Es ist immer wieder nervig, wenn man 30 Minuten vor dem auf den Eintrittskarten vermerkten Konzertbeginn bei einer Halle eintrifft und aus derselben schon Live-Klänge einer Band zu hören sind. Richtig ärgerlich wird die Sache aber erst dann, wenn man von den “Offiziellen” vor Ort auf die Frage: “Hat die Vorgruppe etwa schon angefangen? Offizieller Start ist doch erst in einer halben Stunde…”, die Antwort erhält, dass das doch normal sei, schließlich wäre “Doors” schon vor 30 Minuten gewesen. So oder in so ähnlichem Wortlaut ist dies dem diensthabenden Prog-Betreuer in der Deutzer Essigfabrik im Rahmen von Soens “Memorial”-Tour ergangen. Bedauerlich, insbesondere für den auftretenden Opener TERRA, dem so die Chance genommen wurde, ein größtmögliches Publikum zu erreichen.
Terra
Allerdings auch für die erst spät eintreffenden Zuschauer, denn das Quartett aus dem italienischen Bologna wusste die Anwesenden durchaus zu begeistern. Der Tribal-artige Art Rock der drei Herren mit Dreadlocks und ihrem glatzköpfigen Kollegen groovte ganz deftig und sorgte dafür dass schon zeitig ausgelassene Stimmung am Deutzer Hafenufer herrschte.
So vibrierten nicht nur Mark und Gebein, auch die eigenen Trommelfelle fühlten sich an, als seien sie mit Drum Sticks malträtiert worden. Da war man als Fotograf froh, wenn man den Fotograben wieder verlassen durfte. Wenige Meter hinter der Barriere ließ es sich nämlich deutlich schmerzfreier abfeiern.
Molybaron
Auf den Auftritt von Molybaron hatten wir uns an diesem Abend ganz besonders gefreut. Zwei starke (“Something Ominous”) bis sehr starke (“The Mutiny”) Alben hatten für ordentlich Vorfreude gesorgt. Genauso wie ein Festival-Auftritt bei der Headbangers Parade diesen Januar. Musikalisch sehr verschieden von der Musik von Soen, doch auch mit allerlei Parallelen, hätten die Franzosen mit irischem Sänger der perfekte Support für die Schweden sein können. Waren sie dann auch, allerdings mit deutlichen Abstrichen. Show und insbesondere die Setlist ließen aber kaum zu wünschen übrig.
Zu hören gab es eine Art Best Of der beiden letzten Alben, inklusive solcher Ohrwürmer wie ‘Lucifer’, ‘Vampires’, ‘Animals’ und ‘Breakdown’, und als Abschluss den Bandklassiker ‘Incognito’ vom selbsbetitelten Debüt-Album. Stücke, die nicht nur bei den Fans einschlugen, sondern auch deutliche Spuren im restlichen Auditorium hinterließen. Die Publikums-Reaktionen sprachen für sich. Doch litt der Auftritt – wie so oft in der Essigfabrik – unter argen Soundproblemen. Der Bass dröhnte zu sehr, das Schlagzeug klang, als hätte es eine Schraube locker und auch Gary Kelly erklang hie und da etwas unausgewogen. Das Zuschauer störte dies allerdings nur wenig, sodass der Auftritt des Quartetts als voller Erfolg verbucht werden kann.
Soen
Musik ist ja immer eine sehr persönliche Angelegenheit. So kann es dazu kommen, dass man an einer Band, obwohl sie objektiv betrachtet immer besser und professioneller wird, immer mehr das Interesse verliert. So geschehen, in den letzten Jahren bei Soen, zumindest was die Studio-Alben angeht. Live dagegen gerät die subjektive und die objektive Wahrnehmung noch immer gleich. Denn dass die Schweden auf den Bühnen von Jahr zu Jahr besser werden, das werden wohl nur die Wenigsten bestreiten. Und so übertrafen sich Joel Ekelöf, Martin Lopez, Oleksii Kobel, Cody Ford und Lars Åhlund auch an diesem Abend mal wieder selbst. Eine perfekt inszenierte Show mit ausdrucksstarken Sänger und Instrumentalisten, bei denen es Spaß machte, ihnen zuzuschauen. Stimmungsvoll in Szene gesetzt durch ein atmosphärisches Bühnenbild und zudem – Oh Wunder! Oh Wunder! – mit quasi einwandfreiem Sound.
Dass es bei der persönlichen Soen-Übersättigung der letzten Jahre (alleine vier Koonzerte seit Ende der Corona-Epedemie) trotzdem nicht langweilig wurde, dafür sorgten die zahlreichen Stücke des aktuellen Albums “Memorial”, denn davon gab es ‘Fortress’, ‘Sincere’, ‘Unbreakable’, ‘Violence’ und dem Titelstück gleich fünf an der Zahl zu hören. Sie fügten sich wunderbar in die Setlist der Skandinavier ein. Insbesondere neben den Stücken von “Lotus” und “Imperial” wirkten sie sehr homogen. Ein Stück wie ‘Jinn’ wirkte da schon fast wie ein Fremdkörper und wurde wahrscheinlich gerade deswegen mit überwältigender Resonanz angenommen. Schließlich hatte der Song gerade den Audience Vote gegenüber ‘Lunacy’ gewonnen. Dass es dieses dann im Anschluss ausnahmsweise auch noch zu hören gab, das war wohl genau diesen Reaktionen geschuldet. Und so übetraf das Feedback auf dieses Stück dann paradoxerweise jenes für ‘Jinn’. Den Abschluss dieses fulminanten Abends bildete dann das galoppierende, zum neuen Bandklassiker aufstrebende ‘Violence’.
Ein Konzert, an dem es eigentlich nichts auszusetzen gab, außer, dass die progressiven Anfangsjahre der Band ein wenig ins Hintertreffen gerieten. Aber so ist das wohl, wenn sich eine Band mit den Jahren weiterentwickelt und der Back-Katalog immer umfangreicher wird.
Fotos: Prog in Focus
Support: Chris Bretz
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“Memorial” (2023)
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“Lotus” (2019)
Konzert- & Festivalberichte:
16.04.23, Eindhoven (NL), Effenaar, Grote Zaal, Prognosis Festival 2023
15.04.23, Eindhoven (NL), Effenaar, Grote Zaal, Prognosis Festival 2023
13.09.22, Köln, Bürgerhaus Stollwerck
21.03.19, Köln, Helios 37
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“Something Ominous” (2023)
“The Mutiny” (2021)
Konzert- & Festivalberichte:
15.01.23, ‘s-Hertogenbosch (NL), Mainstage Brabanthallen, Headbangers Parade #1
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