Lorimer Burst, They Call Us Weak, 08.06.24, Bonn, Kult41
Sex, Drugs and Post Rock
Da standen sie also wieder, die beiden bekennenden NICHT-Experten für Post Rock – Hoppi und Klausi. Vor ihrer nächsten Post-Sause. Auf der anderen Seite ist Dennis von Lorimer Burst inzwischen sowas wie ein guter Kumpel. Insofern präsentieren wir natürlich auch, zwar ohne Expertise, aber mit freudigem Stolz und – besonders heute Abend – Neugier die Live-Aktivitäten der sympathischen Hannoveraner.
They call us Post Rock
Doch zuvor lockte an diesem bereits hochsommerlich schönen Juni-Abend das Lokalgewächs They Call Us Weak das erfreulich zahlreich erschienene Publikum aus der Sonne in Bonns zumindest für die Basisförderung allerwichtigsten Club, das Kulturzentrum Kult41. Eigentlich hätte Etanol eröffnen sollen, was durch eine ernste Erkrankung leider verhindert wurde.
Deren Bandpapa und Gitarrist Isak Peñalver hat aber gemeinsam mit André Terhorst (guitar), Frank Curten (bass) und Claus Trts (drums) mit They Call Us Weak eine weitere Post-Rock-Formation aus Bonn am Start, die freundlicherweise und gern einsprang.
Apropos sympathisch: Soweit wir das beurteilen können, sind TCUW äußerst virtuos unterwegs, speziell Isak flashte den Autor total mit den fingerbrecherischen “Andy-Summers-Akkorden”, mit denen er seine bildhübsche Paul Reed Smith traktierte.
Das bedingte schon einmal einen hohen Unterhaltungswert, genauso wie die Stage Moves des zweiten Gitarristen André, der sich schon mal mitten im Stück auf den Rücken plumpsen lässt, auf dem Boden aber ungerührt weiterzockt. Und seine Strat gerne auf der flachen Hand stehend “balanciert” (wenn das die Hausratsversicherung mitbekommt!).
Weiterer Entspannungsmoment – genau wie Lorimer Burst (und wir) haben TCUW mit Schubladen absolut nichts am Hut. They might call us Post Rock, but we play what we like.
Und das hat jede Menge Metal-Kanten.
In Wellen auf- und abschwellendes Filigran-Flirren? Fehlanzeige, stattdessen mischt Isak satanische Dissonanzen à la Slayer in sein enorm flüssiges Spiel. Und die präzisen Rolls von Drummer Claus haben bisweilen die Frequenz und den Sound von Presslufthämmern.
Post Rock? Vielleicht, aber gleichfalls feinstes Headbanging Futter!
Auch Longtracks wie das köstliche 7:20 Minuten währende ‘Asturias’ stimmten den Metal-Proggie euphorisch.
Fehlte also gar nichts? Mhm, vielleicht ein Quäntchen Kommunikation. Kein “Nahmd, wir sind…” Naja, jedenfalls bis kurz vor Schluss nicht. Da kam noch ein “Ich bin kein Freund großer Worte. Der Alkohol spricht aus mir (kurze Pause). Also ich muss mehr trinken”. 😊
SETLIST (auch manche Songtitel deuten auf reichlich vorhandenen Schalk hin):
Red Waves
Future
Asturias
They Call Us Weak
Better Days
Ammonite
Anaxomandras
Andrés Knie tut weh
M3 meets LDC (meets Gilmour)
Dennis Schruhl (guitar), Arne Grosser (Schlagzeug – u. tatsächlich ein Großer) sowie Matthieu Fabien sind Lorimer Burst. Und sie sind großartig. Ihr Name leitet sich von Duncan Lorimer her, “who in 2007 discovered the first transient radio pulse also known as Fast Radio Burst.”
Da merkt man schon an Konzept und Name, dass das Trio keine 08/15-Post-Rock-Band ist. Sonst hießen sie schließlich “Burst Under The Empire”, “Maybelorimerwillburst”, “Duncan Found Bursts In The Horsehead Nebula Sector” oder “So I Watch You Burst From Afar”.
Ihr bislang einziger Longplayer und die EP sind Konzeptwerke, die immer irgendwie mit dem Weltall zu tun haben und phantastisches Kopfkino abgeben. So food for nerds? Keineswegs – dies ist deftigst rockender Live-Stoff, bei dem auch Progressive und sogar Stoner Rock gelegentlich Sternschnuppen-Auftritte haben.
Das Konzert beginnt mit den zwei Teilen von ‘The Flight Of Ham’ und setzt so Ham ein musikalisches Denkmal, dem ersten Schimpansen, der (wie man zumindest annehmen muss: unfreiwillig) zum ersten Astronauten seiner Art wurde.
Wir fliegen weiter … Und erreichen den hoch melodischen und ein wenig dramatischen’Kosmos 2543′, von Keyboardsamples angekündigt.
Arne zum Mixer: “Kann ich ein bisschen mehr Gitarre auf dem Moni haben?”
Dennis halblaut: “Gute Wahl.”
Arne: “Ich bin auch kein Freund großer Worte…”
Wenn es mal – wider Erwarten – mit dem Post Rock nicht mehr so laufen sollte, scheint uns hier noch eine zweite Karriere als Standup Comedians zu winken.
‘Transition’ nimmt etwas Tempo ‘raus und begeistert mit einem herrlich knorrigen Bass-Sound (das Instrument ist komplett aus Aluminium!) und schönen Wechseln zwischen Riff-Strophen und extrem gekonnten Solier-Refrains.
Spätestens hier wurde übrigens auch die Light Show des – NB: nicht-kommerziell betriebenen – Kult41 richtig gut.
Und der Sound war – wie immer hier – exzellent, allerdings deutlich lauter als sonst – LB hatten ihren eigenen Mixer dabei 😊.
Haralds Liebling war – neben dem letzten Stück des Abends – ‘Voyager’. Umso schöner, dass dessen erster Teil durch einen kleinen Fehlstart gleich zweimal gegeben wurde. Das Stück ist tatsächlich live um Faktoren intensiver als auf Platte, wie sich tags drauf im “Test the West”-Vergleich ergab.
Abermals sehr spacig wurde es mit ‘Antares IV’. Sodann der Favorit des Schreibluders: ‘Vityaz’. Sexy Monkey3-Feeling trifft auf das Treibende von Long Distance Calling oder Toundra. Die Sahnehaube ist die verlangsamte Coda mit gilmoureskem extended Single-Note-Solo von Dennis.
Und dann gab es noch… ‘Untitled’, da neuer Song, grade fertig geworden.
Drones, dann Synths mit J. M. Jarre-Sound, über diesem Fundament geht dann die wilde Jagd los. Dennis nach dem Konzert, als man noch erfreulich und erstaunlich lange klönend zusammensaß: “Vermutlich unser proggigster Song bislang”. Das lässt noch mehr aufs nächste Album hoffen (genau wie ein paar andere Dinge, die wir aber noch nicht verraten können)…
Bursting out…
SETLIST:
The flight of Ham (Part I: Hero)
The flight of Ham (Part II: Victim)
Kosmos 2543
Transition
Voyager
Antares IV
Vityaz
Neuer Song (untitled) !
Live-Fotos: Harald Oppitz (in der Bildmitte)
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Venue und Veranstalter: Kult41 e.V.