MMTH, Stromkasten, 27.03.24, Köln, Stereo Wonderland
Die perfekte Welle
Vorab: Der Autor ist mit einer Handvoll Ausnahmen kein besonders fanatischer Anhänger von und schon gar kein Experte für Post Rock. Dennoch war ein Lokaltermin natürlich Ehrensache, als die von uns freudig präsentierte Tour von MMTH in unserer erweiterten Nachbarschaft Station machte.
Und zwar konkret im Stereo Wonderland im reizvollen Kölner Studentenviertel. Dieses Miniatur-Wunderland wird von den Betreibern als Bar bezeichnet und entpuppt sich als gemütliche Kneipe mit einem Fassungsvermögen von (sehr optimistisch geschätzten) 100 Besuchern und einem durchgängig rosaroten Beleuchtungskonzept – kuschelig für Konzertgänger, herausfordernd für Bühnenfotografen.
Es gibt keinen Backstage-Bereich und die ebenfalls “gemütliche” Bühne ist ein überschaubarer, ganz leicht erhöhter Bereich links vom Weg zu den Toiletten.
Stromkasten
Um 20 Uhr ist der Laden bereits erfreulich gut gefüllt (nicht zuletzt mit begeisterten, teils sehr jungen Familienmitgliedern beider auftretenden Bands), die Lokalmatadoren elektrifizieren ihren Stromkasten allerdings erst gegen 20:15 Uhr, was im Folgenden aufgrund des Zapfenstreichs um 22 Uhr noch zu etwas Hektik führen sollte. Das Quartett startete mit dem quirlig-galoppierenden ‘Sleep Sleep Wake’, was spontane Tanzbewegungen in der Pinte bewirkte. Und die Erkenntnis “das wird laut“. Aber dies nicht etwa, weil irgendeiner der Saitenkünstler sich selbst oder seinen Amp nicht im Griff gehabt hätte. Sondern nur, weil wir uns einen Beobachtungs- und Horchposten ca. 1,50 Meter vom Schlagzeug entfernt gesucht hatten.
Das besonders melodische ‘Moria’ bringt vom besagten Drummer abgerufene vocal samples und verdeutlicht die Rollenverteilung: Hier ist ein Gitarrist (Fender Telecaster über Marshall, ca. ein Quadratmeter Pedalboard) überwiegend fürs Riffing zuständig. Und der andere (Telecaster über Marshall, ca. 2,5 Quadratmeter) fürs Post-Rock-typische “Flirren”. Funktioniert prächtig.
Genau wie mal wieder Lichtbildkünstler Hoppi dessen so beherztes wie pfeilschnelles Eingreifen verhinderte, dass eine versehentlich von einem der Künstler umgekickte Bierpulle Kurzschluss-Schaden im Stromkasten anrichten konnte.
‘Avalanche’ (inklusive E-Bow-Einsätzen) – das Leben ist ein langer, ruhiger Fluß bzw. Strom(kasten), bei dem sich aber immer wieder mächtige Wellen aufbauen und wieder abflauen. Dieser beeindruckende Auftritt endete (vermutlich) mit dem feurigen ‘Helium Body’ inklusive virtuosen Gitarrensoli und teils verblüffenden Akkorden sowie einer lustigen Danksagung an MMTH: “Wie sprecht Ihr Euch eigentlich aus? Das frage ich mich jetzt schon seit drei Wochen” (sie sprechen sich “Mammoth” aus, in der Hinsicht hätte das Bandlogo allerdings wertvolle Hinweise liefern können 😉).
Setlist:
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Sleep Sleep Wake
Moria
Bits and Pieces
Être en vie
Avalanche
–
Helium Body
(The Power of Power?)
MMTH
Das Quartett aus Emden, Gastgeber des Abends, schaffte es wegen spätem Start und trotz rasantem Bühnenumbau erst gegen 21:15 Uhr auf die winzige Bühne, was vor allem Band-Sprachrohr und Bassist (Fender Precision) Bernd Frikke nicht unerheblichen Stress bescherte.
Bei MMTH basieren die Gitarren-Sounds auf einer Fender Jazzmaster (oder Jaguar?) fürs “Flirren” und auf einer Stratocaster (wirkt bezeichnenderweise weiß bis lachs auf den Fotos, ist aber tatsächlich wunderschön orange) für die Soloparts, die im Gegensatz zu vielen Post Rock Acts auch auf ausgedehntes Single Note-Gefreake setzen.
Aber wenn der Song das verlangt, spielen alle drei Mitglieder der Saitenfraktion fette Unisono-Riffs, also auch Bernd.
Soweit der Autor das überhaupt beurteilen kann, sind MMTH in Summe sogar noch etwas virtuoser unterwegs als Stromkasten. Aber an diesem Abend leider auch etwas nervöser.
Sicher nur im Interesse der Zuschauer, denen man das Optimum bieten wollte, gab es immer wieder gestresste Blicke aufs Zeiteisen. Und von der dahinwogenden Zeit motivierte Diskussionen über die Setlist.
Höhepunkte des bis 22:00 Uhr noch möglichen Programms waren m.E. das prächtige ‘Relais’ (schon wieder ein Titel mit Strom-Bezug) und der Closer ‘Träumen Wale vom Fliegen’ (Spoiler – vermutlich doch eher von der perfekten Post-Rock-Welle).
Setlist:
Trigger
Tango
Impuls
Altérité
Tidal
Relais
Muscle
Wale
Live-Fotos: Harald Oppitz
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Rezension “Infinite Heights” (2024)
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Rezension “Paternoster” (2017)
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Konzertbericht Toundra, Stromkasten, 06.06.22, Trier, Lucky’s Luke
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