(51:24; Vinyl, CD, Digital; Eigenveröffentlichung, 20.10.2023)
Was so ein eigentlich im wahrsten Sinne “einmaliges” Konzert so alles ausmacht (siehe auch unser Interview mit Chandelier). Wobei, Moment mal, wieso kann man “wahr” eigentlich steigern?! Wie auch immer. Es sollte bekanntlich nur dieses eine Konzert sein, doch die Geschichte wurde schließlich umgeschrieben und stattdessen eine beeindruckende Aktivität an den Tag gelegt, die den Chandelier-Fan, zu denen sich der Schreiberling zweifellos zählt, ebenso überrascht wie erfreut.
Chandelier sind also wieder voll im Geschäft, und es hatte sich offenbar einiges an Ideen angesammelt. Das ging los mit dem ersten Solo-Album von Sänger Martin Eden, das irgendwie so völlig aus dem Nichts kam und plötzlich auf dem Markt war. Dieses Debüt ist allerdings gänzlich anders ausgefallen als das, was man gemeinhin von dem Sänger einer deutschen Neo-Prog-Institution erwartet hätte, wie man hier nachlesen kann, sowie mehr Hintergrundinformationen auch hier.
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Weitere Konzerte sollten folgen und die Ankündigung eines neuen Albums, das schließlich im Oktober 2023 erschien. Mit ‘Space Controller’ belegt gleich der Opener, dass Chandelier nach wie vor ein eingespieltes Team sind und der Fan sich gleich mit diesem Track wie zu Hause fühlt und das Gefühl hat, als sei die Zeit an Chandelier spurlos vorüber gegangen, als wäre das letzte Album gerade erst vor ein paar Jahren erschienen. Denn was da aus den Boxen kommt, klingt exakt so, wie man sie aus den 90ern kennen und lieben gelernt hat – Neo Prog der Marke Chandelier, also typischer Chandelierian Prog. Das feine Gitarrenspiel von Udo Lang gehört ebenso zu den Markenzeichen der Band wie Martin Edens Gesang, der von Stammgast und Ex-Grobschnitt Musiker Toni Moff Mollo auf vier Songs gesangliche Unterstützung erhielt. Sehr gut eingebunden ist auch der von der Band Elleven (damaliger Chandelier-Ableger) gekommene Keyboarder Armin Riemer, der den Songs den passenden Tasten-Anstrich verpasst. Dazu die Rhythmusgruppe, die man noch aus den Anfangstagen kennt, nämlich Christoph Tiber am Bass und Herry Rubarth am Schlagzeug.
Es folgt der Hilferuf in Form des Ohrwurm-Songs ‘Help Me‘’ der sich schnell in den Gehörgängen festsetzt und sicherlich für Live-Auftritte eine gesetzte Nummer ist. Das gilt ebenso für den anschließenden Zehnminüter ‘Spring‘’, im Grunde genommen der Titelsong, denn der Refrain lautet “we can fly, we can fly, homeward to the sky”.
‘In Between’ ist die Ballade des Albums, Streicher begleiten Martin, nach und nach stößt der Rest der Band hinzu, Toni inklusive. Eine schöne Nummer. Im typischen Neo-Prog-Stil geht es dann weiter, Armin trägt hier einige schöne Parts bei. Ebenso die schöne Orgelbegleitung auf dem kurzen ‘Light’, bevor das Album mit dem viertelstündigen Longtrack ‚Forever and a Day‘ abschließt, in dem sie uns unter anderem eine Art Shanty Prog bieten (“fly on, fly on…” – sie fliegen also schon wieder). Wie es sich gehört, sind hier einige unterhaltsame Instrumentalexkursionen eingebaut, unter anderem auch am Ende ein kurzer Abschnitt mit wunderbarer akustischer Gitarre. In diesem Song gibt es allerdings kurze Gesangspassagen, die aus Sicht des Rezensenten leicht misslungen klingen, ohne dass dies jedoch sonderlich ins Gewicht fällt.
Die Musik ist Gemeinschaftsarbeit, die Texte stammen – wie sollte es auch anders sein – von Martin, für den Mix zeichnen Udo und Armin verantwortlich, das Mastering übernahm Armin. Lediglich das kurze ‘Light’ und Teile des abschließenden Songs stammen von Peter Machajdik – ein Name, der schon bei Martins Soloalbum fiel.
Aus Sicht der Chandelier-Fans darf das Comeback sicherlich als absolut gelungen bezeichnet werden, und die zukünftigen Live-Aktivitäten werden hoffentlich ebenso wie das neue Werk für einen weiteren Schub nach vorne sorgen, sodass sich Chandelier auch in diesem Jahrzehnt wieder in der deutschen Prog-Szene als feste Größe etablieren wird. Wer Chandelier schon aus alten Tagen kennt, weiß, was ihn/sie erwartet, und wird nicht enttäuscht. Wer Neo Prog mag, aber noch nie etwas von Chandelier gehört hat, sollte sich mal eine Hörprobe gönnen, um die typische Chandelier-Musik inklusive dem markanten Gesang von Frontmann Martin Eden kennenzulernen.
Bewertung: 11/15 Punkten
Besetzung:
Martin Eden – vocals
Udo Lang – guitars
Christoph Tiber – bass
Herry Rubarth – drums
Armin Riemer – keyboards
Als Gäste:
Toni Moff Mollo – vocals (2, 4, 6, 7)
Rüdiger Blömer – violin / viola / cello (1, 4)
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Abbildung: Chandelier