Six Days Of Calm – My Little, Safe Place

Six Days Of Calm - My Little, Safe Place (Midsummer Records, 03.11.2023) COVER(48:31; Vinyl (2 LP), CD, Digital; Midsummer Records, 03.11.2023)

“My Little, Safe Place” in der Doppel-Betreuung

Teil 1: Carsten Agthe
Marc Fischer schichtet wieder. Das bedeutet – Sounds übereinander, auf dass sich das so entstehende Gebilde himmelwärts auftürme. Weil Marc Fischer mit der Aufeinanderschichtung schon relativ vertraut ist, veröffentlichte der Multiinstrumentalist vor drei Jahren doch schon mit “The Ocean’s Lullaby” ein Album, mit dem er nach den Sternen griff. Und weil er nicht nur zu den Sternen gegriffen hat, sondern einfach eben dortgeblieben ist, präsentiert Marc Fischer uns nun seinen “My Little, Safe Place”, wobei sich dieses Album auch genau so gibt – als Ort relativer Sicherheit, wenn man denn auf Cinematic Post Rock steht. Mit der Opulenz von Petrels und Mogwai baut Six Days Of Calm seinen Monolithen hiermit weiter aus, erweitert diesen mit Türmchen, Zinnen und Anbauten und richtet sich so sein eigenes Schloss in Kunterbunt opulent ein.

‘Distance’ baut in seiner schierer Endlosigkeiten erst einmal die Distanzen zwischen Künstler, der irgendwo ganz weit draußen agiert, und Publikum noch weiter aus. Es dauert gefühlte Äonen, bis sich aus den plätschernden Kaskaden wohligen Klimberns dann doch so etwas wie eine in Richtung ‘Rock’ tendierende Wucht erhebt (‘Transition’, ‘Uncertainty’), aber dann ist das Album auch schon fast wieder Geschichte. Ein ‘Sorrow’ wartet mit den Heavenly Voices von circle&wind auf, was den ambienten Charakter im Vorfeld schon ein wenig aufbricht. “My Little, Safe Place” ist ein Album mit großen Momenten, die ihrer Größe aber nicht immer selbst bewusst sind und als nicht klar erkennbare Soundmasse um Firmament umherflackern.
Bewertung: 9/15 Punkten


Teil 2: flohfish
Wer von six Days Of Calm noch nie etwas gehört sein, der dürfte mehr als verwundert sein, wenn er nach dem Hören dieses Albums herausfindet, dass es sich hier um keine Band, sondern um das Solo-Projekt des Würzburger Musikers Marc Fischer handelt. Denn vorliegendes Album, “My Little, Safe Place”, klingt viel zu groß, viel zu erhaben für nur eine Person. Ob Fischer alle Instrumente selbst eingespielt hat, dass ist leider nicht nachvollziehbar. Jedoch ist zumindest jetzt schon klar, dass der Franke zumindest beim anstehenden Auftritt auf dem Gloomaar Festival auf die Hilfe von Mitmusikern (Daniel Ceata, Christian Schichtl und Alex Carpintero) wird zurückgreifen können.

Welche Instrumente dabei auf der Bühne live gespielt werden, das dürfte spannend geraten. Denn verglichen mit dem 2020er Debüt-Album “The Ocean’s Lullaby” weist “My Little, Safe Place” eine deutlich stärkere Klassik-Note auf. Violine und Trompete haben deutlich ihre Spuren hinterlassen. Fast wie eine Instrumental-Version der Isländer Sigur Rós kommt der Post Rock von Six Days Of Calm stellenweise daher. Erinnerungen an EF werden wach und beim Opener ‘Distance’ schimmern selbst die Piano-Balladen von Archive durch.

Alleine anhand dieser Referenzen wird klar, dass es sich bei “My Little, Safe Place” um ein behagliches Album handelt. Eine Platte, die dem Namen des Projektes alle Ehre macht: Six Days Of Calm.

Doch wer die Strukturen des Post Rock kennt, der weiß, dass das, was mit Ruhe beginnt, oftmals in tosendem Lärm enden kann. Nicht so bei Marc Fischer, bei ihm steht an dieser Stelle die Opulenz. So erheben sich auch dessen Stücke in Form majestätischer Crescendos, doch verliert der Musiker auf dem Höhepunkt der Lieder niemals seinen Sinn für Harmonien und Schönheit. Stattdessen strebt er nach Größe.

Harmonien und Schönheit sind es dann auch, die auf ganz besondere Weise zum tragen kommen, nämlich in ‘Sorrow’, für das Fischer die Sängerin circle&wind” gewinnen konnte. Ein Experiment, das als gelungen bezeichnet werden kann, aber trotzdem nicht so ganz in das Gesamtkonzept der Platte reinpasst.

Ein schönes Album für die Herbstzeit, das mit den Größten der Szene aber noch nicht ganz mithalten kann.
Bewertung: 10/15 Punkten


My Little, Safe Place von SIX DAYS OF CALM

Six Days Of Calm - My Little, Safe Place (Midsummer Records, 03.11.2023)
Besetzung:
Marc Fischer

Gastmusiker:
Viola “circle&wind” Petsch – Gesang (Track 5)

Diskografie (Studioalben):
“The Ocean’s Lullaby” (2020)

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Rezensionen:
“The Ocean’s Lullaby” (2020)

Interview:
Marc Fischer, Six Day Of Calm, über “The Ocean’s Lullaby” (2020)


Alle Abbildungen wurden uns freundlicherweise von Midsummer Records zur Verfügung gestellt.