»35 Years operating Operation Mindcrime«
Busfahren in Andernach kann sehr lustig sein, unabhängig davon, ob das Ziel nun Geoff Tate lautet. Oder anders. Unser Fahrer jedenfalls hatte offensichtlich an diesem Abend noch etwas anderes, wirklich Dringendes vor. Er schaffte drob (trotz seinerseits durchaus fahrplangemäßem Start) die Distanz zwischen zwei Stationen in teils unter einer Minute. Und holte so alles an Verspätung locker wieder raus, was die Deutsche Schleichbahn zuvor aufgelaufen hatte.
Solcherart trotz allem überpünktlich am Ort des Geschehens stellten sowohl Lichtbildkünstler Harald wie der amtierende Schmierfink übereinstimmend fest, dass wir das hiesige Jugendzentrum ganz erheblich größer in Erinnerung hatten als es sich in der heutigen Realität darbot. Aber egal. (Fast) ausverkauft ist (fast) ausverkauft (and well deserverved for this night’s treat)…
Darker Half
… und Vorgruppe ist Vorgruppe. In diesem Fall – ebenfalls super pünktlich – Darker Half aus Sydney, Australien. Ihr (etwas zu) laut aus der PA galoppierender (Progressive) Power Metal ist nicht jedermanns Sache. Der Master of Ceremonies des Abends wirkte jedenfalls durchaus angetan.
#tategallery: “Under Surveillance” – The Maestro is observing
‘Falling’ folgte ein ‘Thousand Mile Stare’, von da ging es breitbeinig stampfend mit der aktuelle Single ab und ‘Into The Shadows’. Mein Favorit aus dem gesamten Set war aber: der Midtempo-Klopper ‘If You Only Knew’, bei dem Sänger/Gitarrist Vo Simpson in tiefen, ruhigen Passagen sogar mal an den Gastgeber des Abends erinnern konnte.
Mit ‘Disaster’ gab es nun sogar noch ein bislang unveröffentlichtes Stück. Bei ‘Bitter Sweet Caress’ fielen die Twin Lead Guitars positiv auf. Und ein Rhythmus, als würde unser Busfahrer von vorhin trommeln. Mit ‘Falling’ war’s losgegangen, mit ‘Heaven’s Falling’ endete ein solider, aber wenig spektakulärer Support Gig.
Heavy Metal Knigge – was man eher nicht bringen sollte: Vor dem mittlerweile ja schon klischeehaft üblichen Foto vom Drumriser aus ins Publikum ebenjenes (das sich bereits zum Bierkauf zurückzieht) animieren, doch noch einmal fürs Instapic zu johlen. Entweder so etwas klappt von alleine, aufgrund der gebotenen Leistung. Oder man lässt es stillschweigend besser sein…
Setlist vom 03.11., Muziekgieterij, wird aber identisch gewesen sein.
21 Uhr. Immer noch nix außer Roadies auf der Bühne. Ausgerechnet YES macht den akustischen Pausenclown. Kunstnebel steigt. Ansonsten steigt für die nächste Viertelstunde nichts. Doch dann…
Geoff Tate
Wenn man das (möglicherweise gemeinsam mit Fates Warnings “A Pleasant Shade Of Grey” – aber das ist von 1997!) wichtigste, stilbildendste und mitreissend-schönste Opus der ProgMetal-Geschichte erst einmal komplett live erlebt hat, dann ist die Erwartungshaltung doch ordentlich hoch. Wie soll das live mit dem ikonischsten Album von allen aus dem Jahr 1988 mit diesen jungen Begleitmusikern klappen, die mit so völlig anderer Musik sozialisiert worden sein dürften?
Die Antwort lautet: Hinreißend. Schließlich bekamen sie Hilfe. Von uns. Nach den originalen Intro-Samples von ‘I Remember Now’ und ‘Anarchy-X’ hieß es ‘Revolution Calling’. Und das Publikum antwortete. D.h. es sang, als gäbe es kein Morgen. Entweder gemeinsam mit der (und teils lauter als die) Band. Oder sogar solo.
Und jede LP-Seite wird – wie es sich gehört – durchgespielt. Ohne beifallheischende Pausen.
‘Spreading The Disease’ – erinnert sich noch jemand an Corona, an Super Spreader?
Für das Album-Herzstück ‘Suite Sister Mary’ erscheint “Angel” auf der Bühne. Eine nicht immer jeden Ton treffende blutjunge Gothic-Ausgabe des Originals. Schwer zu sagen, ob nicht auch hier die Original-Tonspuren der legendären Pamela Moore die bessere Wahl gewesen wären. Musikalisch mal sicher. Aber das Andernacher Publikum freute sich sichtlich über die optische Zusatz-Stimulierung.
22:15 Uhr, die erste Ansage, “Welcome to 35 Years Operation Mindcrime”. Gefolgt von den beiden m.E. schönsten von so vielen begeisternden Songs, dem aberwitzig ballernden ‘Needle Lies’ und dem ernüchternden ‘I Don’t Believe In Love’. Erneut sang das Publikum lauter als Geoff, was dieser lächelnd geschehen ließ.
Zugaben? Zugaben! ‘Empire’. Endlich mal wirklich knallende Bass-Sounds. ‘One Foot In Hell’ (naja). ‘Jet City Woman’ (yay). ‘Silent Lucidity’ (stimmt, da war ja mal was. Queensryche hatten mal Airplay). ‘Queen Of The Reich’ – Mäusequieken für die durchaus im Publikum (auch an meiner Seite) vorhandenen Rush-Fans. Er schafft selbst diese schneidenden Höhen noch.
Was war noch?
Bassist “Smiling Jack Ross” erhielt ein Geburtstagsständchen vom Publikum!
Mini-Punkteabzug in der B-Note:
– Natürlich ist Dario Parente kein Chris DeGarmo. Never ever. Aber das wussten wir vorher schon, oder?
– Die Fans erst fragen “What do you wanna hear?” und dann One Foot In Hell von “Operation Mindcrime II” auftischen, was nun wirklich keiner hören will, ist schon … speziell.
– Der Meister kann so wunderschön Saxophon spielen. Wollte er an diesem Abend aber nicht.
Ansonsten aber: He’s still number one. Sure is.
Setlist vom 03.11., Muziekgieterij, wird aber identisch gewesen sein
Live-Fotos: Harald Oppitz
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Ein Kommentar
Dario Parente war in Andernach gar nicht dabei.