Yonder Pond – Mole In My Shoe
(39:21; CD, Digital; Eigenveröffentlichung, 17.11.2023)
Remy Sträuli kommt aus der Schweiz und den Schweizern sagt man ja gerne mal einen Hang zu Traditionen nach. Er dürfte da keine Ausnahme sein, denn wenn man weiß, dass er als Teenager schon die Plattensammlung seiner Eltern mit all ihren zwischen den Beatles und Zappa angelegten Scheiben gehört hat, dann versteht man dieses zweite Album von ihm besser. Er pendelt zwischen abgedrehten und aggressiv-chaotischen Tönen wie im Opener ‘The Straw That Broke The Camel’s Back’ und mittelalterlich-ländlichen und mit teils mit Boulevardklängen angereicherten Tracks hin und her. Dazwischen klingt es dann auch mal kindlich-naiv, wie in ‘Shame On You, Neighbourhood’, eine Mixtur die man im progressiven Rock nicht unbedingt erwartet. Das dürfte womöglich für etliche Fans der Punkt sein, wo sie dem Künstler nicht mehr folgen können oder wollen. Auch das folgende ‘Putting Things On Top Of Other Things’ wird die noch verbliebenen Prog-Fans nicht begeistern, denn hier geht es doch sehr in Richtung der Beatles.
Der Künstler hat allgemein einen Hang zu comicartigen Notenfolgen, wobei besonders im längsten Track ‘Suite Alors!’ dieses Merkmal zum Ausdruck kommt. Den Anfang des Tracks könnte ich mir gut in einem Zeichentrickfilm vorstellen, mit seiner schnellen und durchgeknallten Komposition. Das grenzt an Slapstick und auch wenn es in der Folge mit dem Klavier kurz gesitteter zugeht, so schießt der Künstler den Hörer alsbald wieder in sein Comic-Reich. Das erinnert unweigerlich an das Panoptikum des beginnenden 20. Jahrhunderts, mit seinen Stummfilmen auf der Kirmes. So einen Zehn-Minutentrack in einem Progkontext zu kategorisieren ist somit eigentlich nicht möglich, aber genau das dürfte vielen offen denkenden Musikfans gefallen. In ‘Beggar In A Golden Dress’ unterliegt der Künstler dann wieder dem Charme des Mittelalters, mitsamt seinen wiederum Boulevard-artigen Passagen. Das Schlagzeug kriegt seinen Soloauftritt im Mittelteil, was zusammen mit einer frei aufspielenden Gitarre einen Höhepunkt des Tracks darstellt, bevor er zum Schluss dann mit viel Pathos endet. Als Schlusstrack dann noch das als Single veröffentlichte locker-flockige ‘Waiting For A Daughter Of Wealthy Origins’ mit seinem perlenden Klavier und seiner wieder einmal leicht Beatlesken Art.
Mole In My Shoe by Yonder Pond
Das Album wendet sich an Hörer, die mal etwas komplett anderes im Bereich des Prog hören wollen. Leicht macht es ihnen der Remy Sträuli nicht unbedingt, aber sind wir doch mal ehrlich: Genau das suchen doch die meisten Fans der progressiven Musik. Mir persönlich ist etwas zu viel Slapstick drin, aber ein Hineinhören würde ich dennoch dringend empfehlen.
Bewertung: 9/15 Punkten (MC 9, JM 10, KR 10)
Surftipps zu Yonder Pond:
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Besetzung:
Pascal Grünenfelder – Bass (Universe By Ear)
Stefan Strittmatter – Gitarre (Universe By Ear)
Remy Sträuli – Gesang, Schlagzeug, Percussion, Klavier, Clavinet, Mellotron, Steel Pedal, Synth
Ines Brodbeck – Geigen, Bratsche
Markus Stauss – Flöte
Stefan Hofstetter – Oboe
Beate Lüthi – Harmoniegesang
Abbildungen mit freundlicher Genehmigung: Yonder Pond