen unaufhörlichen Sog. The Slow Light binden den Hörer, schaffen es über die komplette Albumlänge, mit einem hohen Maß an Emotionalität und vielen feinen stimmigen Details in Arrangement und Sound ein Nest zu bauen, dem man in Endlosschleife beiwohnen möchte. Meist im schwebenden, teils doomig rockenden New Artrock verhaftet, ist Sänger Jack Bolingbroke ein Steven Wilson/Vincent Cavanagh Soundalike und das meine ich als Porcupine Tree/Anathema Fan ausschließlich positiv. Am Ende stimmt das Songmaterial der noch wenig bekannten australischen Band durch die Bank. Düsteres, im Doom Metal der 90s Verhaftetes wie ´Paradigm´ gemahnt an die „Judgement“ Phase der British Doomster von Anathema, hat aber auch hier bereits viele Athmo Prog Rock Elemente intus, so dass der Metalanteil nie den Fokus innehat. Im Gegenteil, sehnsüchtige Vocals sind fast ausschließlich das zentrale Element, viele gut durchkomponierte Gitarren werden von schwebenden Synths unterfüttert – der Melancholieflow ist permanent on. Ob hymnisch schleppend und mit vielen schönen Gitarrenmotiven ausgestattet wie in ´Throw My Life Into A Fog´ oder ‘Encased´, ein stets feines Fretless Bass Spiel ist mit vielen Details am Wirken.
Es ist moderner dunkler Progrock, der das offensichtliche Proggen aber trotzdem draußen lässt – es steht die Atmosphäre allumfassend in jedem Song an oberster Stelle. ´Silhouette´ ist ausufernd bei gleichzeitig zerbrechlicher Note, während ´Burning Omen´ mit viel Groove und tollen Fretless Bass Elementen punktet. Stimmlich mit eindeutiger Steven Wilson Note darf man in genau eben dieser Entrücktheit treiben, die auch die fragile Seite so manch Porcupine Tree Klassikers definierte. ‘Indelible´ ist kurzer sanfter Schmerz, hat viel Traurigkeit in seiner Melodie, manch alter Airbag Song oder K. Gildenlöw in seinen dunklen Momenten blitzen hier auf. Mit fast zehn Minuten ist ´My Regret´ der Longtrack der Platte und so voll mit bittersüßem Weltschmerz. Auch hier gibt es unendlich traurig fragile Parts, die an jüngere Anathema gemahnen und die Band gibt der Musik Raum, sich liebevoll aufzufächern. Piano tröpfelt, Soundeffekte mit Pink Floyd DNA sind offenkundig, man spielt nach hinten raus schön rockig und orchestral in die Weite – mehrstimmige Vocals hier und da. Der Titelsong ist erneut sehr balladig, schwermütig mit viel Piano, Falsett-artigem Gesang und typischen 70´s Mellotronsounds zu akustischen Gitarren und wird auch hier dem geneigten S. Wilson Fan ein kleines Lächeln ins Gesicht zaubern. Wichtig zu betonen, dass nichts irgendwie halbgar nach Plagiat klingt, die Stilmittel sind einfach ähnlich gelagert, die Emotionalität fühlbar. Mit dem gelungenen Apparat-Cover von ´Goodbye´ beschließt man ein feines melancholisches Album in Sachen New Artrock und dürfte Freunde aller oben genannten Bands mit einigen wenigen Anläufen gut reinfahren.
Bewertung: 12/15 Punkten
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Line-Up:
Rory Amoy – Drums and Percussion
Jack Bolingbroke – Vocals, Guitar, Synthesizer, Piano, Mellotron
Nathan Churches – Piano (Tracks 3, 5, 7, 8, 9, 10)
Morris Ewings – Fretless Bass
Cover: Mit freundlicher Genehmigung von The Slow Light