Avantasia-Vibes
Zu diesem Unterfangen liefen sowohl Schmierfink wie Lichtbildkünstler mit etwas gebremstem Schaum auf. Der Fotograf, weil er es erklärtermaßen nicht so mit Tribute Acts hat. Der Texter (und seit 2012 glühender Maiden uniteD-Fan), weil er bereits 2023 für eine One-off “1980” Show der Maidens nach Tilburg gepilgert war. Sodass heute ja wohl nicht mit allzu viel Überraschungen mehr zu rechnen war. Wir lagen aber beide mit unseren Bedenken gründlich falsch…
… Harald, weil Maiden uniteD für eine Cover-Band viel zu eigenständig klingen – und wenn Ober-Maid Joey Bruers wirklich mal Lust aufs Covern haben sollte, hat er dafür ja noch seine “Up The Irons” im Feuer.
Und auch das Schreibluder hätte sich keinerlei Sorgen um “kenne ich doch alles schon”-Effekte zu machen brauchen. Die Überschneidungen mit dem Konzert vom 11.02.2023 bestanden gerade mal im Song-Basismaterial – Iron Maidens Debüt “Iron Maiden” (1980; Gesang: Paul Di’Anno) – und in der Anwesenheit ihres ersten Gitarristen, Dennis Stratton. Der allerdings vergangenes Jahr einen Großteil des Konzerts in Anekdotik geschwelgt hatte. Aktuell keine Spur mehr davon. Auch alles Sonstige war wirklich komplett anders, was Dramatik, Akustik und Optik betraf. Dafür sorgte allein schon die charmante Gastsängerin Celine Horsten, die bereits am MU-Studioalbum “1980” sowie am Live-Album “Behind Red Tilburg Curtains” mitgewirkt hatte.
Was könnte als Ouvertüre für einen solchen Abend besser passen als der – hier atemberaubend verlangsamte – Song ‘Iron Maiden’?
Genau. Joey zeigt sich denn auch prächtiger Laune aufgrund des trotz erstmaligen Besuchs in Bonn (vor vier Tagen hatten sie noch wie so oft schon im Pitcher in Düsseldorf gespielt) und trotz des Montagsabends so zahlreich und gutdrauffig erschienenen Bundesstadt-Publikums. Und stellte dem seine aktuellen Mitstreiter vor, z. B. den ausgezeichneten (Akustik-) Leadgitarrist und Sänger aus Portugal, Ricardo Gordo, der sogleich mal ‘Strange World’ anstimmen durfte.
Oder Michiel van den Boer (Tiltmusic) an einer attraktiven und schön bespielten Hammond-Orgel (Joey: “Iron Maiden hatten keine, wir aber!”). Oder Pim Goverde (Ex-Extremities (Wahnsinnsband!), Godscum, Rage Against The System) am Schlagzeug.
Für ‘Charlotte The Harlot’ übernahm Dennis den Leadgesang (Textzeilen wie “Show me your legs” überlässt ihm Celine sicher gern und übernimmt lieber sehr kompetent die Backing Vocals). Genau wie beim unverwüstlichen ‘Prowler’, der durch Michiels geschmackvolle Orgel-Parts in unerwartetem Canterbury-Glanz erstrahlte.
Die inoffizielle rumänische Nationalhymne ‘Transsylvania’ benötigt gar keinen Gesang, wohl aber ‘Sanctuary’ – und erhielt ihn von Ricardo.
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‘Running Free’ ertönte als Instrumental umarrangiert für auf zwei Akustikgitarren (Dennis und Ricardo) verteilte perlende Läufe.
Was soll da noch kommen? Nun ja, der Auftritt eines weiteren “Gaststars” natürlich. Der so auf die Bühne komplimentierte Markus Brand ist Sänger der seit Anno Pief alljährlich in der Harmonie gastierenden Maiden-Cover-Band aus Bonn – Killerz – und hatte somit ein Heimspiel auf dieser Bühne.
Und bei ‘Children Of The Damned’ geschah es dann: Das Bandprojekt, das nie die Musik ihrer Idole stumpf nachspielen wollte, klang teilweise ganz derbe nach Iron Maiden – mit Dickinson. Nun, es gibt wirklich Schlimmeres, nehmen wir jedenfalls an…
‘Phantom Of The Opera’ sei das Lieblingsstück von sowohl Joey wie Dennis, lernten wir noch im Folgenden. Nicht faul gab es jetzt also erst die MU-Version des Maiden-Stückes als echtes Duett zwischen Celine und Markus. Und gleich danach noch die souverän solo von der jungen Sängerin getragene MU-Fassung der Vorlage von Andrew Lloyd Webber. A night at the opera indeed!
Die wieder als Duett gegebene Version von ‘Can I Play With Madness’ hatte m.E. mehr Avantasia- als Maiden-Vibes, wäre insofern aber auch für große und größte Bühnen geeignet. Noch ein relativ rockiges ‘Wrathchild’ (Markus). Dann war es aber auch allerhöchste Zeit für die Zugabe / das letzte Stück (denn, so Dennis, “We only SEE the bar”): eine melodieselige Fassung von ‘Wasted Years’, bei der Ricardo, Celine und Markus abwechselnd die Strophe und alle drei zusammen den leidenschaftlichen Refrain übernahmen.
Tosender Applaus von uns, glaubwürdig klingende Versprechen von Joey, nach Bonn zurückzukehren – und nicht an einem Montag.
Apropos – noch im September dieses Jahres geht es wieder auf “1980”-Tour, da kann man die Formation u.a. im schönen DRU zu Ulft (NL) erleben.
Line-up:
Joey Bruers – Bass
Dennis Stratton (1997-1980 Iron Maiden) – Guitar, Vocals
Ricardo Gordo – Guitar, Vocals
Pim Goverde (Extremities, Godscum) – Drums
Celine Horsten – Vocals
Markus Brand (Killerz) – Vocals.
Live-Fotos: Harald Oppitz
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Wikipedia
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Konzertbericht 2020
Konzertbericht 2019
Rezension “Barrelhouse Tapes” (2019)
Interview m. Joey Bruers (2018)
Interview m. Joey Bruers (2018, deutsche Übersetzung)
Rezension “Empire of the Clouds (2018, 15/15)