(2 x 68:22, CD, Vinyl, Digital, Real World/Virgin, 01.12.2023)
Nun ist es endlich soweit! Ganze 21 Jahre nach seinem letzten offiziellen Album “Up” kommt Peter Gabriel mit neuem Material. D.h., eigentlich nicht so ganz neu, wurde doch der erste Song von “i/o”, nämlich der fulminante Powertrack ‘Panopticom’, schon am 06. Januar veröffentlicht. Dass es sich bei diesem Tag um einen Vollmondtag handelt, war kein Zufall, erblickte doch ab da an jedem darauffolgenden Vollmond ein neuer Song das Licht eben von diesem. Somit gab es das komplette Album schon vor seinem offiziellen Release, da durch diese Veröffentlichungsweise Ende November dann auch mit ‘Live And Let Live’ der letzte Track erschienen ist.
“After a years-worth of full moon releases, I‘m very happy to see all these new songs back together on the good ship i/o and ready for their journey out into the world.”
“I”, “II”, “III”, “IV”, “So”, “Us”, “Up” und nun “i/o” – Gabriel ist, was seine offiziellen Veröffentlichungen anbelangt, kein Verfechter großer Worte. Was natürlich auf keinen Fall Rückschlüsse auf die Musik liefern sollte. Die ist nämlich auch hier wieder, Gabriel-like, ganz großes Kino. Mit seinen Stammmusikern Manu Katché (Drums), Tony Levin (Bass) und David Rhodes (Guitar) sowie wahren Heerscharen von GastmusikerInnen, darunter Brian Eno, Melanie Gabriel, Don E., Steve Gadd, Katie May oder Richard Evans, griff der ex-Genesis Sänger auch hier wieder in die Trickkiste Arrangement-technischer Höchstleistungen und kommt mit zwölf auf siebzig Minuten verteilten Songs, die eine Strahlkraft besitzen, die ihresgleichen sucht. Das Besondere hier ist jedoch, dass jeder Track in zwei verschiedenen Mixen erscheint, nämlich dem von Mark “Spike” Stent initiierten “Bright-Side Mix” sowie dem “Dark-Side Mix” von Tchad Blade.
“I intend to ask them to mix each month’s song, with Spike’s mixes being called the ‘Bright-Side’ and Tchad’s the ‘Dark-Side. Whether you hear the ‘Bright-Side’ or the ‘Dark-Side’ first will vary each full moon, depending on the order we decide to release them. I know this amount of detail is not for everyone, but I hope those that are into their music production will enjoy their different interpretations.”
Entscheidende Unterschiede in den Mixen fallen dieweil auch nur auf, wenn man diese nebeneinanderstellt und intensiv auswertet. Hier ist der Flow etwas intensiver, dort das Schlagzeug aggressiver. Aber, da Gabriel selbst, was das Mixing anbelangt, überaus pedantisch veranlagt ist, sollte man auch hier in naher Zukunft das Studium hinsichtlich der Differenzen aktivieren. Der dem Bonus-Material beigefügte “In-Side Mix” des Berliner Produzenten Hans Martin Buff kommt nebenbei mit den Dolby Atmos. Nun könnte man von “i/o” selbst vom Alterswerk des Peter Gabriel sprechen (ohne zu wissen, ob hier noch etwas kommt, was aber bei der Veröffentlichungspolitik des Musikers eher unwahrscheinlich ist). Sicher fehlen hier die ganz großen Innovationen und Wow-Momente, welche die vergangenen Releases bestimmten. Aber die hat man, ehrlich gesagt, auch nicht mehr erwartet. Eher ist “i/o” ein zum Teil überaus nachdenkliches, zum Teil mächtig opulentes, vor allem, wenn man das denn so sagen kann, ein typisches Peter Gabriel-Album geworden, mit Songs, bei dem man das Gefühl hat, dass der Sänger sich selbst covert (‘Road to Joy’, ‘Playing For The Time’, ‘The Court’), Songs, die er zu hymnischen Exzessen führt (‘Four Kinds Of Horses’, ‘i/o’) oder Songs, die von einer geheimnisvollen Aura umgeben sind (‘Love Can’).
Und über allem thronen die unvergleichlich-souligen Vocals des Peter Gabriel, die aus einem Peter Gabriel-Tune eben einen Peter Gabriel-Tune machen. Thematisch dreht sich hier alles tatsächlich um das Leben, das Universum und den ganzen Rest – Trauer, Sterblichkeit, Ungerechtigkeit, aber auch Optimismus und Freude. Sicher wiegen einige Songs ob ihrer Nachdenklichkeit mächtig schwer (‘And Still’), aber eben nicht so schwer, um als endgültiger Schwanengesang in die Annalen Gabriels einzugehen. Ein Werk wie eben dieses muss erarbeitet werden. Und es lohnt sich mit Sicherheit.
Bewertung: 13/15 Punkten (CA 13, KR 12, AI 13);
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Rezensionen:
“Scratch My Back” (2010)
“OVO” (2000)
Konzert- & Festivalberichte:
13.06.23, Frankfurt am Main, Festhalle
Abbildungen: Peter Gabriel/Virgin