Über Mindpatrol stolperte der Rezensent eher zufällig, als Altesia einen Headliner Gig in Luxemburg spielten. Einen Headliner Gig, der gar keiner war. Denn nach den Franzosen betrat entgegen allen Erwartungen noch eine luxemburgische Band die Bühne. In Redaktionskreisen waren Mindpatrol bis dato völlig unbekannt gewesen. Und das trotz vier Konzeptalben im Bereich Extreme Prog Metal. Zu “Vulture City” und “Ikaria”, den beiden letzten Alben, hatte Sänger Luc François sogar begleitende Romane verfasst, in denen er die Geschichten der Platten noch weiter vertiefte. Auch “Monster” unterliegt einem Konzept, ist allerdings kein vollwertiges Album, sondern lediglich eine Drei-Track-EP mit Bonustrack.
Eigentlich könnte man hier auch von einem einzigen Longtrack in drei Teilen sprechen, doch eine solch lange Single wäre wohl nur schwerlich zu vermarkten gewesen. Bei “Monster” kommen Mindpatrol übrigens erstmals ohne begleitendes Buch aus. Dies war nicht nötig gewesen, da die EP doch die Vertonung Naoki Urasawas preisgekrönter Manga-Reihe “Monster” ist, die dank ihrer vielschichtigen Figuren und der komplexen Handlung Kultstatus genießt. Soll heißen, dass die Begleitliteratur zu “Monster” schon vorlag und nicht mehr geschrieben werden musste. Das unspektakulärste an “Monster” ist tatsächlich das vierte Stück der Scheibe, der Bonustrack. Unspektakulär nicht etwa, weil das Mindpatrols Cover von ‘Aerials’ schlecht geraten wäre, sondern einfach deshalb, da es viel zu nahe am Original von System Of A Down ist. Ein netter Bonus eben, aber auch nicht mehr.
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Anders dagegen die drei Kernstücke des Albums. Textlich gehen Mindpatrol bei diesen auf die zentralen Figuren der Serie ein. ‘Tenma’ etwa spielt aus Sicht des lebensbejahenden Protagonisten und vereint dessen sanftes Gemüt und die Abgründe, mit denen er sich konfrontiert sieht, während sich ‘Magnificent Steiner’ um die Folgen eines Kindheitstraumas dreht. Das abschließende ‘Nameless’ stürzt sich Hals über Kopf in die innere Leere des Antagonisten Johan Liebert. Auch musikalisch sind diese drei Stücke sehr verschieden geraten und verbinden unterschiedlichste Genres und Gesangs-Stile. ‘Tenma’ beginnt mit einer schönen Melodie auf der Akustischen, die dann urplötzlich von einer Leiden ausdrückenden Doom-Gitarre abgelöst wird. Als der Gesang einsetzt, möchte man für einen Moment denken, Greg Macintosh hätte hier gemeinsame Sache mit Hansi Kürsch gemacht.
Die eingestreuten Growls lassen dann aber wieder jegliche Assoziationen mit Blind Guardian verblassen und den Namen Paradise Lost noch prominenter in den Vordergrund treten. Es ist ein so vielleicht noch nie gehörter Mix, aber ist das jetzt Extreme Prog? Nicht wirklich. Experimentell ist es allerdings allemal. Und proggy wird es spätestens dann, wenn nach dreieinhalb Minuten ein Instrumentalteil einsetzt, der von Synthie-Sounds geprägt ist. Zu dem sich kurz drauf noch Post-Metal-Gitarren und Black-Metal-Gekeife gesellen. Ein musikalischer Bruch? Denkste! Dies ist ein interessanter Songaufbau, der wirklich wunderbar funktioniert. Ein wenig lässt hier sogar Vegard Sverre Tveitan grüßen!
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Symphonisch weiter geht es bei ‘Magnificent Steiner’, das vom französischen Komponisten Louis Viallet (Metal With Orchestra) arrangiert worden ist. Orchestrale Klänge treffen hier auf dampfenden Metal, wie man es in ähnlicher Weise von “Lingua Mortis”, Rages Flirt mit den Prager Symphonikern her kennt. Anders geartet ist hier allerdings der Gesangsstil, der vorwiegend von der böswilligen Art ist, ohne dabei in Growls oder Grunts zu verfallen. Als Kontrast dazu ein clean gesungener Chorus, der schnell ins Ohr geht.
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Auch ‘Nameless’ kommt nicht ohne Orchester aus und erinnert anfangs sehr stark an eine Filmmusik. Bombastischer als die anderen Stücke ist dieser Track anfangs, und trotz alledem der sanfteste auf dieser Platte. Zumindest bis Gast-Hirsch Nils Wittrock das Mikrofon ergreift und mit seinem Gekeife Gift in die musikalische Suppe schüttet. Ein Gebräu, in dem es zudem Akustikgitarre, Piano, große Gesangslinien, Growls, fette Bläser und ein hörenswertes Gitarrensolo gibt. Ein fulminanter, neun-minütiger Trip, auf dem es unheimlich viel zu entdecken gibt und der den Höhepunkt dieser EP markiert.
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Spätestens hiernach sollte man Luxemburg und insbesondere Mindpatrol auf der progressiven Landkarte haben!
Bewertung: 11/15 Punkten
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Besetzung:
Luc François – Gesang
Yann Weidig – Gitarre
Miguel Gruselle – Gitarre
Julien Barbarito – Bass
Romain Gruselle – Drums
Gastmusiker:
Louis Viall – Orchestrierung (track 2)
Nils Wittrock – Gesang (track 3)
Diskografie (Studioalben):
“Downfall Theatre” (2013)
“The Marble Fall” (2015)
“Vulture City” (2017)
“Ikaria” (2021)
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Konzert- & Festivalberichte:
02.11.22, Lëtzebuerg (LU), Rock Box
Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Mindpatrol zur Verfügung gestellt.