Um diese Band besser zu verstehen, sollte man Radiohead kennen. Sowohl Thom Yorke als auch Jonny Greenwood haben dort bereits die Zügel in der Hand gehalten, und das tun sie auch hier. Nach ihrem Debüt “A Light For Attracting Attention” jetzt also “Wall Of Eyes”. Wiederum mit Tom Skinner an den Drums, der Rest wird von den Hauptakteuren selbst erledigt. Vorab: Das Album ist nichts für labile Menschen. Zu düster, zu traurig, zu negativ. Das ist ja nichts Neues bei den Herren, auch Radiohead haben das hingekriegt. Wer also auf diese Art von Musik steht, kriegt hier die volle Dröhnung.
Es ist an einem schönen und endlich mal wieder sonnigen Sonntagmorgen gar nicht so einfach, in diese Welt voller Abgründe einzutauchen. Wenn du plötzlich merkst, dass die Musik schon seit 15 Minuten läuft und du sie eigentlich noch gar nicht so richtig wahrgenommen hast. Weil sie so unscheinbar klingt, so weit entrückt und nicht von dieser Welt. Also bitte volle Konzentration und ‘Read The Room’ wieder starten. All diese Feinheiten entdecken. Die Noten hören, die gar nicht gespielt werden. Ach Gott, ist das schön, sich in seinem Selbstmitleid zu suhlen.
Also gilt es, gedankenverloren im Sessel zu hocken und diesen (Nicht-)Kompositionen zuzuhören. Dabei konzentriert bleiben, nicht abzudriften. Das ist keine Musik für Nebenbeihörer. Das ist echt harter Stoff. Mal fordert dich ein unendlich gespieltes Riff (‘Under Our Pillows’), mal (zu viele?) Streicher wie in ‘I Quit’. Innovativ oder experimentell ist das in unserer Zeit allerdings nicht mehr, das war es mal vor 24 Jahren als sie “Kid A” als Radiohead veröffentlichten. Zumindest aber ist es qualitativ ähnlich. Viele von uns empfinden diese elektronischen Klänge in unserer inzwischen hoch moderneren Welt wohl mittlerweile “menschlicher”, mit mehr Tiefe und zerbrechlichen Melodien. Man hat sich halt daran gewöhnt, mit der inzwischen möglichen Elektronik. Wer jetzt skeptisch ist, sollte sich den Acht-Minuten-Track ‘Bending Hectic’ zuerst anhören. Ich denke, dass jeder mich spätestens jetzt verstehen sollte. Falls nicht, hat er zumindest in das neue Album mal rein gehört. Radiohead-Fans, die schon “OK Computer” und die folgenden Alben der Nullerjahre abgefeiert haben, legen sich dieses Album sowieso zu.
Ach ja, noch für Komplettisten: Nigel Goodrich hat das Album diesmal nicht produziert, sondern Sam Petts-Davies. Der hat Erfahrungen gesammelt mit Warpaint, Roger Waters, Red Hot Chili Peppers oder Michael Kiwanuka. Also sehr unterschiedlichen Musikern mit sehr unterschiedlichen Stilen.
Bewertung: 11/15 Punkten
Tracklist:
01. Wall Of Eyes 5.04
02. Teleharmonic 5.08
03. Read The Room 5.12
04. Under Our Pillows 6.12
05. Friend Of A Friend 4.33
06. I Quit 5.31
07. Bending Hectic 8.03
08. You Know Me! 5.21
Line-Up:
Jonny Greenwood – bass, guitars, keys
Thom Yorke – bass, guitars, vocals, keys
Tom Skinner – drums
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27.06.22, Lëtzebuerg (LU), Neimënster
Abbildungen: The Smile