Borknagar – Fall

Borknagar - Fall (Century Media/Sony Music, 23.02.2024) COVER(54:27; Vinyl (2 LP), CD, Digital; Century Media/Sony Music, 23.02.2024)
Mit “Winter Thrice” haben wir zuletzt im Jahre 2016 ein Album Borknagars auf Betreutes Proggen besprochen. Es war ein Album, auf dem sich neben Frontmann Andreas “Vintersorg” Hedlund zwei weitere Musiker gesanglich einbringen durften: Keyboarder Lars “Lazare” Nedland und Bassist ICS Vortex. Vintersorg verließ die Band im Anschluss an dieses Album – genauso wie Schlagzeuger Baard Kolstad und Lead-Gitarrist Jens F. Ryland. Der Sänger war bis dahin auf sieben von zehn Studio-Alben Borknagars zu hören gewesen. Viele hatten die Band erst nach seinem Debüt auf dem 2000er “Quintessence” kennengelernt. “Fall” ist das zweite Studio-Album ohne Vintersorg. Wie schon auf dessen Vorgänger – dem 2019er “True North” – teilen sich nun die zwei verbliebenen Sänger den Job hinterm Mikrofon: Lazare und ICS Vortex. Vervollständigt wird die Truppe um Band-Kopf Bjørn Dugstad Rønnow seit 2019 zudem von Gitarrist Jostein Thomassen sowie Bjørn Dugstad Rønnow hinterm Schlagzeug.

Musste man sich auf “True North”, ganz logisch, auf ICS Vortex als alleinigem Lead-Sänger einstellen und zwei weitere Band-Mitglieder ersetzen, bedeutete das elfte Album trotz alledem keine wirkliche Zäsur für die Borknagar. Und auch auf “Fall” geht Øystein G. Brun seinen Weg konsequent weiter, indem er mit Borknagar Black Metal spiel, bei welchem inbrünstige Growls und oft hymnenhafte Cleans aufeinandertreffen, der von Folk- und Pagan-Elementen durchzogen ist und bei welchem Gitarren und Keyboards gerne Ausflüge in den Progressive Rock machen.

Zwar reicht “Fall” nicht ganz an das Hit-Potential von “True North” heran, doch ist dies tatsächlich nur ein Abzug in der B-Note. Dafür ist “Fall etwas” abwechslungsreicher als sein Vorgänger geworden. Doch egal in welche stilistische Richtung die einzelnen Songs auch tendieren, allen ist gleich, dass sie von starken Kontrasten leben. Wobei hier an aller erster Stelle die verschiedenen Gesangstile von Lazare und ICS Vortex zu nennen sind, die trotz aller Gegensätze bestens miteinander harmonieren.

‘Summits’ beginnt mit recht spacigen Keyboard-Sounds und angezogener Handbremse, bevor nach gut einer halben Minute Blastbeats davongaloppiert einsetzten und Lars A. Nedland die Hörer zusammenschreit! Doch es dauert nicht lange bis der erste Chorus einsetzt und uns Simen Hestnæs mit seinem eingängigen Gesang beglückt. Je weiter das Stück fortschreitet, desto mehr progressive Elemente sind in diesem Stück zu finden, insbesondere der Instrumentalpart könnte für sich genommen als purer Progressive Rock bezeichnet werden, bevor das Lied dann mit hymnenhaftem Gesang seinen Höhepunkt und Ausklang findet.

‘Nordic Anthem’ schlägt da in eine ganz andere Kerbe. Man möchte fast rufen “Die Wikinger sind da:” Ein getragenes Stück zwischen Ethno, Pagan und Folk, tribal-artige Percussions, untermalt mit Streichern, ansonsten musikalisch aber minimalistisch, mit Fokus auf dem Gesang und ganz großem Refrain.

Mit einem nordisch-folkigen Intro beginnt ‘Afar’, das sich recht schnell in einen fast klassischen Black-Metal-Song entwickelt. Auch dieses Stück lebt von den Gegensätzen aus Gekeife und Clean-Gesang.
‘Moon’ hingegen ist viel, getragener, sehr Keys-lastig, mit tollen Black-Metal-Riffs und ausschließlich Klar-Gesang. man könnte fast meinen, Amorphis wollten hier grüßen.

Ganz anders die Gitarren in ‘Stars Ablaze’, so clean wie ansonsten nur selten auf diesem Album; zusammen mit den Keyboards entsteht so zwischenzeitlich echtes proggig-folkiges Balladen-Gefühl, wären da nicht immer wieder die keifenden Einlagen von Lars A. Nedland.
Das kompakte ‘Unravelling’ mit seinem eingängigen Keyboard-Riff ist dann vielleicht das eingängigste Stück, der Banger der Scheibe.

Wer es ruhiger mag, der sollte sein Augenmerk ganz besonders auf ‘The Wild Lingers’ legen, ein getragenes Stück, mit Klargesang, wunderbarer Melodik, Chören und ordentlichem Pathos.

Zum Ende gibt es dann noch das knapp zehn-minütige Mini-Epos ‘Northward’, das ähnlich abwechslungsreich wie der Opener ist, aber deutlich stärker in Richtung Prog als in Richtung Black Metal tendiert. Ein wunderbares Stück Musik, dessen durchgängiges Keyboard-Thema einen noch lange begleitet.
Ein Album also, auf gewohnt hohem Niveau, vielschichtig voller Kontraste und mit potenzieller Hörerschaft in den verschiedensten Genres.
Bewertung: 12/15 Punkten (FF 12, KR 12)


Fall (24-bit HD audio) von Borknagar

Borknagar - Fall (Century Media/Sony Music, 23.02.2024)
Besetzung:
Øystein G. Brun
Simen “ICS Vortex” Hestnæs
Lars A. Nedland
Bjørn Dugstad Rønnow
Jostein Thomassen

Diskografie (Studioalben):
“Borknagar” (1996)
“The Olden Domain” (1997)
“The Archaic Course” (1998)
“Quintessence” (2000)
“Empiricism” (2001)
“Epic” (2004)
“Origin” (2006)
“Universal” (2010)
“Urd” (2012)
“Winter Thrice” (2016)
“True North” (2019)
“Fall” (2024)

Borknagar - Fall (Century Media/Sony Music, 23.02.2024)
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Rezensionen:
“Winter Thrice” (2016)


Alle Abbildungen wurden us freundlicherweise von Oktober Promotion zur Verfügung gestellt.