(40:37, CD, Vinyl, Digital, Auerbach Tonträger/Prophecy, 15.12.2023)
Dieses kauzige Folk Duo aus Wisconsin musiziert im Kern bereits seit 2005, die aktuelle Veröffentlichung wird vom Label als Symbolist Post Folk deklariert. Wer in den Neunzigern mit Neo Folk, gerade vom berüchtigten World Serpent Label, in Berührung kam, darf eine ungefähre Vorstellung davon bekommen, was ihn hier erwartet. Im Vergleich zu früheren Aufnahmen zeigt gleich der Opener und Titelsong die neue Opulenz auf. Will sagen, musikalisch vollmundig und lebhaft verspielt wird melodiös und Pathos-trunken, wie man es in der Regel von Prophecy-Bands kennt, mit viel orchestraler Beseeltheit, Perkussion-Instrumenten und allerlei Streichern ein wildes und buntes, nach vorn schreitendes Szenario entworfen. Im folgenden, sehr feierlichen, immer ein wenig windschief intonierten ‘How The Game Appears’ gesellen sich weibliche Vocals hinzu – ein wenig Tom Waitssche Sound Akrobatik inklusive.
‘Tears Of Gold’ hat richtig Charme und eröffnet mit drolligen creepy, an Current 93 erinnernden Vocals. Im späteren Verlauf wird mit hymnisch ätherischen weiblichen Vocals von Jessica Way eine geradezu majestätisch-sakrale Atmosphäre kreiert, während das erneut sehr feierliche, eher mittelalterliche ‘Blood Blood Blood’ (Wormsblood Cover) oder der kraftvolle Rausschmeisser ‘Blind Calf (To Offer)’ einfach nur Bewegung in die müden Knochen bringen und positive Stimmungen erzeugen. Gesanglich lugt gerade bei den männlichen Vocals immer wieder ein Thomas Helm von Empyrium um die Ecke und auch die akustisch -folkloristische Seite von Ulver darf ebenfalls herangezogen werden. Pathetisch schwer und fast klassischer Neo Folk ist ‘On The Bridge Of Dreams’, weibliche und männliche Vocals in harmonischer Zusammenkunft, während das ebenfalls hoch melodische, sehnsüchtige ‘Without Ending’ mit bösem Ohrwurm-Charakter versehen ist.
“The Nature Out There” ist ein durchgehend voll orchestriertes, wundervoll lebendiges Folk-Werk mit vielen einnehmend eingängigen Melodien, die einen gern den ganzen Tag verfolgen wollen. Kleine, feine Einflüsse aus dem Psych-Folk der 60s/70s, Mittelalter, Goth, Ambient und Neo-Klassik werden harmonisch integriert, die Songs haben einen hohen Wiedererkennungswert und Kinit Her zeigt mit dem aktuellen Output, das auch im eher totgesagten Genre Neo Folk mit Mut zur Offenheit noch qualitativ Hochwertiges möglich ist.
Bewertung: 11/15 Punkte
Besetzung:
Troy Schafer – vocals, guitars, strings, horn
Jessica Way – vocals
Nathaniel Ritter – electronics, sound design, vocals
Gastmusiker:
Michael Tellbach (ART ABSCONS) – additional vocals (1), bass (1, 2, 4-7, 10), acoustic guitar (4)
Thierry Jolif (LONSAI MAIKOV) – additional vocals (1)
Ian Campbell (CROOKED MOUTH) – acoustic guitar (1, 2, 6, 9), electric guitar (2, 6, 9), harmonium (1), additional vocals (4)
Egan Budd (HEADSTONE BRIGADE) – accordion (2, 6), vocals (6)
Clay Ruby (BURIAL HEX) – piano (1, 7), electronics & sound design (1)
William Lee (SECOND FAMILY BAND) – snare, sleigh bells, bass drum (4)
Andy Way – electronics, sound design (4)
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Abbildung: Kinit Her/Prophecy Prod.