Dynamosis: Stellar Cynic obscured by…
Heuer gab es schlechte und gute Nachrichten für Fans des Prognosis-Festivals: Das im vergangenen Jahr zwar dann doch nicht auf schon mal angekündigte drei Tage angewachsene, aber dafür sowohl in Eindhoven wie London stattgefunden habende Progressive-Metal-Format entfiel für 2024.
Jedoch: Ganz Gallien? Nein, in Kooperation mit dem kultigen Dynamo-Rock-Tempel in Eindhoven veranstaltete man einfach ein eintägiges Festival im März statt ein mehrtägiges im April – wohl bedingt durch die Gelegenheit, zwei Top-Tourneen des Genres Progressive Death Metal zu verschmelzen – Cynic und Persefone.
ProgDeath Speed Dating
Und das Ganze recht eigenständig und gelungen angerichtet: auf nur einer Bühne des im Vergleich zum Prognosis-Hauptquartier Effenaar deutlich kleineren (Kapazität mit Empore: 600 Besucher) Dynamo. Und – da sieben Bands unterzubringen sind – mit Spielzeiten von 30, 40, 50 und (nur für den Headliner) 60 Minuten. Das klingt jetzt in der Theorie möglicherweise ein wenig abgehetzt und nach Schmalspur. Funktionierte in der Praxis aber großartig. Einzig eine “Dinner Break” von mehr als 30 Minuten wurde ein wenig vermisst. Doch aufgrund der absolut zentralen Lage der Halle ließen sich auch solche kulinarischen und andere Nachschubprobleme komfortabel lösen.
Lampr3a
Wo hat sich unsere heutige Aufmacherband seit der Gründung 2016 nur vor uns versteckt! Im heimischen Baskenland? Der hochvirtuose instrumentale Progressive MathMetal des Trios erwies sich schnell als idealer Einstieg. Für ihre EP “Neurocoalescence” hatten die Basken mit Christian Münzer kooperiert – von daher vermutlich die Verbindung zu Obscura. In Eindhoven stand das Longplay-Debüt von 2023 im Vordergrund, “ESnSE”.
Was Gitarrist Angel Vivaldi auf seiner headless Siebensaitigen zu dieser frühen Stunde schon beim Opener ‘Magla’ auf uns niederhageln ließ, war begeisternd bis verstörend. In seinem von dem Kollegen am Stick und vom exzellenten, aber im Mix reichlich lauten Drummer befeuerten Spiel fließen Holdsworth-Legato, Tapping-Rasereien, Powerchords oder zarte “akustisch” klingende Passagen so mühelos zusammen, als hätte das schon immer zusammengehört. Und hintereinander in 40 Sekunden Spielzeit gepasst. Ihm dabei genau aufs Griffbrett schauend tauchten die Worte “Spinnenfinger” und Bilder von einem solierenden Knetgummi-Frank Zappa (aus “200 Motels, glaube ich) im Kopf auf.
Mit Ansagen wird bei einem halbstündigen Set naturgemäß kaum Zeit verbrannt: “We don’t talk a lot”. Ein weiterer humoristischer Höhepunkt: Das Publikum ausgerechnet beim nun wirklich bestialisch komplizierten Groove des abschließenden “ESnSE”-Titelsongs zum Mitklatschen auffordern.
Thema “Zuspielungen”: Piano-/Synths-/Cembalo-Sounds kamen hier nur vom Band, warfen aber wirklich interessante Kontraste auf. Der Sound war insgesamt ausgezeichnet – druckvoll, aber nie zu extrem, wie erfreulicherweise den Rest des Tages auch.
Stellar Circuits
Diese Prachtband aus Winston-Salem, North Carolina war der Hauptgrund fürs spontane Buchen eines Hotels, als der Dynamo-Termin angekündigt wurde. Denn den ToolCore, den Sänger Ben Beddick & Co. auf dem letztjährigen Album “Sight To Sound” ausgepackt haben, wollte der Autor unbedingt auch mal live erleben.
Und erlebte tatsächlich ein starkes Set, bei dem der erhabene Klargesang begeisterte, das allerdings von den Screamo-Passagen hier weit mehr dominiert wurde, als in den Studio-Versionen von z. B. dem Aufmacher ‘Witch House’, ‘Nocturnal Visitor’ oder dem triumphierendem Finale ‘The Polar Dream’.
Bei ‘Catch Your Death’ (jetzt bloß keine Erkältung einfangen) zieht Ben blank. Bzw. sein T-Shirt aus. Hat man (jottlob) ja auch nicht so oft bei Prog-Konzerten. Einzige Kritik: die persönlichen Lieblingssongs ‘For The Birds’ und ‘Alchemy’ glänzten durch Abwesenheit auf der Setlist.
Cryptosis
Der atemlos nach vorne prügelnde (Progressive) Thrash Metal dieses niederländischen Trios bot nach den bisherigen angenehm verkopften Angeboten eine deftige Abwechslung. Laurens Houvast (vocals/lead guitar), Frank te Riet (bass/(mellotron)/backing vocals) und Marco Prij (drums) waren absolut nicht geneigt, sprichwörtliche Gefangene zu machen!
Tatsächlich war es mir bei dem Double-Bassdrum-Geballer von z. B. dem krönenden Abschluss ‘Flux Divergence’ mit seinem trügerisch langsamen Herzschlag-Intro kaum noch möglich, Einzelschläge auseinander zu halten – Kall, mei Droppe!
Ihre Vor-Formation Distillator war bereits seit 2020 aktiv. Als Cryptosis gehören das Album “Bionic Swarm” sowie Support auf der aktuellen Cynic/Obscura-Tournee zu den bisherigen Highlights ihrer Karriere.
Hypno5e
Szenenwechsel, aber total. An der Band um Sänger Emmanuel Jessua war nicht nur bei uns immer mal wieder kritisiert worden, wie sehr ihr Live-Sound von Zuspielungen getragen wird – also auf Platte ein Fest, auf der Bühne so la la, der optimale Ort um Hypno5e zu genießen, könnte vielleicht ein audiophiles Kino sein?
Die halbe Stunde Spielzeit reichte den Franzosen für drei Stücke, wobei ‘Solar Mist’ und ‘Acid Mist’ suitenartig ineinander übergingen. Soweit beobachtbar war hier das Dynamo-Publikum mehrheitlich noch ein wenig mehr beeindruckt als wir.
Persefone
Andorra’s Finest Persefone hatten auch weit oben auf der “Unbedingt mal live sehen”-Liste gestanden. Zumal sich bei der Combo viel bewegt. Mit Daniel Rodríguez Flys ist ein neuer Sänger und mit der EP “Lingua Ignota: Part I” starkes, topaktuelles Material am Start.
Das auch mal so eben (Sorry, Cryptopsy) den bisherigen Härterekord des Festivals kassierte. (Almost) no clean singing. Vollgas statt symphonischer Parts. Praktisch keine Pause zwischen den Stücken. Etwas unerwartet, aber toll.
Höhepunkte der wilden Jagd: das trügerisch betitelte ‘Stillness Is Timeless’ und ‘Living Waves’, bei dem – wie schon auf dem “Aathma”-Album – Paul Masvidal den Intro-Gesang übernahm.
Obscura
Der prachtvolle Backdrop stimmte bereits auf das Folgende ein. Aus deutschen Landen frisch auf den Dynamosis-Tisch: Obscura! Beim bereits 2002 als Illegimitation gegründeten Quartett ist aus diesen Tagen nur noch Bandboss Steffen Kummerer (vocals & guitars) dabei, aktuell unterstützt von Christian Münzner (guitars), Jeroen Paul Thesseling (bass) und David Diepold (drums).
Uns interessierte brennend, wie sich der 2020 geschehene kreative Aderlass durch den Verlust von Wunder-Bassist Linus Klausenitzer, Gitarrist Rafael Trujillo sowie Schlagzeuger Sebastian Lanser an den Prog Death Rising Star Obsidious auswirken würde.
Spontane Erleichterung, wenn auch aufgrund des folgenden Live-Infernos keine Entspannung: Obscura sind immer noch ein aufregendes, beeindruckendes Erlebnis. Wichtigste Erkenntnisse dabei: Jeroens Fretless-Bass-Spiel ist eine wahre Freude. Und die aktuelle Besetzung hat ein paar der schönsten Twin-Leadguitar-Parts im Death Metal zu bieten.
Thema Zuspielungen: Hier die (für ‘Forsaken’ nun mal unabdingbare) Akustikgitarre. In Summe ein phantastischer Auftritt der Co-Headliner.
Cynic
Für Chef-Obskurant Steffen ging es übrigens – nur von einer erstmals ganz leicht überzogenen Umbaupause unterbrochen – noch weiter. Am linken hinteren Bühnenrand versteckt steuerte er die Growls/Grunts bei, ohne die eine (als letztmalig auf dieser Tour angekündigte) Komplettaufführung von “Focus” nicht funktionieren würde. Dem u.a. als “the ninth best debut metal album of all time” verschrienen Meilenstein-Album, auf das sich seither ein ganzes Musikgenre bezieht.
Nach der bei diesem Auftritt leider nur vier von acht Titeln des Albums währenden Delikatesse blieb also noch Raum für vier wunderbar melodische Highlights der aktuellen Cynic-Phase, ‘Kindly Bent to Free Us’, ‘In a Multiverse Where Atoms Sing’, Adam’s Murmur’ und ‘Evolutionary Sleeper’. Möglicherweise inspiriert durch folgendes Geschehen: zwei Abende zuvor hatte es der Cynic-Drummer nicht pünktlich zum Tourstart geschafft. In Reaktion darauf spielte Paul Masvidal in Bochum ein Solo-Set und Obscura agierten als Headliner.
Das in Eindhoven Gebotene erwies sich als würdiger Abschluss dieser kleinformatigeren aber Großes Versprechenden Prognosis-Spielart. Zurück zur Eingangsüberlegung und Überschrift: Hätte die Zugkraft dieses Pakets für die zwei Bühnen des Effenaar gereicht? Möglich. Hätte man dieses Billing über zwei volle Festivaltage “strecken” können? Easy. Aber genau so wie hier erlebt, war dieses “Speed Dating” perfekt.
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