(43:20, Digital, Vinyl; Celebration Records, 03.11.23)
Mit einem wundervollen Kleinod überrascht uns die junge Dänin Linda Marí Josefsen aus dem schönen Nord-Jütland, der Insel Mors. Die Dänin ließ sich für Ihr Debüt vom renommierten Isländer Albert Finnbogason (u.a. Soley) mischen und produzieren, außerdem erfuhr Sie Unterstützung seitens einiger namhafter dänischer sowie isländischer Musiker, u.a. auch die Post Metal Band Kollapse. Herausgekommen, soviel darf man vorweg nehmen, ist ein kleines, feines, emtionales Indie/Singer-Songwriter/Chamber Folk Album, welches sanft, angenehm dunkel und introvertiert in die Stille atmet. Josefsen fühlt auf diesem Debüt hinein in eine Welt voller toxischen Dynamiken und emotionalen Kämpfen. Die junge Künstlerin versucht all diese Brüche und Selbstzweifel in ihren kleinen feinen Songs an die Oberfläche zu spülen, zu verstehen und zu verarbeiten. Wer die Aufnahmen von Soley schätzt, die ruhigen akustischen Sigur Ros Momente liebt, Ane Brun, Maria Solheim für ihre positiv nordischen Schwingungen verehrt und sich eine PJ Harvey komplett entrückt ohne zersetzende Wut vorstellen mag, der liegt nicht so weit weg vom Gesamtsound der Dänin. Akustische Gitarren im Opener ‘Forget Me Not‘ finden mit Hilfestellung orchestraler opulenter Sounds ihr Crescendo. Hervorragend unterstützt durch die vollmundige Produktion, lebt der ruhige, wenn auch stetig dynamische Sound durch gezielt gesetzte orchestrale Details. Americana Elemente, Mari´s etwas angerauter Gesang und erneut episch ausgebreitete Score-artige Sounds legen den Mantel um die fragilen Melodien im darauf folgenden, zum Teil sehr aufwühlenden ‘The Morning After‘, während ‘Taxi Driver‘ mit introvertiertem Indie-Folk nebst Streichern unmittelbar und minimalistisch die pure Essenz der Künstlerin erfasst – dies durch schön in den Vordergrund gemischte Vocals. ‘Periphery‘ mit all den kleinen kruden Streich-Instrumentarien und verschoben sehnsüchtigen Melodien ist die liebevolle Verneigung vor den ganz großen wie Kate Bush oder Tori Amos bzw. hat was von einer PJ Harvey unplugged, während das nächtlich sphärische ‘Never Meant To Harm‘ zerbrechlich und dunkel hypnotisch seine Bahnen zieht und die Nähe zum Postrock von Sigur Ros mehr als nur erahnt werden darf. Dieser Track zeigt exemplarisch die offenen Brüche, Dynamiken im Sound der Debütantin. Denn hier erlebt der Hörer die kraftvollen Ausbrüche, die eine Bandbreite aufzeigen, die Einiges an Potential für die Zukunft erahnen lassen. Piano, Stimme und Streicher durchziehen melancholisch kurz den Titelsong, um im darauf folgenden ‘Reptile’ den absoluten Album Höhepunkt zu präsentieren. Wunderschön versponnene, nordisch Genre-typische Melodien fließen durch Raum und Zeit, sehnsüchtig ätherisch intoniert – dies kann man nur lieben. Ähnlich detailverliebt groovt dann ‘Endless Beaches‘ positiv verspielt, während das ganz klar im minimalen Folk gediegene Duett ‘Absico 2’ sanfte, sehnsüchtige Energien transportiert.
Das schwebend, ätherisch folkige ‘Uncertainty’ versprüht viel Hoffnung, auch hier weiß die auf den Punkt volle, warme Produktion den eher minimalen Ansatz wie in eine Decke zu hüllen. Tröpfelnde Piano-Klänge und sanfte Streicher tun ein Übriges, um die Dynamik zu füllen. Mit “Making Peace With Uncertainty” ist der jungen Dänin ein wundervolles, typisch nordisches Debüt-Album gelungen, das über die komplette Dreiviertelstunde trägt, schwingt und mit toller Produktion, vielen kleinen, feinen orchestralen Szenarien aufwartet. Die Gesamtatmosphäre ist durchzogen von hoffnungsvoller Melancholie, selbstbewussten Gesang und nicht viel offensichtlichen Schwachstellen. Gelegentlich kraftvolle Kanten, experimentelle Brüche, leise laut Dynamiken ohne viel Lautstärke werden durch die Details im Sound/Produktion unterstützt und lassen die Musik sprechen. Kammer Musik, nordisch fragiler Indie Folk mit gelegentlichen Wall of Sound- ein wundervoll emotionales Kleinod und positiv vibrierendes Debüt-Album für den Herbst/Winter.
Bewertung: 12/15 Punkten
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Abbildung: Linda Marí Josefsen / Celebration Records